1 Sam 24,3-21; Ps 57,2.3-4.6 u. 11; Mk 3,13-19
1 Sam 24
3 Da nahm Saul dreitausend Mann, ausgesuchte Leute aus ganz Israel, und zog aus, um David und seine Männer bei den Steinbock-Felsen zu suchen.
4 Auf seinem Weg kam er zu einigen Schafhürden. Dort war eine Höhle. Saul ging hinein, um seine Notdurft zu verrichten. David aber und seine Männer saßen hinten in der Höhle.
5 Da sagten die Männer zu David: Das ist der Tag, von dem der HERR zu dir gesagt hat: Sieh her, ich gebe deinen Feind in deine Hand und du kannst mit ihm machen, was dir richtig erscheint. Da stand David auf und schnitt heimlich einen Zipfel von Sauls Mantel ab.
6 Hinterher aber schlug David das Gewissen, weil er einen Zipfel vom Mantel Sauls abgeschnitten hatte.
7 Er sagte zu seinen Männern: Der HERR bewahre mich davor, meinem Gebieter, dem Gesalbten des HERRN, so etwas anzutun und Hand an ihn zu legen; denn er ist der Gesalbte des HERRN.
8 Und David fuhr seine Leute mit scharfen Worten an und ließ nicht zu, dass sie sich an Saul vergriffen. Als Saul die Höhle verlassen hatte und seinen Weg fortsetzte,
9 stand auch David auf, verließ die Höhle und rief Saul nach: Mein Herr und König! Als Saul sich umblickte, verneigte sich David bis zur Erde und warf sich nieder.
10 Dann sagte David zu Saul: Warum hörst du auf die Worte von Leuten, die sagen: Gib Acht, David will dein Verderben.
11 Doch heute kannst du mit eigenen Augen sehen, dass der HERR dich heute in der Höhle in meine Hand gegeben hat. Man hat mir gesagt, ich solle dich töten; aber ich habe dich geschont. Ich sagte: Ich will nicht die Hand an meinen Herrn legen; denn er ist der Gesalbte des HERRN.
12 Sieh her, mein Vater! Hier, der Zipfel deines Mantels ist in meiner Hand. Wenn ich einen Zipfel deines Mantels abgeschnitten und dich nicht getötet habe, dann kannst du erkennen und einsehen, dass ich weder Bosheit noch Aufruhr im Sinn habe und dass ich mich nicht gegen dich versündigt habe; du aber stellst mir nach, um mir das Leben zu nehmen.
13 Der HERR soll zwischen mir und dir entscheiden. Der HERR soll mich an dir rächen; aber meine Hand wird dich nicht anrühren,
14 wie das alte Sprichwort sagt: Von den Frevlern geht Frevel aus; aber meine Hand soll dich nicht anrühren.
15 Hinter wem zieht der König von Israel her? Wem jagst du nach? Einem toten Hund, einem einzigen Floh!
16 Der HERR soll unser Richter sein und zwischen mir und dir entscheiden. Er blicke her, er soll meinen Rechtsstreit führen und mir dir gegenüber Recht verschaffen.
17 Als David das zu Saul gesagt hatte, antwortete Saul: Ist das nicht deine Stimme, mein Sohn David? Und Saul begann laut zu weinen
18 und sagte zu David: Du bist gerechter als ich; denn du hast mir Gutes erwiesen, während ich böse an dir gehandelt habe.
19 Du hast heute bewiesen, dass du gut an mir gehandelt hast; obwohl der HERR mich in deine Hand gegeben hatte, hast du mich nicht getötet.
20 Wenn jemand auf seinen Feind trifft, lässt er ihn dann im Guten seinen Weg weiterziehen? Der HERR möge dir mit Gutem vergelten, was du mir heute getan hast!
21 Jetzt weiß ich, dass du König werden wirst und dass das Königtum in deiner Hand Bestand haben wird.
Gestern hörten wir bereits von der Eifersucht Sauls, der Gottes Hand auf David immer mehr erahnt. Er möchte sogar so weit gehen, David grundlos umbringen zu lassen, doch sein Sohn kann ihn noch davon abbringen. Jonatan ist ein richtiger Freund, wie man ihn sich wünscht. Er bewahrt David vor einer ungerechten Ermordung. Es ist deshalb so ungerecht, weil David sich erstens nichts hat zu Schulden kommen lassen, zweitens Saul sogar einen großen Dienst erwiesen hat. Die Beziehung zwischen Saul und David wird auch heute noch einmal eskalieren und erinnert umso mehr an ein „Königsduell“ aus dem NT, über das wir gleich noch nachdenken werden.
