Jer 33,14-16; Ps 25,4-5.8-9.10 u. 14; 1 Thess 3,12 – 4,2; Lk 21,25-28.34-36
Jer 33
14 Siehe, Tage kommen – Spruch des HERRN -, da erfülle ich das Heilswort, das ich über das Haus Israel und über das Haus Juda gesprochen habe.
15 In jenen Tagen und zu jener Zeit werde ich für David einen gerechten Spross aufsprießen lassen. Er wird Recht und Gerechtigkeit wirken im Land.
16 In jenen Tagen wird Juda gerettet werden, Jerusalem kann in Sicherheit wohnen. Man wird ihm den Namen geben: Der HERR ist unsere Gerechtigkeit.
Heute am ersten Adventssonntag hören wir als erste Lesung aus dem Buch Jeremia drei Verse. Es geht um eine Heilsverheißung Jeremias an Juda und Jerusalem. Der Zusatz „Spruch des HERRN“ lässt uns erkennen, dass Gott selbst durch Jeremia zum Südreich Juda spricht. Es handelt sich um einen Gottesspruch.
Gott hat schon zuvor versprochen, dass er für Juda das Heil bereithält und eine Heilsfigur aus dem Geschlecht David erstehen lassen wird. Es werden Tage kommen – und auf diese bereiten wir uns in der neu begonnenen Adventszeit vor! – in denen Gott sein Versprechen einlösen wird. Es wird für David ein gerechter Spross hervorgehen. Diese Redeart kennen wir schon von Jesaja. Das ist ein gängiges Bild für den Messias, der aus einer bestimmten Genealogie hervorgeht. Er wird nicht nur für David kommen, also um das Südreich Juda zu retten aus den Fängen der Fremdherrschaft, sondern er wird auch aus David kommen, selbst Davidide sein. Wenn er kommt, werden sich endlich das Recht und die Gerechtigkeit durchsetzen, die die Judäer zu jener Zeit nicht erfahren. Sie werden sehr bedrängt und bald wird Jerusalem mitsamt Tempel und Palast zerstört, die Oberschicht nach Babylon verschleppt werden.
Doch wenn das Heil kommt, wird Juda diese Leiden nicht mehr erfahren. Dann wird es endlich in Sicherheit wohnen und der Name des kommenden Heilsbringers wird sein „der HERR ist unsere Gerechtigkeit.“ Wir wissen, wer diese Person ist – kein gewöhnlicher Mensch, sondern Gott selbst, der Mensch geworden ist. Sein Königreich wird ganz anders sein als alle irdischen Königreiche. Die Sicherheit seines Reiches ist bis zum Ende der Welt keine, die das biologische Leben sicherstellt. Im Gegenteil. Das Leben jener, die seinem Reich schon angehören, wird oft bedroht. Es gibt so viele Märtyrer! Doch das ewige Leben ist ihnen sicher. Wenn aber das Reich Gottes sich endgültig durchsetzt und der Böse entmachtet ist, dann wird Gott für ewige Sicherheit sorgen. Es wird keiner Mauern mehr bedürfen, weil es keine Feinde mehr geben wird! Der Messias ist wirklich unser Friedensfürst, der einen wahren Frieden bringt und den er als Auferstandener seinen Jüngern wünscht – den österlichen Frieden. Dieser wird uns bereits bei der Taufe ins Herz geschenkt, deshalb können wir mit Freude im Herzen alles durchleben, egal was uns in diesem Leben widerfährt. Selbst wenn wir für ihn unser Leben hingeben, kann uns niemand scheiden von seiner Liebe. Und am Ende hat Gott das letzte Wort. Sein Gericht wird gerecht sein und er wird uns Recht verschaffen, das wir in diesem irdischen Dasein nicht erfahren haben.
Ps 25
4 Zeige mir, HERR, deine Wege, lehre mich deine Pfade!
5 Führe mich in deiner Treue und lehre mich; denn du bist der Gott meines Heils. Auf dich hoffe ich den ganzen Tag.
8 Der HERR ist gut und redlich, darum weist er Sünder auf den rechten Weg.
9 Die Armen leitet er nach seinem Recht, die Armen lehrt er seinen Weg.
10 Alle Pfade des HERRN sind Huld und Treue denen, die seinen Bund und seine Zeugnisse wahren.
Der kurze Ausschnitt aus dem Psalm heute ist eine Bitte um die rechte (moralische) Unterweisung und um Erkenntnis des Heilsplans Gottes.
