Freitag der 32. Woche im Jahreskreis

Weish 13,1-9; Ps 19,2-3.4-5b; Lk 17,26-37

Weish 13
1 Ohne Verstand waren von Natur aus alle Menschen, denen die Gotteserkenntnis fehlte. / Aus den sichtbaren Gütern vermochten sie nicht den Seienden zu erkennen. / Beim Anblick der Werke erkannten sie den Meister nicht,
2 sondern hielten das Feuer, den Wind, die flüchtige Luft, den Kreis der Gestirne, die gewaltige Flut / oder die Welt beherrschenden Himmelsleuchten für Götter.
3 Wenn sie diese, entzückt über ihre Schönheit, schon für Götter hielten, / dann hätten sie auch erkennen sollen, wie viel besser ihr Gebieter ist, / denn der Urheber der Schönheit hat sie erschaffen.
4 Und wenn sie über ihre Macht und Wirkkraft in Staunen gerieten, / dann hätten sie auch erkennen sollen, wie viel mächtiger jener ist, der sie geschaffen hat;
5 denn aus der Größe und Schönheit der Geschöpfe / wird in Entsprechung ihr Schöpfer erschaut.
6 Dennoch trifft sie nur geringer Tadel: / Vielleicht suchen sie Gott und wollen ihn finden, / gehen aber dabei in die Irre.
7 Sie verweilen bei der Erforschung seiner Werke / und lassen sich durch den Augenschein täuschen; denn schön ist, was sie schauen.
8 Doch auch sie sind unentschuldbar;
9 wenn sie durch ihren Verstand schon fähig waren, / die Welt zu erforschen, / warum fanden sie dann nicht eher den Gebieter von alldem?

In der heutigen Lesung aus dem Weisheitsbuch hören wir einen Abschnitt aus dem dritten Hauptteil. In diesem wird der Exodus rückblickend betrachtet. Dabei geht es darum, den paränetischen Wert für das eigene Leben herauszuziehen, also um die Frage, welche Lehre man für das eigene Verhalten ziehen kann. In den heutigen Versen geht es zunächst um eine grundsätzliche Betrachtung von Gotteserkenntnis.
Aus dem ersten Vers lernen wir, dass die Gotteserkenntnis den Menschen verständig macht, ja vernünftig. Gott und Vernunft widersprechen sich nicht. Gott ist die Vernunft schlechthin. Wenn wir uns an ihm orientieren, ist es das vernünftigste, das man tun kann. Das griechische Wort für diese Vernunft ist Logos, die Logik hinter allem, was wir in diesem irdischen Sein wahrnehmen können. Er ist nicht umsonst der Schöpfungsmittler. Durch ihn kommt Ordnung und Gesetz in alles Geschaffene. Deshalb ist es für den Menschen auch der richtige Weg, über das Seiende hinaus den Schöpfer zu erkennen. Wenn man das nicht schafft und dann auch noch den Schöpfer mit dem Geschöpflichen verwechselt, verfällt man dem Götzendienst, der also einen Mangel an Vernunft darstellt. Als konkrete Beispiele werden die Verehrung der Elemente wie Feuer und Wind bzw. Luft, aber auch das Wasser oder die Sterne genannt. Wenn all das schon so schön ist, umso wie viel schöner muss der Schöpfer sein, der diese tollen Dinge geschaffen hat! Das müsste die richtige Schlussfolgerung des Staunens sein. Stattdessen halten Menschen ohne Gotteserkenntnis diese Geschöpfe für Götter, bis heute. Pantheismus ist wieder in.
Wenn die Macht der Naturgewalten uns schon so ehrfürchtig werden lassen, umso mehr sollte uns jener zur Ehrfurcht bringen, der Macht über diese Gewalten hat!
Auch wenn diese Haltung kritisiert wird – und das geschieht mit Blick auf die nichtisraelitischen Völker, die pantheistisch eingestellt sind – kann man es ihnen dennoch nicht übel nehmen. In ihrem Verhalten zeigt sich die Sehnsucht nach Gott, zu dem sie unterwegs sind und sich dann doch verrennen. Das ist eine interessante Argumentation, die wir Katholiken ebenfalls aufnehmen, wenn wir über die anderen Religionen nachdenken. Im Katechismus wird beispielsweise dieser Gedanke aufgegriffen, der sich schon im letzten Konzil gezeigt hat: Auch wenn das Götzendienst ist, was sie tun, zeigt es dennoch, dass die Menschen auf der Suche sind. Der Mensch ist ein religiöses Wesen und sehnt sich nach Gott, ob es ihm bewusst ist oder nicht.
Dass sie aber in die Irre gehen, wird hier im Text nicht relativiert. Es heißt sogar, dass sie unentschuldbar seien. Warum aber? Der Mensch ist wie gesagt ein religiöses Wesen und als Abbild Gottes mit einer Vernunft ausgestattet, die ihn zur Gotteserkenntnis befähigt. Was er also theoretisch tun könnte, tut er nicht – Gott erkennen. Weil er unterwegs stehen geblieben ist und sich von der Schönheit und Macht der Geschöpfe blenden lässt, hat er das Ziel der Gotteserkenntnis nicht erreicht. Diese ausgewogene und differenzierte Betrachtung andersgläubiger Menschen ist so aktuell wie noch nie. Es ist ein Text, der die katholische Haltung sehr gut wiedergibt: Auch wir erkennen an, dass Menschen auf der Suche nach Gott sind. Und auch wenn wir einzelne Aspekte positiv anmerken, weil sie unserem Glauben entsprechen, sagen wir keinesfalls, dass der Weg des Andersgläubigen gegenüber dem katholischen Glauben gleichwertig zu betrachten ist, es also egal ist, welchen Weg man zu Gott einschlage. Religiöser Pluralismus ist auch seit dem Konzil nicht plötzlich in den katholischen Glauben gekommen. Jesus Christus ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Keiner kommt zum Vater außer durch ihn. Wer die Chance bekommt, ihn kennenzulernen, so viele Steilvorlagen für die Gotteserkenntnis bekommt und sie dennoch nicht nutzt, wird sich vor Gott verantworten müssen. Wer nie die Chance bekommen hat, ist aber nicht verdammt. Diese Haltung nennt sich Inklusivismus.