Der Ausschnitt aus dem heutigen Kapitel erfolgt nach einigen weiteren Ereignissen, in denen z.B. von mehrfachen dämonischen Angriffen oder sogar von einer Besessenheit Sauls berichtet wird. Immer, wenn der Dämon Überhand gewinnt, versucht Saul David zu töten (z.B. mit Speeren oder indem er jemanden zum Mord beauftragt). Davids Frau Michal, die zugleich die Tochter Sauls ist, hilft ihm, zu entkommen. David versteckt sich dann z.B. bei Samuel im Prophetenhaus und gerät zusammen mit den Propheten in Ekstase. Der Geist Gottes kommt auch über die Boten, die Saul hinschickt und sogar über Saul selbst. Dann muss David sich tagelang auf einem Feld verstecken, dann flüchtet er ganz aus der Gegend. Insgesamt verliert er aber kein böses Wort über Saul und stellt diesen niemals bloß. Das spricht sehr für Davids Barmherzigkeit. Saul wird immer paranoider und lässt diejenigen töten, die in Davids Flucht involviert sind, so auch Priester und Propheten. David sammelt um sich mehrere hundert Männer und schafft es immer wieder, Saul zu entkommen. Und dann passiert etwas Skurriles. Es kommt so, dass Saul sich in eine ungeschützte Situation begibt, in der David ihn theoretisch umbringen kann: Er verrichtet seine Notdurft in einer Höhle, in der David sich versteckt hält. Doch er tut dies nicht, sondern schneidet nur einen Zipfel von Sauls Mantel ab. Warum beendet er die Misere nicht einfach? David weiß, dass Saul ein schlechter König ist und dass er für ihn eine große Bedrohung ist. Zugleich ist ihm aber auch bewusst, dass Saul ein von Gott gesalbter Mensch ist, also Gott geweiht. Er versteht, dass unabhängig davon, wie Saul lebt, er Gottes besonderes Eigentum ist, das David nicht antasten darf.
Das ist für uns ein ganz großes Zeugnis. Wie oft reden wir schlecht über Priester, Bischöfe oder den Papst und verhalten uns ihnen gegenüber respektlos. Dabei sind sie Gottes Augapfel, sein Eigentum. Sie sind geweiht, sie sind gesalbt mit dem Hl. Geist. Man muss dringend unterscheiden zwischen der unvergleichlichen Würde, die einem Geistlichen durch die Weihe zukommt, und seinen charakterlichen Schwächen, seinen Sünden und seinem unmoralischen Lebenswandel. Diese darf man und muss man gewiss kritisieren, darf davon ausgehend aber nicht auf seine Würde schließen, darf auch nicht das Verhalten gegenüber dem Geweihten davon abhängig machen. So oder so artet es in einen Klerikalismus aus, wenn wir beide Ebenen nicht sauber voneinander trennen – in einen negativen („Er ist ein Sünder, also sind die Sakramente bei ihm nicht gültig“) oder positiven Klerikalismus („Ich darf ihn nicht kritisieren und alles, was er sagt, ist unfehlbar“).
David ist der Inbegriff der Barmherzigkeit und Demut im Alten Testament. Er selbst ist ein Gesalbter Gottes und doch wirft er sich vor so einem großen Sünder wie Saul nieder. Er zeigt ihm den Zipfel des Mantels, um ihm zu beweisen, dass er keine Meuterei plant, dass er Saul nichts Böses möchte und ihn verschont, obwohl die Männer Davids ihn zum Töten auffordern. Ich habe die letzten Tage immer wieder erwähnt, dass David sehr „fortschrittlich“ ist in seiner Gottesbeziehung und in seiner Gotteserkenntnis. Heute sehen wir absolut typologisch zu Jesus, was Feindesliebe ist und wie sie die Spirale der Gewalt durchbricht. David verschont den, der ihn umbringen will, obwohl er selbst als absolut Unschuldiger verfolgt worden ist. Er wirft sich in den Staub vor seinem Erzfeind und nennt sich selbst einen Floh und einen toten Hund. Das berührt Saul. Das beendet die Fehde. Nur Liebe kann den Hass überwinden. Zorn gegen Zorn ist aber Öl ins Feuer.
