1 Sam 9,1-4.17-19; 10, 1; Ps 21,2-3.4-5.6-7; Mk 2,13-17
1 Sam 9
1 Damals lebte in Benjamin ein Mann namens Kisch, ein Sohn Abiëls, des Sohnes Zerors, des Sohnes Bechorats, des Sohnes Afiachs, ein wohlhabender Benjaminiter.
2 Er hatte einen Sohn namens Saul, der jung und schön war; kein anderer unter den Israeliten war so schön wie er; er überragte alle um Haupteslänge.
3 Eines Tages verliefen sich die Eselinnen von Sauls Vater Kisch. Da sagte Kisch zu seinem Sohn Saul: Nimm einen von den Knechten, mach dich mit ihm auf den Weg und such die Eselinnen!
4 Sie durchquerten das Gebirge Efraim und durchstreiften das Gebiet von Schalischa, fanden sie aber nicht. Sie zogen durch das Gebiet von Schaalim – ohne Erfolg; dann durchwanderten sie das Land Jemini, fanden sie aber wieder nicht.
17 Als Samuel Saul sah, sagte der HERR zu ihm: Das ist der Mann, von dem ich dir gesagt habe: Der wird über mein Volk herrschen.
18 Saul trat mitten im Tor zu Samuel und fragte: Sag mir doch, wo das Haus des Sehers ist!
19 Samuel antwortete Saul: Ich bin der Seher. Geh vor mir her zur Kulthöhe hinauf! Ihr sollt heute mit mir essen. Morgen früh will ich dich dann weiterziehen lassen. Ich werde dir Auskunft über alles geben, was du auf dem Herzen hast.
1 Da nahm Samuel den Ölkrug und goss Saul das Öl auf das Haupt, küsste ihn und sagte: Hiermit hat der HERR dich zum Fürsten über sein Erbe gesalbt.
Heute lesen wir nun, wie die angekündigte Lektion Gottes sich nach und nach bewahrheitet. Es wird der erste König angekündigt, den Gott zwar zulässt, aber nicht gutheißt – König Saul. Wie es für Juden wichtig ist, wird dessen Abstammung verdeutlicht. Er ist aus dem Stamm Benjamin. Er wird auch als sehr schön und groß beschrieben. Das kann einerseits erwähnt werden, um die Schönheit von innen und außen hervorzuheben, das kann andererseits auch auf einen überheblichen Charakter schließen. Wir werden noch sehen, dass vor allem der zweite Aspekt bei Saul zutrifft.
Die Begegnung zwischen Samuel und Saul, die zur Königssalbung führt, wird wie so oft in Gottes Vorsehung durch ein Problem veranlasst: Die Eselinnen Kischs, des Vaters Sauls, verlaufen sich im Gebirge. Saul soll daraufhin die Tiere suchen. Er durchsucht alle möglichen Gebiete (Efraim, Schalischa, Schaalim, Jemini) und wird doch nicht fündig. Durch seine langen Streifzüge begegnet er schließlich Samuel. Als dieser ihn sieht, gibt Gott ihm zu verstehen, dass er der König werden soll.
Dann heißt es, dass Saul mitten im Tor zu Samuel kommt. Dieser sitzt im Tor, weil er Richter ist. Als solcher praktizierte er üblicherweise im Tor die Rechtsprechung.
Warum kommt Saul dort überhaupt hin? Er hat eine Auskunftsfrage und möchte eigentlich den Propheten Samuel sprechen. Dieser entgegnet ihm, dass er es sei. Saul möchte vermutlich durch die prophetische Begabung Samuels erfahren, wo die Tiere sind. Samuel lädt Saul ein, mit ihm zur „Kulthöhe“ hinaufzuziehen. Damit ist wohl das Heiligtum von Schilo gemeint. Was wir heute nicht mehr lesen, sind die Ereignisse auf der Kulthöhe. Saul wird zu einem Gastmahl eingeladen und erhält dort das beste Stück Fleisch. Er übernachtet bei Samuel und am nächsten Tag führen beide eine Unterredung. Dabei erklärt ihm Samuel zunächst, dass die Tiere mittlerweile gefunden worden sind. Dann bereitet Samuel Saul auf dessen Herrschaft vor, woraufhin dieser es aber noch nicht begreift. Schließlich kommt es im nächsten Kapitel zur eigentlichen Salbung mit Öl, als die beiden allein sind und sich am Rande des Stadtgebietes befinden.