Ps 19
2 Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes und das Firmament kündet das Werk seiner Hände.
3 Ein Tag sagt es dem andern, eine Nacht tut es der andern kund,
4 ohne Rede und ohne Worte, ungehört bleibt ihre Stimme.
5 Doch ihre Botschaft geht in die ganze Welt hinaus, ihre Kunde bis zu den Enden der Erde.

Als Antwort auf die Lesung beten wir Ps 19, in dem König David ebenfalls die Erkennbarkeit Gottes in der Schöpfung betrachtet. Die Psalmen reflektieren die Torah und hier wird der Schöpfungsbericht aufgegriffen. Das ist für uns Christen auch wichtig, um zu verstehen, wie eine Analogie zur neuen Schöpfung hergestellt werden kann, der wir durch die Taufe bereits angehören.
Die verschiedenen Elemente der Schöpfung verkünden gleichsam Gott als ihren Schöpfer. Er ist der kreative Ursprung, der die wunderbaren Dinge gemacht hat. So sind es die Himmel mit den Himmelskörpern, die die Herrlichkeit Gottes verkünden. Gott hat die Himmelskörper am vierten Tag an das Himmelsgewölbe gesetzt, den Himmel schuf er aber bereits am zweiten Tag.
Gottes Herrlichkeit wird von Tag zu Tag gepriesen. Die Tage und Nächte selbst sind seine Verkünder. Sie werden durch die verschiedenen Himmelskörper gesteuert, sodass Sonne und Mond bzw. Sterne sich mit der Verkündigung Gottes abwechseln. Und auch diese Art der Verkündigung gelangt an die Ohren aller Menschen, die davon im Herzen berührt werden und zum Glauben an Gott kommen können. Jeder Mensch ist von Natur aus „begabt“ für den Glauben, denn er ist ein Abbild Gottes. All diese Dinge haben wir bereits in der Lesung betrachtet.
Die Elemente der Schöpfung tun dies jedoch nicht verbal, sondern durch ihre wunderbare Ordnung und Schönheit. Die Sonne spendet Licht und Wärme. Ohne sie kann die Erde nicht bestehen. Sie ist ein wunderbares Bild für unsere Abhängigkeit von Gott. Seine Gnade erhält uns Tag für Tag am Leben. Ohne ihn gehen wir ganz schnell ein wie eine Pflanze ohne Sonnenlicht. Der Mond und die Sterne erleuchten die dunkle Nacht. Er ist uns Orientierung, denn an seinen Mondphasen erkennen wir die Zeit im Monat. An den Sternbildern können wir uns auch an den Himmelsrichtungen orientieren. Die Schönheit des Sternenhimmels lässt uns Gottes überwältigende Herrlichkeit erahnen. Nichts an Himmelskörpern ist chaotisch. Der Mond verläuft in geordneten Bahnen. Die Erde dreht sich unaufhörlich und so sehen wir die Sonne täglich auf- und untergehen. Diese mächtigen Himmelskörper tun nichts, was Gott ihnen nicht „angeordnet“ hat. Sie offenbaren uns Gottes Ordnung, seinen Logos, der die ganze Schöpfung ordnet, der die gesamten Naturgesetze verliehen hat.
Der Himmel spricht kein einziges Wort, doch verbreitet sich diese Art von Verkündigung weltweit, was mit den „Enden der Erde“ ausgedrückt wird.
Verkündigung geschieht nicht einfach nur verbal. Es geht nicht darum, dass wir das Evangelium Christi nur mit Worten in die Welt hinaussagen, auch wenn das elementar ist. So ist auch Gottes gesprochenes Wort es, das die Schöpfung erwirkt und systematisiert hat. Wir haben es am Beispiel der Himmelskörper gesehen. Aber das Wort Gottes hat es auch konkret getan. So sollen auch wir den Menschen vor allem ein gutes Beispiel sein, die Gebote Gottes aus brennender Liebe halten und uns ganz den Menschen hingeben. Das wird unsere verbale Verkündigung authentisch machen und so werden wir viele Herzen anrühren. Das überzeugt Menschen, nicht nur leeres Gerede.
So wie Gott durch sein gesprochenes Wort die Erschaffung der Welt in Gang gesetzt hat, so beginnt die Neuschöpfung des Menschen durch das gesprochene Wort des Verkünders – Christus, seine Apostel, die Nachfolger seiner Apostel, letztendlich alle Gläubigen, die das Wort Gottes verkünden. Und in der Taufspendung spricht der Diakon oder Priester die Taufformel in persona Christi, durch die der Mensch neugeboren wird im hl. Geist.