In dieser Situation geht Saul sein eigenes Fehlverhalten auf und Davids Barmherzigkeit berührt ihn zutiefst. Er weint, weil er endlich bereut, was er getan hat. Er erkennt auch endlich, dass David im Gegensatz zu ihm ein würdiger Thronanwärter für das gesamtisraelitische Königtum ist.
Jesus wird zu uns sagen: Liebet eure Feinde, betet für die, die euch hassen. Er wird uns sogar auffordern, die andere Wange hinzuhalten usw. Nur so können wir den Hass in unserem Leben vertreiben. Das kostet viel Demut und Überwindung, denn wir sehen bei Jesus selbst, wie sich die Menschen in seinem Leiden und Tod über ihn lustig machen. Aber am Ende hat er die Welt verändert und etliche Herzen für sich gewonnen. Er hat seine Würde auf das himmlische Königtum absolut bewiesen so wie David seine Kompetenz für das irdische Königtum.
Wie geht es weiter? Saul vergisst die barmherzige Tat, die David ihm erwiesen hat, und verfolgt ihn weiterhin. David erhält erneut die Chance, Saul umzubringen, und verschont ihn wieder. Am Ende wird Saul sich in einer Schlacht gegen die Philister selbst umbringen, bevor er von seinen Gegnern besiegt werden kann. Sie schänden seinen Leichnam und treiben schlimmsten Götzendienst. Er findet leider ein schändliches Ende.
Die ganze tragische Geschichte Sauls und seiner Eifersucht gegenüber David erinnert sehr stark an Jesus und Herodes. Auch dort ist ein König an der Macht, der eigentlich „illegal“ ist. Er ist von Haus aus Idumäer und seine Vorfahren zum Judentum zwangsbekehrt worden. Er gehört also weder einem der zwölf Stämme Israels an noch ist er Judäer. Der rechtmäßige König soll aus dem Stamm Juda kommen. Zu seiner Zeit läuft so einiges gehörig schief. Auch das Priestertum ist nicht mehr das traditionelle, gottgewollte aaronitische Priestertum, sondern seit der Makkabäerzeit ein politisches, das in Gottes Augen eigentlich keine Berechtigung hat. Das verstehen so auch die Essener, die deshalb der Tempellobby kritisch gegenüberstehen und für das traditionelle Priestertum plädieren. Da kommen die Weisen aus dem Morgenland und berichten dem paranoid angehauchten König Herodes von einem aufgehenden Stern und einem neugeborenen König. Dies lässt ihn in seiner ganzen Existenz erzittern. Wenn ein judäischer König auftaucht, sind seine Tage gezählt. Er tut dann ebenfalls wie Saul alles dafür, diesen Anwärter zu töten. Doch Gottes Hand ist auf seinem geliebten Sohn, sodass Herodes Jesus nicht töten kann.
Der Mensch verkommt zu einer Bestie, wenn er seiner Eifersucht nachgibt. Wir denken an die vielen Familientragödien, in denen Eifersucht ganze Ehen zerstört, Menschenleben gekostet und glückliche Seelen erschüttert hat. Sie ist Antrieb in jeder mittelmäßigen Seifenoper und kein Roman kommt ohne sie aus. Ganze Kriege sind aufgrund von Eifersucht geführt worden.
Lassen wir uns auf diese Versuchung nicht ein. Geben wir jede schlechte Emotion Gott ab und bitten wir ihn, die Wurzel zu heilen – unsere eigene Unsicherheit. Geben wir ihr keinen Raum, unsere eigene Seele zu verderben. Dann retten wir nicht nur uns, sondern auch unser gesamtes Umfeld.
Ps 57
2 Sei mir gnädig, Gott, sei mir gnädig, denn ich habe mich bei dir geborgen, im Schatten deiner Flügel will ich mich bergen, bis das Unheil vorübergeht.
3 Ich rufe zu Gott, dem Höchsten, zu Gott, der mir beisteht.
4 Er sende vom Himmel und rette mich, es höhnte, der mir nachstellt. Gott sende seine Huld und seine Treue.
6 Erhebe dich über den Himmel, Gott! Deine Herrlichkeit sei über der ganzen Erde!
11 Denn deine Liebe reicht, so weit der Himmel ist, deine Treue, so weit die Wolken ziehn.
Heute beten wir als Psalm eine Reflexion Davids gegenüber seinem Leben in ständiger Verfolgung. „Sei mir gnädig, Gott, sei mir gnädig“ muss unser tägliches und immerwährendes Gebet sein. Egal in welcher Lage wir uns befinden. Es ist das Stoßgebet, das immer auf unseren Lippen sein muss. Vergessen wir nie, dass in jeder Lebenslage wir auf Gottes Gnade angewiesen sind und er uns seine unendliche Barmherzigkeit immer schenken möchte.