Die Bitten des Psalms sind für uns alle eine wunderbare Vorlage: Wenn wir unsere Berufung zur Heiligkeit leben wollen – in der Taufe sind wir schon geheiligt, aber diese Heiligkeit muss sich bewähren – dann brauchen wir Gottes Einweisung in seine Gebote. Er soll uns zeigen, was sein Wille ist, damit wir ihn umsetzen können. Denn das Tun seines Willens ist der richtige Weg zu unserem möglichst unverfälschten „Goldmaterial.“ Das wollen wir uns in dieser Adventszeit jetzt besonders vornehmen – pures Gold zu werden und dabei alle besonderen Gnaden in Anspruch zu nehmen, die er uns in dieser Gnadenzeit schenken möchte.
Gott zeigt uns seinen Willen und führt die vom Weg abgekommenen Sünder wieder zurück. Er möchte, dass keines seiner Kinder verloren geht. Uns geht es gut, wenn wir auf seinem Weg bleiben.
„Auf dich hoffe ich den ganzen Tag“ ist wiederum eine Andeutung messianischer Hoffnung, ebenso die Bemerkung „Gott meines Heils“ (אֱלֹהֵי יִשְׁעִי elohej jisch’i). Für das Heil Gottes wird wie immer dieselbe hebräische Wurzel gewählt wie im Namen Jesu.
Auf Gott hofft das unterdrückte Volk Israel insbesondere in Zeiten der Bedrängnis wie im Babylonischen Exil, das als bedrohliche Größe im Jeremiabuch das Volk Gottes bedrängt. Je schlimmer die Zeiten, desto stärker ist die messianische Hoffnung. Auf Gott hoffen auch wir den ganzen Tag und vor allem in Zeiten der Versuchung. Die Kirche hofft auf den Herrn den ganzen Tag insbesondere heutzutage, da die Christenverfolgungen einen Höhepunkt erreichen. Die ganze Welt hofft auf Erlösung von all den Leiden, dem Unrecht, dem Bösen.
Gott hält sein Versprechen und so wird er das Heil den Menschen zuteilwerden lassen, die bis zum Schluss standhaft waren und an ihm festgehalten haben.
1 Thess 3-4
12 Euch aber lasse der Herr wachsen und reich werden in der Liebe zueinander und zu allen, wie auch wir euch lieben,
13 damit eure Herzen gestärkt werden und ihr ohne Tadel seid, geheiligt vor Gott, unserem Vater, bei der Ankunft Jesu, unseres Herrn, mit allen seinen Heiligen. Amen.
1 Im Übrigen, Brüder und Schwestern, bitten und ermahnen wir euch im Namen Jesu, des Herrn: Ihr habt von uns gelernt, wie ihr leben müsst, um Gott zu gefallen, und ihr lebt auch so; werdet darin noch vollkommener!
2 Ihr wisst ja, welche Ermahnungen wir euch im Auftrag Jesu, des Herrn, gegeben haben.
Als zweite Lesung hören wir einen Abschnitt aus dem ersten Thessalonicherbrief. Der Hintergrund der heutigen Worte Pauli ist Folgender: Paulus und Silas kamen nach Thessalonich und predigten drei Sabbate lang in der Synagoge. Sie überzeugten vor allem Proselyten, also heidnische Konvertiten. Das machte jedoch die Juden eifersüchtig und es kam zu einem Tumult. Wie so oft mussten Paulus und Silas die Stadt verlassen. Das erklärt auch, warum wir in seinem Thessalonicherbrief so viel Sehnsucht nach der Gemeinde verspüren. Trotz der von Anfang an bestehenden Spannungen, ja der regelrechten Verfolgungssituation in Thessalonich zeichnet sich die Gemeinde durch ein vorbildliches Verhalten aus.
Paulus formuliert in den Versen des dritten Kapitels ein Gebet, indem er um Wachstum der Gemeinde an Mitgliedern, aber vor allem an Liebe bittet. Das ist ja das Band, das alles zusammenhält, wie Paulus in einem anderen Brief schreibt.