Lk 17
26 Und wie es in den Tagen des Noach war, so wird es auch in den Tagen des Menschensohnes sein.

27 Die Menschen aßen und tranken und heirateten bis zu dem Tag, an dem Noach in die Arche ging; dann kam die Flut und vernichtete alle. 28 Und es wird ebenso sein, wie es in den Tagen des Lot war: Sie aßen und tranken, kauften und verkauften, pflanzten und bauten.
29 Aber an dem Tag, als Lot Sodom verließ, regnete es Feuer und Schwefel vom Himmel und vernichtete alle.
30 Ebenso wird es an dem Tag sein, an dem der Menschensohn offenbar werden wird.
31 Wer an jenem Tag auf dem Dach ist und seine Sachen im Haus hat, soll nicht hinabsteigen, um sie zu holen, und wer auf dem Feld ist, soll sich ebenfalls nicht zurückwenden.
32 Denkt an die Frau des Lot!
33 Wer sein Leben zu bewahren sucht, wird es verlieren; wer es dagegen verliert, wird es erhalten.
34 Ich sage euch: Von zwei Männern, die in dieser Nacht auf einem Bett liegen, wird der eine mitgenommen und der andere zurückgelassen. 35 Von zwei Frauen, die am selben Ort Getreide mahlen, wird die eine mitgenommen und die andere zurückgelassen.
36 Von zwei Männern, die auf dem Feld arbeiten, wird einer mitgenommen und der andere wird zurückgelassen. 
37 Und sie antworteten und sprachen: Wo wird das geschehen, Herr? Er antwortete: Wo ein Leichnam ist, da sammeln sich auch die Geier.