„Ich habe mich bei dir geborgen“ kann David immer wieder sagen. Gott hat seinen Gesalbten „im Schatten [s]einer Flügel“ geborgen, sodass Saul ihm nichts anhaben kann. David hat Gott stets sein Vertrauen bekundet. Er tröstet noch die Menschen um ihn herum, die wegen ihm in Lebensgefahr schweben wie der eine Priester, der Sauls Tötungsauftrag entkommt und zu David flieht. Er weiß, dass Gott ihn beschützt, weil er noch einen Plan mit ihm hat.
Er ist stets im Gebet mit Gott verbunden, der ihm beisteht.
Wenn David betet: „Er sende vom Himmel und rette mich“, klingt dies schon sehr messianisch. Vom Himmel sendet Gott nämlich seinen eingeborenen Sohn Jesus Christus, den Retter, dessen Name „Gott rettet“ bedeutet.
Mit dem Nachsteller ist König Saul gemeint, vor dem David immer wieder flüchten muss. Er betet um Gottes Treue, das heißt darum, dass Gott sein Versprechen hält, ihn zu beschützen.
Gottes Herrlichkeit auf der ganzen Erde ist eine Sehnsucht nach universaler Offenbarung. Diese ist uns mit Jesus schon geschenkt worden, dessen Evangelium sich in der ganzen Welt ausgebreitet hat. Dies wird sich aber vollenden am Ende der Zeiten, wenn Jesus in seiner Herrlichkeit wiederkommt. Dann wird ihn jedes Auge sehen.
Gott ist wirklich treu und seine Liebe ist grenzenlos. Dass David dies betet, bekundet seinen Glauben und seine innige Gottesliebe. Er ist auch in seiner Notsituation ein großes Vorbild für uns, weil er nicht hadert, nicht murrt, sondern innig und vertrauensvoll bittet.
Der gesamte Psalm ist für uns ein wertvoller Schatz. Auch wir dürfen von Herzen glauben, dass Gott uns beisteht bei allem, was wir tun und erleiden. Er lässt uns nicht zugrunde gehen, auch wenn uns so manches ab und zu in die Knie zwingt. Das muss auch manchmal sein, damit wir nicht vergessen, dass wir Gottes Barmherzigkeit bedürfen. Wie wir dann in Notsituationen reagieren, ist unsere Bewährungsprobe. Vertrauen wir ganz auf Gottes Rettung und darauf, dass er treu ist. Wenn er uns verspricht, uns zu segnen und durch alles hindurch zu tragen, wird er das auch in der aktuellen Situation tun.
Darauf können wir auch als Kirche vertrauen. Die heutigen Entwicklungen, Versuchungen und vor allem Verfolgungen sind sehr drastisch und doch dürfen wir nicht das Handtuch werfen. Gott trägt uns auch durch diese Epoche und dann wird es eine Erneuerung der Kirche geben. Sie wird neu aufblühen und von neuem wird es einen brennenden Glauben geben. Wir müssen nur darauf vertrauen, dass Jesus es ernst meinte, als er sagte: „Und die Mächte der Finsternis werden sie nicht überwältigen.“
Wir dürfen darauf vertrauen, dass am Ende der Zeiten Gottes Herrlichkeit alles überbieten wird, was wir jetzt an Dunkelheit erleben. Gott wird mit dem Bösen abrechnen und es wird dann keine Not und kein Leiden mehr geben. Glauben wir ihm das, auch gerade dann, wenn es angesichts so vieler Missstände irreal erscheint.
Mk 3
13 Jesus stieg auf einen Berg und rief die zu sich, die er selbst wollte, und sie kamen zu ihm.
14 Und er setzte zwölf ein, damit sie mit ihm seien und damit er sie aussende, zu verkünden
15 und mit Vollmacht Dämonen auszutreiben.
16 Die Zwölf, die er einsetzte, waren: Petrus – diesen Beinamen gab er dem Simon – ,
17 Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und Johannes, der Bruder des Jakobus – ihnen gab er den Beinamen Boanerges, das heißt Donnersöhne – ,
18 dazu Andreas, Philippus, Bartholomäus, Matthäus, Thomas, Jakobus, der Sohn des Alphäus, Thaddäus, Simon Kananäus
19 und Judas Iskariot, der ihn dann ausgeliefert hat.