Die Liebe ist der Kern aller Bestrebungen und die Quintessenz des Evangeliums. Durch sie wird der Mensch vor Gott geheiligt und bereit für die Wiederkunft Christi. Diese wurde unmittelbar bevorstehend erwartet. Gerade der erste Thessalonicherbrief ist ein sehr adventlicher Brief. Das zweite Kommen Christi ist sehr lebendig.
Im weiteren Verlauf formuliert Paulus paränetische Aussagen, also Ermahnungen zu einem christlichen Lebenswandel. Zu Anfang des Briefs lobt Paulus die Thessalonicher fast durchgehend. Zum Ende des Briefes hin möchte er sie dazu ermutigen, noch weiter nach Vollkommenheit zu streben und besser zu werden. Das ist für uns gar nicht mal so banal und wir sollten das nicht so schnell abhaken. Wenn wir noch stehen, müssen wir schauen, dass wir nicht fallen. Wenn wir schon einen gewissen Grad an Heiligkeit erlangt haben, können wir uns nicht darauf ausruhen. Je näher wir Gott kommen, desto mehr werden wir versucht und angegriffen. Deshalb ist es umso wichtiger, am Ball zu bleiben. Der Mensch bleibt ja nicht bei seinem momentanen Zustand stehen, sondern fällt wieder zurück. Es ist ja ein stetes Schwimmen gegen den Strom und sobald man zu schwimmen aufhört, wird man mit der Strömung weitergetrieben. Jeden Tag aufs Neue ergeht an die Thessalonicher sowie an uns der Ruf: Seid wachsam! Täglich müssen wir uns neu für Christus entscheiden. Bei allem geht es nicht darum, die Gebote um der Gebote willen zu halten oder sich selbst zu optimieren. Es geht darum, „Gott zu gefallen“, mit dem man in einer Bundesbeziehung lebt. Je näher das Kommen Christi herannaht, desto heftiger die Angriffe des Bösen. Jetzt in der Adventszeit vor Weihnachten, aber auch dauerhaft im zweiten Advent, in dem die ganze Kirche sich befindet, müssen wir wachsam sein und die restliche Zeit dafür nutzen, noch vollkommener zu werden im Halten der Gebote aus Liebe zu Gott und unserem Nächsten.
Lk 21
25 Es werden Zeichen sichtbar werden an Sonne, Mond und Sternen und auf der Erde werden die Völker bestürzt und ratlos sein über das Toben und Donnern des Meeres.
26 Die Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über den Erdkreis kommen; denn die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.
27 Dann wird man den Menschensohn in einer Wolke kommen sehen, mit großer Kraft und Herrlichkeit.
28 Wenn dies beginnt, dann richtet euch auf und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe.
34 Nehmt euch in Acht, dass Rausch und Trunkenheit und die Sorgen des Alltags euer Herz nicht beschweren und dass jener Tag euch nicht plötzlich überrascht
35 wie eine Falle; denn er wird über alle Bewohner der ganzen Erde hereinbrechen.
36 Wacht und betet allezeit, damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen und vor den Menschensohn hintreten könnt!
Auch im Evangelium ist das Weltende zentral. Mit dem neu eingesetzten Kirchenjahr hören wir immer wieder aus dem Lukasevangelium. Wir werden speziell in der Adventszeit immer wieder apokalyptische Texte hören, weil Advent stets zweifach zu sehen ist – als Ankunft des Messias am Weihnachtsfest und als Ankunft des Messias am Ende der Zeiten. Jesus nennt in seiner Endzeitrede viele apokalyptische Motive: Die Schöpfung wird ganz durchdrehen, was man an den Himmelskörpern sehen wird sowie an den anderen Naturgewalten. Am Ende wird es zu einem Zusammenbruch kommen. Alles stürzt in ein apokalyptisches Chaos. Dieses wird die Menschheit in Angst versetzen. Und dann wird Christus als verherrlichter Menschensohn wiederkommen auf einer Wolke, der Wolke, durch die hindurch er in den Himmel aufgefahren ist. Es ist ein mächtiges Theophaniezeichen, also ein Zeichen der Gegenwart Gottes.
Wenn dann also die Parusie eintritt, dann sollen die Jünger sich bereit machen und ihre Häupter erheben – das Leiden kommt zum Ende und die Erlösung ist nahe. Dann werden die Gläubigen durch das Chaos hindurch den Triumphgesang anstimmen, denn für sie wird die Abrechnung mit den Gottlosen eine einzige Erlösung darstellen.