Gottes wunderbare Vorsehung ist ein unendliches Geheimnis. Einerseits hat Gott für uns alle das Heil bereitet und einen Plan für jeden einzelnen. Aber zugleich schätzt er unseren freien Willen. Seine Vorsehung ist mit einem Navigationssystem vergleichbar, das eine Route vorgibt. Wenn man sich von der Route entfernt, berechnet Gott den Weg zum Himmelreich neu. Er kann auch auf Umwegen sein Heil für uns umsetzen. Israel entfernt sich vom Willen Gottes und möchte auf eigene Faust einen König. Gott „berechnet“ dies um und so ist die Salbung Sauls Teil des Heilsplans Gottes, wenn auch ein Umweg zum wahren König David.
Ps 21
2 HERR, an deiner Macht freut sich der König; über deine Hilfe, wie jubelt er laut.
3 Du hast ihm den Wunsch seines Herzens gewährt, ihm nicht versagt, was seine Lippen begehrten.
4 Ja, du kommst ihm entgegen mit Segen und Glück, du setzt auf sein Haupt eine goldene Krone.
5 Leben erbat er von dir, du gabst es ihm, lange Jahre, immer und ewig.
6 Groß ist seine Herrlichkeit durch deine rettende Tat, du legst auf ihn Hoheit und Pracht.
7 Ja, du machst ihn zum Segen für immer; du beglückst ihn mit Freude vor deinem Angesicht.
Ps 21 ist ein Davidpsalm, der die israelitische Königsherrschaft aufgreift. König David betet zum HERRN, der seine Macht und Hilfe ist. Er ordnet seine eigene irdische Macht Gott unter, was ihn zu einem gerechten Herrscher macht. Dadurch, dass er nicht überheblich wird, sondern in Gottes Angesicht seinen wahren Wert sieht – das nennen wir Demut -, ist er im Stand der Gnade. Dies erkennen wir daran, dass Gott seine Gebete erhört („den Wunsch seines Herzens gewährt, ihm nicht versagt…“).
David hat „Segen und Glück“ (בִּרְכֹ֣ות טֹ֑וב birchot tof, für Glück heißt es also wörtlich „Gutes“). Die Geste des Aufsetzens einer goldenen Krone ist zunächst als Krönungszeremonie zu verstehen – Gott ist es, der sich einen Kandidaten aussucht (so haben wir es ja schon in der Lesung gehört) und die Königssalbung gültig macht. Im übertragenen Sinne meint dieser Gestus aber noch viel mehr. Wir lesen in der Johannesoffenbarung, wie die „Sieger“ mit Goldkronen ausgestattet sind als Zeichen ihrer besonderen Würde und ihres Triumphes. Bei der Taufe werden wir ja auch gesalbt und zu Königskindern in Gottes Reich. Diese königliche Würde wird am Ende unseres Lebens offenbar.
David erbittet ein langes Leben und Gott schenkt es ihm. Das ist laut jüdischem Verständnis ein Zeichen für Segen. Es setzt noch keinen Auferstehungsglauben voraus, sondern ist ein Zeichen für die Erinnerung des eigenen Namens durch die Nachkommen, ein erfülltes irdisches Leben und eine Bestattung bei den Vorfahren. Hier hat der Geist Gottes König David aber schon prophetisch eingegeben, dass es wirklich ein ewiges Leben gibt (עֹולָ֥ם וָעֶֽד olam wa’ed „immer und ewig“). David vermittelt uns noch etwas Wichtiges, das Jesus noch viel verdichteter erklären wird: Gott offenbart durch seine Heilstaten seine Herrlichkeit (hebräisch כָּבוֹד kavod, im griechischen AT und NT δόξα doxa). Die Hoheit des israelitischen Königs kommt von Gott und nicht vom König selbst. Deshalb bleibt David „auf dem Boden“. Auch wir, die wir durch die Taufe mit einer königlichen Würde ausgestattet sind, können das von uns sagen: Sie kommt von Gott. Was wir Gutes vollbringen, tun wir aus Gottes Gnade heraus, der uns unsere Fähigkeiten geschenkt hat. Alles, was wir tun, soll deshalb ihm zur Ehre, ihm zur Verherrlichung dienen. Dieses Leben wird so wie David auch uns beglücken, mit Freude erfüllen. Diese Freude wird nicht nur eine vorübergehende, irdische sein, sondern eine ewige, die im Bild des himmlischen Hochzeitsmahls zum Ausdruck kommt.
