Samstag der 34. Woche im Jahreskreis

Dan 7,15-27; Dan 3,82.83.84.85.86.87; Lk 21,34-36

Dan 7
15 Darüber war ich, Daniel, im Geist verstört und meine Visionen erschreckten mich.

16 Ich wandte mich an einen der Umstehenden und bat ihn, mir das alles genau zu erklären. Er deutete mir die Vorgänge und sagte:
17 Diese großen Tiere, vier an der Zahl, bedeuten vier Könige, die sich auf der Erde erheben werden.
18 Das Königtum aber werden die Heiligen des Höchsten erhalten und sie werden es behalten für immer und ewig.
19 Dann wollte ich noch Genaueres über das vierte Tier erfahren, das Tier, das anders war als alle anderen, ganz furchtbar anzusehen, mit Zähnen aus Eisen und mit Klauen aus Bronze, das alles fraß und zermalmte und was übrig blieb mit den Füßen zertrat.
20 Auch über die zehn Hörner an seinem Kopf und über das andere Horn, das emporgewachsen war und vor dem die drei Hörner abgefallen waren, das Horn, das Augen und einen Mund hatte, der anmaßend redete, und das schließlich größer als die anderen zu sein schien.
21 Ich sah dieses Horn gegen die Heiligen kämpfen. Es überwältigte sie,
22 bis der Hochbetagte kam. Da wurde den Heiligen des Höchsten das Gericht übertragen und es kam die Zeit, in der die Heiligen das Königtum erhielten.
23 Er antwortete mir: Das vierte Tier bedeutet: Ein viertes Reich wird sich auf der Erde erheben, ganz anders als alle vier anderen Reiche. Es wird die ganze Erde verschlingen, sie zertreten und zermalmen.
24 Die zehn Hörner bedeuten: Aus jenem Reich werden sich zehn Könige erheben; doch nach ihnen erhebt sich ein anderer. Dieser ist ganz anders als die früheren. Er wird drei Könige stürzen,
25 er lästert über den Höchsten und unterdrückt die Heiligen des Höchsten. Die Festzeiten und das Gesetz will er ändern. Ihm werden die Heiligen für eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit ausgeliefert.
26 Dann aber wird man zu Gericht sitzen. Jenem König wird seine Macht genommen, um endgültig ausgetilgt und vernichtet zu werden.
27 Die Herrschaft und Macht und die Herrlichkeit aller Reiche unter dem ganzen Himmel werden dem Volk der Heiligen des Höchsten gegeben. Sein Reich ist ein ewiges Reich und alle Mächte werden ihm dienen und gehorchen.

Heute hören wir zum letzten Mal einen Ausschnitt aus dem Buch Daniel. Es handelt sich dabei um die Fortsetzung der gestrigen Lesung, die sehr unheimlich war und auch heute heißt es zu Beginn, dass das Geschaute Daniel verstört. Die vier Reiche, die er in Form von Tieren geschaut hat, zeigen uns, dass der hl. Geist uns immer wieder dasselbe auf unterschiedliche Weise zeigt, um sicherzustellen, dass wir es auch wirklich begriffen haben. Vor einigen Tagen deutete Daniel König Nebukadnezzar den Traum vom mächtigen Standbild, das aus verschiedenen Materialien besteht. Dieselben kann man nun in der gestrigen Vision erkennen. Es wird dem Juden wieder die Vier-Reiche-Lehre gezeigt.
Er fragt eine Person innerhalb der Vision, was das zu bedeuten habe. Da wird ihm erklärt, dass die vier Tiere vier Reiche symbolisieren. Das ewige Königreich, von dem zum Ende der Vision hin die Rede war, werden die „Heiligen des Höchsten“ erlangen, also das Gottesvolk.
Besonders interessiert Daniel das letzte Tier, das sich von den anderen Tieren immens unterscheidet. Es hat keine Ähnlichkeit mit einem auf Erden bekannten Tier wirkt besonders bedrohlich. Es kämpft ja gegen die Heiligen und das eine Horn stößt Gotteslästerungen aus.
Es werden die Details gedeutet: Das Tier sieht nicht nur ganz anders aus als die anderen Tiere. Auch das Reich ist ein ganz anderes als die vorausgegangenen und es wird die ganze Erde zerstören. Die zehn Hörner symbolisieren zehn Könige, wobei ein König kommen wird, der drei andere stürzt. Dieser letzte König wird die Gläubigen verfolgen und alles daran setzen, das Gesetz zu ändern, also die Torah. Er wird die Festzeiten verändern, also die Liturgie. Er wird alles angreifen, was den Gläubigen lieb ist.
Diese Zeit der Bedrängnis wird dreieinhalb Zeiten andauern, genauso wie es dann später in der Johannesoffenbarung heißen wird. Warum aber diese krumme Zahl? Dreieinhalb ist die Hälfte der Siebenzahl. Während die Sieben als Zahl der Vollkommenheit und Fülle verstanden wird und für Gottes ewiges Heil stehen kann, steht die Hälfte als Zahl der Bedrängnis, die streng begrenzt ist. Der Böse hat nur solange Spielraum, wie Gott es zulässt.
Wenn dann aber das Gericht kommt – und das hat Daniel dann ja auch geschaut – wird jedem König die Macht genommen. Stattdessen wird die Macht den Heiligen des Höchsten gegeben. Es ist das Reich des Menschensohns, aber gemeint ist, dass die Heiligen, die bis zum Schluss standhaft geblieben sind, in das Reich eingehen werden. Alle Mächte werden diesem Reich auf ewig gehorchen. Man könnte es auf die bisherigen Könige beziehen, aber diese werden ja alle verurteilt. Vielmehr muss man „Mächte“ als hierarchische Bezeichnung der Engelwelt identifizieren. Diese dienen und gehorchen dem Höchsten. Alle Engel dienen ihm.