Dann erklärt Jesus die richtige Einstellung bzw. die Wachsamkeit bis dahin: Die Jünger sollen sich nicht berauschen und betrunken sein. Das betrifft den Rausch der Weltlichkeit mit all ihren Botschaften und Anliegen. Die Jünger sollen stets in dem Bewusstsein leben, dass auch wenn sie in diesem irdischen Dasein leben, es doch nicht alles ist. Sie stehen vielmehr mit einem Bein bereits in der Ewigkeit und müssen sozusagen eschatologische Menschen sein. Deshalb verlassen sie ja sogar ihre Familien und leben enthaltsam, um ihren Endzeitstatus sogar an ihrer Lebensweise zu demonstrieren. Sie tun es deshalb, weil Christus selbst es so vorlebt, dessen Nachfolger sie sind. Es ist eine einzige prophetische Zeichenhandlung.
Sie sollen nüchtern sein und nicht berauscht, damit sie nicht einschlafen. Wer berauscht ist, hat das Bedürfnis, den Rausch auszuschlafen. Die Jünger sollen aber immerzu wachbleiben. Das heißt, dass sie die Entwicklungen der Gesellschaft, alles, was passiert, mit den Augen Gottes aufmerksam verfolgen sollen. Sobald sie „einschlafen“ und nicht mehr auf der Hut sind, fallen sie auf die heimtückischen Angriffe des Bösen hinein. Dann machen sie mit beim antichristlichen Werk des Satan. Sie sollen sich auch nicht ablenken lassen vom ewigen Heil, das das Ziel ihres Lebens ist, indem sie sich von den Sorgen des Alltags ganz einnehmen lassen. Wie gesagt: Die Sorgen dieser Welt sind nicht alles, weil diese Welt nicht alles ist. Ihnen soll es vielmehr um das Reich Gottes gehen. Alles andere wird ihnen ja dazugegeben. Ihre Aufmerksamkeit kann also auf die überirdischen Dinge gelegt werden, denn die Vorsehung Gottes übernimmt den Rest.
Und wenn sie mit so einer Einstellung leben, werden sie auch nicht plötzlich überrumpelt, wenn das Weltende kommt. Sie rechnen dann ja jeden Tag damit. Das alles gilt bis heute: Wir sollen so leben, als wenn heute unser letzter Tag ist. Dann leben wir bewusst, das heißt mit Blick auf das ewige Leben hin. Dann werden wir das Gute tun und das Böse lassen, weil wir unsere Beziehung zum Herrn nicht zerstören wollen. Dann sind wir in der Vorfreude des Himmels und verzweifeln nicht in dem Leiden unseres irdischen Lebens. Dann ordnen wir die zunehmende Bedrängnis in den Kontext der gesamten Heilsgeschichte richtig ein, ohne ihr zu entfliehen. Vielmehr können wir ihr dann mit österlichem Blick mit ihr auf Konfrontationskurs gehen. Der Herr wird uns mit der Standhaftigkeit ausrüsten, die wir dann in den dunkelsten Stunden benötigen.
Jesus fasst das Verhalten bis zum Weltende zusammen mit den Worten: „Wachet und betet.“ Diese Aufforderung kann verknüpft werden mit Jesu Worten im Garten Getsemani. Nur wer stets Gebetswache hält – nicht nur im mündlichen Gebet oder in der Liturgie, sondern auch in der Hingabe und Aufopferung des alltäglichen Lebens, wird nicht der Versuchung erliegen. Wir befinden uns in einer zunehmenden Getsemani-Situation. Die Versuchungen werden immer kommen, umso stärker je mehr man sich für Gott entscheidet (!) und je näher wir dem Weltende kommen, aber dann werden wir sie als solche immer erkennen und stark genug sein, nicht auf sie einzugehen.
Und dann werden wir vor den Menschensohn treten können ohne Scham. Dann werden wir auf ewig im himmlischen Jerusalem beim Herrn sein, ihm dienen und von seiner Liebe ganz umfangen. Dann wissen wir, was zu tun ist, weil es die Fortsetzung und Erfüllung dessen ist, was wir in unserem irdischen Dasein schon lebenslang geübt haben – die Liebe Gottes zu empfangen, liebend zu antworten und ihn auf ewig anzubeten.
Ihre Magstrauss