Davids Art zu beten, die wir vor allem durch die Psalmen bis heute vermittelt bekommen, ist uns ein großes Vorbild. Er ist so ein großer König, der viel erreicht hat. Er hat auch nicht immer alles richtig gemacht, aber dennoch können wir seine Frömmigkeit und Gottesfurcht als gutes Beispiel für unser eigenes Leben übernehmen.
Mk 2
13 Jesus ging wieder hinaus an den See. Da kamen Scharen von Menschen zu ihm und er lehrte sie.
14 Als er weiterging, sah er Levi, den Sohn des Alphäus, am Zoll sitzen und sagte zu ihm: Folge mir nach! Da stand Levi auf und folgte ihm nach.
15 Und als Jesus in dessen Haus zu Tisch war, da waren viele Zöllner und Sünder zusammen mit ihm und seinen Jüngern zu Tisch; es waren nämlich viele, die ihm nachfolgten.
16 Als die Schriftgelehrten der Pharisäer sahen, dass er mit Zöllnern und Sündern aß, sagten sie zu seinen Jüngern: Wie kann er zusammen mit Zöllnern und Sündern essen?
17 Jesus hörte es und sagte zu ihnen: Nicht die Gesunden bedürfen des Arztes, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, um Gerechte zu rufen, sondern Sünder.
Heute lesen wir von einer weiteren Jüngerberufung und von weiteren Heilstaten Jesu. Es geht um Levi, der im Matthäusevangelium Matthäus genannt wird. Es handelt sich um einen Zöllner, dessen Berufsgruppe nicht gut angesehen ist. Das liegt daran, dass Zöllner immer mehr als nötig eintreiben müssen, um das Risiko von Missernten etc. zu berücksichtigen. Sie gelten deshalb als unehrlich, erhalten keine bürgerlichen Ehrenrechte und werden vor Gericht nie als zuverlässige Zeugen einbezogen. Jesus hat im heutigen Evangelium aber einen wunderbaren Plan mit diesem Menschen. Er sieht mehr als nur den unehrlichen Zöllner. Er sieht das Potenzial eines von Gott geliebten Kindes. So ist es auch bei uns Menschen. Wir drücken anderen schnell einen Stempel auf. Wir schreiben andere ab, obwohl wir sie erstens gar nicht richtig kennen können (also nicht in ihr Herz schauen können), zweitens noch so schlimme Menschen jederzeit eine Umkehr erleben, ein besserer Mensch werden können. Jeder hat jederzeit eine neue Chance verdient. Und wie Levi in Wirklichkeit ist, sieht nur Gott. Der sehr bekannte Billy Graham sagte es einmal sinngemäß: Es gibt drei Arten des Ichs – das Ich, das ich selbst kenne, das Ich, das die Menschen kennen und das Ich, das Gott kennt. Jesus sieht in Levi, was sonst keiner bisher gesehen hat – vielleicht nicht mal er selbst.
Warum eigentlich hat dieser Zöllner, der dann Jesu Jünger wird, zwei verschiedene Namen? Das hängt wohl damit zusammen, dass er beide Namen besaß. Die moderne Exegese bestreitet dies, weil im Gegensatz zu Paulus kein jüdischer und römischer Name vorlag, sondern zwei jüdische. Dem ist entgegen zu halten, dass es auch eine latinisierte Form gibt (nämlich eben Matthäus) und eine doppelte Namensgebung auch mit seiner römischen Bürgerschaft zusammenhängen kann wie bei Paulus. Eine andere Erklärung ist, dass er später von Jesus den Namen Matthäus erhalten hat. Das alles spielt für uns eine untergeordnete Rolle. Für uns ist es lehrreich, dass Jesus so einen Menschen überhaupt beruft.
Wie schon bei den anderen Aposteln steht der Berufene direkt auf und folgt Jesus nach, ohne zu zögern.