Dan 3
82 Preist den HERRN, ihr Menschen; / lobt und rühmt ihn in Ewigkeit!

83 Preist den HERRN, ihr Israeliten; / lobt und rühmt ihn in Ewigkeit!
84 Preist den HERRN, ihr seine Priester; / lobt und rühmt ihn in Ewigkeit!
85 Preist den HERRN, ihr seine Knechte; / lobt und rühmt ihn in Ewigkeit!
86 Preist den HERRN, ihr Geister und Seelen der Gerechten; / lobt und rühmt ihn in Ewigkeit!
87 Preist den HERRN, ihr Demütigen und Frommen; / lobt und rühmt ihn in Ewigkeit!

Heute beten wir zum Abschluss noch einmal einige Verse des kraftvollen Lobpreises der Freunde Daniels im Feuerofen. Heute werden die Menschen und Geister zum Lobpreis Gottes aufgefordert.
Zuerst wird allgemein gesagt, dass die Menschen ihn preisen sollen, bevor verschiedene Personengruppen genannt werden, die zunehmend spezifiziert werden. Jeder Mensch soll Gott loben und preisen, weil dieser ihm das Leben geschenkt hat. Die Menschen sind als Ebenbild Gottes geschaffen, sodass ihr Lobpreis auf verbale und reflektierte Weise geschehen kann. Vor allem können sie Gott loben aus freiem Willen und deshalb aus Liebe. Kein anderes Geschöpf der sichtbaren Welt ist dazu fähig, Gott im Lobpreis so zurückzulieben wie der Mensch.
Besonders innig ist der Lobpreis der Kinder Gottes, die mit ihm in einer Bundesbeziehung stehen. Die Israeliten leben mit Gott im Alten Bund. Sie sind sein auserwähltes Volk. Ihnen hat er sich offenbart und immer wieder das Heil geschenkt. Sie gehen in die Schule Gottes und erleben das Auf und Ab einer dynamischen Liebesgeschichte. Auch wir, die wir im Neuen Bund mit Gott stehen, dürfen besonders angesprochen sein vom Lobpreisaufruf. Unser Lebensziel ist, in die himmlische Heimat einzugehen, um auf ewig Gott zu loben und zu preisen. Als Kinder des Reiches Gottes durch die Taufe sind wir besonders mit ihm verbunden und dürfen ihn unseren Vater nennen.
Die Priester sollen Gott loben und preisen, weil sie durch ihren Dienst auf besondere Weise am Lobpreis des Himmels teilhaben. Gerade die Priester des Neuen Bundes sind in dieser Hinsicht zu nennen, weil durch sie Christus selbst als der eine wahre Hohepriester Gott das Opfer aller Zeiten darbringt. Er ist es, der durch die Priester hindurch betet. Das macht das Hochgebet und die Eucharistie, die Danksagung, zu einem besonders tollen Lobpreis.
Auch die Priester des Alten Bundes sind auf eine Weise mehr mit Gott verbunden als der Rest Israels. Sie stehen ein für das Gottesvolk und dürfen im Tempel Gott besonders nahe sein. Dieser Tempel ist zu jenem Zeitpunkt zerstört, doch der Traum der Verschleppten in Babylon ist, eines Tages einen neuen Tempel errichten zu dürfen und die Wallfahrtsfeste wieder feiern zu können.
Auch die Knechte sollen den Herrn loben und preisen. Gemeint sind vom griechischen Wort doulos her die Sklaven, aber im persischen Kontext auch oft die Bezeichnung für die Untertanen eines Despoten. Für uns ist zumindest klar, dass alle Gott loben und preisen sollen – die Hochrangigen und die Untergebenen.
Auch die Geister und Seelen der Gerechten sollen Gott loben und preisen, also die Engel im Himmel und die Gerechten, die auf die Erlösung des Messias warten. Sie müssen warten im Reich des Todes, bevor sie ins Himmelreich eingehen dürfen. Durch die Erlösung Jesu Christi sind sie nun ganz bei Gott und dürfen einstimmen in den Lobpreis der Engelscharen.
Die Demütigen und Frommen sollen Gott loben und preisen. Es sind die Heiligen des Höchsten, wie es in der Lesung heißt. Sie sind es, die Gott schauen werden, weil ihr Herz rein ist und sie Gott lieben.