Im Evangelium hören wir wieder Aussagen Jesu über die Endzeit. In den Tagen des Menschensohnes wird es folgendermaßen sein – und das wird analog zu Noachs Situation passieren: „Die Menschen aßen und tranken und heirateten bis zu dem Tag“. Die Menschen gingen dem normalen Ablauf des Lebens nach, allem, was das diesseitige Leben betrifft. Sie lebten also nur für dieses Leben und wurden dann von der Sintflut überrascht. Diese hat alle vernichtet.
Er nennt eine weitere Analogie, nämlich die des Neffen Abrahams Lot. Die Bewohner der Stadt Sodom lebten ihr weltliches Leben ohne Blick auf die Ewigkeit und wurden dann vom Feuerregen überrascht, den Gott auf die Stadt herabließ. Feuer und Schwefel vernichtete sie.
So wird es auch am Tag des Menschensohnes sein, also seiner Wiederkunft, mit der das Ende der Zeiten und das Weltgericht eingeläutet werden.
„Wer an jenem Tag auf dem Dach ist und seine Sachen im Haus hat, soll nicht hinabsteigen, um sie zu holen, und wer auf dem Feld ist, soll sich ebenfalls nicht zurückwenden.“ Dass man sich auf dem Dach aufhält, ist nicht ungewöhnlich. Es handelt sich um flache Lehmdächer. Wenn das Ende der Zeiten kommt, wird man nicht mehr die Zeit haben, seine Sachen zusammenzuraffen. Man kann nicht mehr eben ins Haus hinabsteigen. Und wenn man auf dem Feld arbeitet, kann man in diesem Moment nicht noch eben zum Haus zurücklaufen. Dass der Mensch das aber tun möchte, ist ein natürlicher Impuls. Was aber ist wichtiger – in so einem Moment seinen Besitz zu sichern oder das ewige Leben? Und deshalb erklärt Jesus: „Wer sein Leben zu bewahren sucht, wird es verlieren; wer es dagegen verliert, wird es erhalten.“ Es geht im ersten Teil um die Bewahrung des irdischen Lebens mit allem, was dazu gehört. Wer daran festhält auf Kosten der Gemeinschaft mit Gott, wird am Ende alles verlieren, nämlich das ewige Leben. Wer aber das irdische Leben um Gottes willen verliert, der wird sich dafür das ewige Leben verdienen.
Wenn es zum Gericht kommt, werden „von zwei Männern, die in dieser Nacht auf einem Bett liegen“ nur einer mitgenommen, und von zwei Männern auf dem Feld nur einer mitgenommen, von zwei mahlenden Frauen wird nur eine mitgenommen. Diese Bilder greift Jesus auf, um zu zeigen: Wenn das Gericht dann kommt, wird es Überraschungen geben. Dann wird alles offenbart werden, was in den Herzen der Menschen vor sich geht. Dann wird sich zeigen, wie unterschiedlich zwei äußerlich gleiche Menschen sind. Deshalb ist hier die Rede davon, dass einer mitgenommen und einer zurückgelassen wird, nicht weil Gott willkürlich ist.
Die Jünger fragen Jesus daraufhin, wo das alles geschehen wird. Vielleicht denken sie an Sodom und meinen, es betrifft eine bestimmte Stadt. Wenn das alles geschieht, wird es ja die gesamte Schöpfung betreffen. Jesus entgegnet ihnen einfach: „Wo ein Leichnam ist, da sammeln sich auch die Geier.“ Jesus greift wieder ein Bild aus der Natur auf, um aufzuzeigen, dass die Vorzeichen deutlich sind. Der Wachsame kann sie erkennen und deuten. Und wo die tote Seele ist, da wird es besonders drastisch zugehen. Das soll keine Drohung sein, sondern ein Appell zur Umkehr, bevor es soweit kommt. Wenn man sich darum bemüht, seelisch nicht tot zu sein, braucht man auch nichts zu fürchten. Wann ist die Seele aber tot? Wenn man nicht im Stand der Gnade ist. Als Getaufte müssen wir uns also immer um ein reines Herz bemühen, stets eine Gewissenserforschung betreiben und im Fall der schweren Sünde so schnell wie möglich beichten gehen. Wie barmherzig ist unser Gott! Er vergibt uns die Schuld und gibt uns dann auch noch die Chance, die Wiedergutmachung von uns zu nehmen durch die Ablässe!

Heute geht es in den Lesungen sehr viel um Gotteserkenntnis und die Konsequenzen für unser Verhalten hin auf das Endziel. Wie wir hier auf Erden leben, entscheidet über unser ewiges Leben bei Gott. Dabei kommt es auf das Herz des Menschen an und auf das Maß der Liebe, mit dem er alles tut oder lässt. Und wenn Gott richten wird, wird es ganz anders sein, als wir denken. Gott hat uns schon von Natur aus fähig gemacht, ihn und seinen Willen zu erkennen. Bitten wir ihn um seine Gnade, die unserer schwachen Natur unter die Arme greift und wir am Ende sogar froh auf das Gericht zugehen können.

Ihre Magstrauss

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