Wie auch bei Zachäus hält Jesus ein gemeinsames Mahl mit Levi und seinen Freunden. Da er bei den meisten Juden nicht beliebt ist, hat er in seinem Umfeld Menschen seines Berufsstandes.
Jesus isst mit Sündern, weil er Gott ist. Dieser ist so allmächtig, dass er höchstpersönlich tief in das sündige Leben von uns Menschen eintauchen kann, ohne dass es ihm irgendwie schadet. Er tut es, um uns Menschen aus der Sünde herauszuholen, nicht weil er die Sünde an sich gutheißt. Sein Verhalten ist also kein Anlass, Sünder zur Kommunion zuzulassen, wie heutzutage gerne instrumentalisiert wird. Jesus hält Mahl als „Rettungsaktion“ für die echten Sünder (die vor Gott Sünder sind, nicht die von den Menschen abgestempelt werden) und als prophetische Zeichenhandlung für die Selbstgerechten (Gott hält Mahl mit allen Menschen guten Willens, beim letzten Abendmahl mit seinem berufenen Zwölferkreis, in der eucharistischen Gemeinschaft mit allen Getauften und zur Eucharistie Gekommenen, am Ende des Lebens beim himmlischen Hochzeitsmahl). Wer daran teilnimmt, wird nicht automatisch nach den Maßstäben der Pharisäer und Schriftgelehrten entschieden, sondern allein nach Gottes Maßstab – mit so einigen Überraschungen. Warum Überraschungen? Weil nur Gott das Herz der Menschen sieht und genau weiß, wer wirklich gerecht ist (nicht nur nach außen so tut).
Sie sind es auch, die auf Jesu Mahlgemeinschaft mit den von ihnen bezeichneten „Sündern“ unzufrieden reagieren. Sie zeigen durch ihre Reaktion, dass sie Jesus als Messias und Gott nicht erkannt haben. Sie sehen Jesus als üblichen Rabbi, der sich an die jüdischen Gesetze halten soll. Sie sehen nicht, dass der Messias Herr über die Torah ist.
Jesus bekommt ihre Reaktion mit und weil er alle Menschen retten will, geht er auch auf diese Menschen zu mit den Worten: „Nicht die Gesunden bedürfen des Arztes, sondern die Kranken“. Gott ist der Arzt unserer Seelen. Er macht uns wieder heil, wo wir uns von ihm behandeln lassen. Jesu Mahlgemeinschaft ist also nicht nur „Rettungsaktion“ und prophetische Zeichenhandlung, sondern vor allem eine „Therapiesitzung“. Wir könnten uns jetzt fragen: „Heißt das, dass die Zöllner und Sünder bei Jesu Mahlgemeinschaft die Kranken sind und die Pharisäer und Schriftgelehrten nicht?“ Wir können uns getrost selbst beantworten: Natürlich ist jeder Mensch krank, nämlich durch die Erbsünde. Es gibt niemanden, der ganz gesund ist. Jeder ist nur unterschiedlich „krank“. Das ist eine Sache. Die andere ist aber hier entscheidend: Wer erkennt die eigene Krankheit und lässt sich auf die Therapie Gottes ein? Wer meint, keine Umkehr nötig zu haben, weil er schon gerecht genug ist, wird die eigene Krankheit nicht sehen und deshalb nie therapiert. Jesus verrät uns durch seine Antwort jedoch wirklich, dass er die Sünde der Zöllner nicht bagatellisiert. Es ist Stehlen und Lügen. Das sind ernstzunehmende Sünden. Jesus redet uns unsere Sünden auch nicht weg. Er hält sie uns in Liebe vor, damit wir unser eigenes sündiges Spiegelbild sehen, betroffen sind und uns ändern. Die Zöllner sind in dieser Hinsicht wirklich krank, aber sie lassen sich wenigstens behandeln. Wie ist es mit uns? Reagieren wir auch unwirsch, wenn Gott anderen seine Barmherzigkeit zeigt? Sollten wir nicht froh sein und uns mit diesen Menschen mitfreuen, dass sie zu Gott umkehren? Uns erinnert diese ganze Situation an das Gleichnis vom verlorenen Sohn. Auch dort geht es nicht nur um einen einzigen Sohn, sondern um zwei, die je auf ihre Weise versöhnt werden müssen. Wollen wir zum unbarmherzigen großen Bruder werden, der dem jüngeren die Umkehr nicht gönnt?