Heute lesen wir im Evangelium von der Erwählung des Zwölferkreises, dem innersten Kreis um Jesus herum, deren Mitglieder wir Apostel nennen. Diese Männer, die namentlich aufgezählt werden, erhalten Vollmachten von Jesus, hier explizit genannt wird der Exorzismus. Das Markusevangelium betont Jesu Dämonenaustreibungen ganz besonders. Die Apostel bekommen so eine große Vollmacht, die den Sieg Gottes über die Mächte des Bösen ganz konkretisiert. Es ist die Zeit gekommen, dass der Satan in die Knie gezwungen wird, der so viel auf Erden angerichtet hat. Dass Jesus gekommen ist, um die Tür zum Paradies wieder freizugeben, ist dem Satan nämlich ein riesiger Strich durch die Rechnung. Dieser wollte den Menschen das Heil nehmen, das er selbst verloren hat (nach dem Motto „wenn ich es schon nicht haben kann, sollen sie es auch nicht haben“). Die Exorzismen sind ein ganz großes Zeichen dieser Erlösung, bevor sie am Kreuz besiegelt wird.
Am Ende der Aufzählung wird auch Judas Iskariot genannt, der Jesus später verraten wird. Uns wird heute ganz bewusst, dass Gott jedem Menschen eine Chance gibt. Er beruft unterschiedliche Charaktere, auch solche, von denen er genau weiß, dass sie „anfälliger“ sind: Er beruft Saul, der zur Eifersucht neigt, und er beruft Judas Iskariot, obwohl er habgierig und illoyal ist. Er versucht alles, um ihre positiven Eigenschaften zu fördern, doch sie verspielen die Gnade Gottes selbst durch ihre Ablehnung. Judas sowie Saul versuchen, Gott unter die Arme zu greifen und bilden sich ein, sie wüssten es besser.
Bei Judas wird der größte Fehler nicht der Verrat sein, sondern die Ablehnung der Barmherzigkeit Gottes. Er wird nicht glauben können, dass Gott ihm vergibt. Darin ist Saul ihm überlegen, wenn auch nur temporär. Wir lesen davon heute, wie Saul von der Barmherzigkeit Gottes berührt wird, die er durch Davids Gnadenakt erhält. Er nimmt sie an im Gegensatz zu Judas.
Was ist mit uns? Können wir uns selbst vergeben, wenn wir uns vor Gott und den Menschen schwer versündigt haben? Glauben wir daran, dass Gottes „Liebe reicht, so weit der Himmel ist“, wie David im Psalm heute betet? Dass seine Liebe größer ist als unsere schlimmste Sünde? Es gibt nichts, was Gott uns nicht vergeben möchte, solange wir von Herzen bereuen. Wenn wir seine Barmherzigkeit leugnen, nennen wir das die Sünde gegen den Hl. Geist.
Wir lernen heute davon, dass Gott jedem Menschen eine Chance gibt – und zwar Tag für Tag aufs Neue. Immer wieder meldet er sich mit seiner Barmherzigkeit, weil er uns für sich gewinnen möchte. Besonders die Gesalbten, die Geweihten möchte Gott heiligen. Dafür müssen sie sich aber auch heiligen lassen. Saul bekommt immer wieder neue Chancen und nutzt sie kurzweilig, bevor er wieder „rückfällig“ wird. Judas gehört zu den Aposteln, ist also ein besonders Berufener. Und doch ist er ein Sünder. Gott beruft keine perfekten Menschen. Die gibt es nicht. Auch heutzutage sind Priester, Diakone, Bischöfe, selbst der Papst Sünder. Gott versucht Tag für Tag, sie heiliger zu machen und ihnen Lektionen zu erteilen. Er ist dabei besonders streng, weil sie sein Augapfel sind, seine ganz besonderen Kinder. Von ihnen erwartet er am meisten.
Beten wir für alle Gesalbten unserer heutigen Zeit, besonders für die vielen Geistlichen, die charakterliche Schwächen haben, die in schwerer Sünde leben und vor allem für die Geistlichen, die die Barmherzigkeit Gottes nicht annehmen, die sich nicht bekehren wollen und die selbstgerecht sind. Beten wir vor allem für alle Priesterseelen im Fegefeuer, denn viele Menschen meinen fälschlicherweise, dass verstorbene Priester direkt in den Himmel kommen. Sie haben es noch schwerer, dorthin zu kommen, weil Gott von ihnen besonders viel Rechenschaft fordert. Beten wir für sie!
Ihre Magstrauss