Lk 21
34 Nehmt euch in Acht, dass Rausch und Trunkenheit und die Sorgen des Alltags euer Herz nicht beschweren und dass jener Tag euch nicht plötzlich überrascht

35 wie eine Falle; denn er wird über alle Bewohner der ganzen Erde hereinbrechen.
36 Wacht und betet allezeit, damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen und vor den Menschensohn hintreten könnt!

Wir hören heute wieder einen Ausschnitt aus der Endzeitrede Jesu, in der er seine Jünger zur Wachsamkeit aufruft, weil das Ende der Zeiten unbekannt ist. Gestern erklärte er, dass auch wenn die Jünger das Datum nicht kennen, anhand von Vorzeichen erkennen können, dass es bald soweit ist. Dafür hat Jesus den Feigenbaum als Gleichnis angebracht.
Heute erklärt Jesus die richtige Einstellung bzw. was Wachsamkeit heißt: Die Jünger sollen sich nicht berauschen und betrunken sein. Das betrifft den Rausch der Weltlichkeit mit all ihren Botschaften und Anliegen. Die Jünger sollen stets in dem Bewusstsein leben, dass auch wenn sie in diesem irdischen Dasein leben, es doch nicht alles ist. Sie stehen vielmehr mit einem Bein bereits in der Ewigkeit und müssen sozusagen eschatologische Menschen sein. Deshalb verlassen sie ja sogar ihre Familien und leben enthaltsam, um ihren Endzeitstatus sogar an ihrer Lebensweise zu demonstrieren. Sie tun es deshalb, weil Christus selbst es so vorlebt, dessen Nachfolger sie sind.
Sie sollen nüchtern sein und nicht berauscht, damit sie nicht einschlafen. Wer berauscht ist, hat das Bedürfnis, den Rausch auszuschlafen. Die Jünger sollen aber immerzu wachbleiben. Das heißt, dass sie die Entwicklungen der Gesellschaft, alles, was passiert, mit den Augen Gottes aufmerksam verfolgen sollen. Sobald sie „einschlafen“ und nicht mehr auf der Hut sind, fallen sie auf die heimtückischen Angriffe des Bösen hinein. Dann machen sie mit beim antichristlichen Werk des Satan. Sie sollen sich auch nicht ablenken lassen vom ewigen Heil, das das Ziel ihres Lebens ist, indem sie sich von den Sorgen des Alltags ganz einnehmen lassen. Wie gesagt: Die Sorgen dieser Welt sind nicht alles, weil diese Welt nicht alles ist. Ihnen soll es vielmehr um das Reich Gottes gehen. Alles andere wird ihnen ja dazugegeben. Ihre Aufmerksamkeit kann also auf die überirdischen Dinge gelegt werden, denn die Vorsehung Gottes übernimmt den Rest.
Und wenn sie mit so einer Einstellung leben, werden sie auch nicht plötzlich überrumpelt, wenn das Weltende kommt. Sie rechnen dann ja jeden Tag damit. Das alles gilt bis heute: Wir sollen so leben, als wenn heute unser letzter Tag ist. Dann leben wir bewusst, das heißt mit Blick auf das ewige Leben hin. Dann werden wir das Gute tun und das Böse lassen, weil wir unsere Beziehung zum Herrn nicht zerstören wollen. Dann sind wir in der Vorfreude des Himmels und verzweifeln nicht in dem Leiden unseres irdischen Lebens. Dann ordnen wir die zunehmende Bedrängnis in den Kontext der gesamten Heilsgeschichte richtig ein, ohne ihr zu entfliehen. Vielmehr können wir ihr dann mit österlichem Blick mit ihr auf Konfrontationskurs gehen. Der Herr wird uns mit der Standhaftigkeit ausrüsten, die wir dann in den dunkelsten Stunden benötigen.
Jesus fasst das Verhalten bis zum Weltende zusammen mit den Worten: „Wachet und betet.“ Wie vor einigen Tagen erklärt ist diese Aufforderung eine Verknüpfung zu Jesu Worten im Garten Getsemani. Nur wer stets Gebetswache hält – nicht nur im mündlichen Gebet oder in der Liturgie, sondern auch in der Hingabe und Aufopferung des alltäglichen Lebens, wird nicht der Versuchung erliegen. Versuchungen werden immer kommen, umso stärker je mehr man sich für Gott entscheidet (!), aber dann werden wir sie als solche immer erkennen und stark genug sein, nicht auf sie einzugehen. Und zurück zu Daniel: Die Zeit der Bedrängnis ist streng begrenzt – dreieinhalb Zeiten statt der sieben Zeiten des ewigen Heils Gottes!

Ihre Magstrauss

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