Wenn Jesus dann am Ende noch sagt: „Ich bin nicht gekommen, um Gerechte zu rufen, sondern Sünder“, müssen wir genau überlegen, was Jesus damit meint. Im griechischen Original steht es tatsächlich so: Gerechte und Sünder. Jesus beruft dabei Menschen, nicht ihre Sünde. Wen Jesus ruft, der wird dabei immer verändert. Wir denken z.B. an Zachäus, der am Ende alles, was er zuviel eingenommen hat, sogar noch vierfach zurückgezahlt hat. Wir denken auch an Maria Magdalena, die durch die Begegnung mit Jesus von sieben Dämonen befreit worden ist und von da an Jesu Verkündigung u.a. finanziell unterstützt hat. Die Sünder waren keine Sünder mehr, aber befreit wurden sie erst davon, als sie es einsahen und umkehrten. Deshalb sagt Jesus, dass er Sünder beruft, nicht Gerechte – Sünder ist jeder Mensch, aber nicht jeder erkennt sich als Sünder. Ihm nachfolgen kann nur, wer die Demut besitzt, sich zu sehen, wie man wirklich ist, arm und erlösungsbedürftig. Wer sich selbst aber als Gerechter bezeichnet, der keiner Umkehr bedarf, kann Jesus nicht nachfolgen. Es geht also bei der Aussage Jesu weniger darum, wie viel, wie arg, welche Art von Sünde man auf dem Konto hat, sondern vielmehr darum, wie viel man von den Sünden tatsächlich bereut. Gleichzeitig verharmlost er keine einzige Sünde. Sonst würde er nicht zu den großen Sündern sagen: „Geh und sündige von nun an nicht mehr.“
Was hat das mit König Saul zu tun oder mit König David, dem frommen Psalm-Komponisten? Denken wir an Saul, sehen wir einen schönen Menschen, der Potenzial hat. Leider werden wir lesen, dass sich sein Potenzial nicht realisieren wird, sondern sich zum Schlechten wendet. Er wird die Chancen nicht nutzen, die Gott ihm schenkt, er wird David sogar nach dem Leben trachten, weil er sich auf dessen Gnade und Macht konzentrieren wird, die er ihm nicht gönnt. Was den Psalm betrifft, sehen wir ebenfalls ein gutes Beispiel für die Berufung von Sündern: David ist ein so gottesfürchtiger und frommer Mann – und dennoch ein gar nicht so kleiner Sünder. Er begeht u.a. eine der gravierendsten Sünden, den Ehebruch. Aber er ist ein reumütiger Mensch. Er bereut die Sünde und bekennt sie sogar. Darin ist er uns ebenfalls ein Vorbild: Kein Mensch ist ohne. Keiner kann von sich sagen: „Ich bin so gerecht, ich brauche nicht umzukehren. Ich muss nicht zur Beichte.“ Sogar Petrus, der von allen Aposteln die größte Aufgabe erhalten hat, tat eine gravierende Sünde, einen Hochverrat an Gott. Das Entscheidende ist aber, dass er es sofort bereut hat und sein ganzes Leben dafür gesühnt hat.
Diese Menschen waren Sünder – und erkannten sich vor allem als Sünder. Sie erkannten, dass alles Gute, was sie taten, nicht von ihnen selbst kam, sondern von Gott. Wir haben darüber schon beim Psalm nachgedacht. Gottes Herrlichkeit ist es, die durch die guten Taten offenbart wird, nicht unser eigenes Ego. Wenn man allerdings selbstgerecht ist, verwechselt man genau dies. Man denkt, dass das Gute vollkommen eigenes Verdienst ist (gewiss tun wir unser Bestes, aber es ist immer ein Teamwork und nicht unser eigenes Gutsein).
Solche Menschen beruft Gott. Menschen, die ihr echtes, unvollkommenes Ich sehen und wissen, dass alles Gute von Gott kommt. Seien wir bekennende Sünder – erkennen wir unsere eigene Erlösungsbedürftigkeit. Das heißt nicht, dass wir schön weiter sündigen, sondern damit aufhören sollen. Wenn wir anfangen, echt zu sein, werden wir zu brauchbarem Material, aus dem Gott schöne Gefäße für sein Werk formen kann.
Ihre Magstrauss