Jak 2,14-24.26; Ps 112,1-2.3-4.5-6; Mk 8,34-9,1
Jak 2
14 Was nützt es, meine Brüder und Schwestern, wenn einer sagt, er habe Glauben, aber es fehlen die Werke? Kann etwa der Glaube ihn retten?
15 Wenn ein Bruder oder eine Schwester ohne Kleidung sind und ohne das tägliche Brot
16 und einer von euch zu ihnen sagt: Geht in Frieden, wärmt und sättigt euch!, ihr gebt ihnen aber nicht, was sie zum Leben brauchen – was nützt das?
17 So ist auch der Glaube für sich allein tot, wenn er nicht Werke vorzuweisen hat.
18 Aber es könnte einer sagen: Du hast Glauben und ich kann Werke vorweisen; zeige mir deinen Glauben ohne die Werke und ich zeige dir aus meinen Werken den Glauben.
19 Du glaubst: Es gibt nur einen Gott. Damit hast du Recht; das glauben auch die Dämonen und sie zittern.
20 Willst du also einsehen, du törichter Mensch, dass der Glaube ohne Werke nutzlos ist?
21 Abraham, unser Vater, wurde er nicht aus den Werken als gerecht anerkannt, als er seinen Sohn Isaak auf den Opferaltar legte?
22 Du siehst, dass der Glaube mit seinen Werken zusammenwirkte und dass der Glaube aus den Werken zur Vollendung kam.
23 So hat sich das Wort der Schrift erfüllt: Abraham glaubte Gott und das wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet und er wurde Freund Gottes genannt.
24 Ihr seht, dass der Mensch aus Werken gerechtfertigt wird und nicht aus Glauben allein.
26 Denn wie der Körper ohne den Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke tot.
Heute hören wir nun den Abschnitt aus dem Jakobusbrief, der Luther dazu veranlasste, sie als „stroherne Epistel“ zu bezeichnen und grundsätzlich eine Werksgerechtigkeit zu unterstellen. Es geht um das Verhältnis zwischen Glauben und Werken. Jakobus stellt die rhetorischen Fragen: „Was nützt es, (…) er habe Glauben, aber es fehlen die Werke? Kann etwa der Glaube ihn retten?“ Wenn Jakobus das hier schreibt, dann ist das so zu verstehen, dass ein theoretischer Glaube ohne Werke den Menschen nicht retten kann. Dafür bringt er das Beispiel von Brüdern oder Schwestern ohne Kleidung und Nahrung. Wenn man große Worte macht, aber ihnen selbst nicht das Nötige gibt, bringen die großen Worte nichts. Gott wird dann wie in Mt 25 fragen, was wir getan haben, damit sie das Nötige zum Leben haben. Das hat aber nichts mit Werksgerechtigkeit zu tun, sondern mit einer Kombination von Glauben und Werken. Ein rein theoretischer Glaube ist tot, das heißt wirkungslos. Er ist nicht echt, er ist nicht authentisch, sondern unglaubwürdig.
Eine Trennung von beidem ist töricht, deshalb nennt Jakobus den Adressaten auch „du törichter Mensch“. Er stellt anhand eines drastischen Vergleichs heraus, wie gefährlich die Trennung von Glauben und Werken ist: Die Dämonen glauben auch an Gott und dass es nur einen gibt. Und doch sind sie eine gefallene Schöpfung! Also dies allein macht sie noch nicht gerecht vor Gott. Das Bekenntnis an sich ist ja nicht schlecht, muss sich aber durch ein bestimmtes Verhalten bewähren.
Dafür bringt Jakobus das Beispiel Abrahams: Er glaubte Gott im Sinne von „vertrauen“, was eine andere Übersetzung des griechischen Wortes πιστεύω pisteuo ist. Er vertraute darauf, dass Gott gut ist und nur das beste will. Und dies hat er nicht einfach nur behauptet, sondern durch sein Verhalten bewiesen. Er legte seinen Sohn auf den Opferaltar und zückte schon den Dolch. So sehr hat er Gott vertraut. Was die Werke also tun, ist die „Vollendung“ des Glaubens, wie es in Vers 22 heißt. In diesem Sinne ist es der Glaube, der Abraham gerecht gemacht hat (Vers 23).
Vers 24 schlussfolgert daraufhin, dass der Mensch NICHT aus Glauben allein gerechtfertigt wird, sondern aus Werken, nämlich solchen, die den unerschütterlichen Glauben beweisen.
Und ein rein theoretischer verbal ausgedrückter Glaube ist tot wie ein Körper ohne Seele.
Das alles sind wichtige Worte und diese widersprechen keinesfalls den Paulusbriefen, vor allem nicht dem Römerbrief, wo der Glaubensgehorsam so betont wird. Man muss die Texte richtig verstehen und darf sie nicht gegeneinander ausspielen. Das ist nicht der Wille Gottes, der beide Texte gleichermaßen als Hl. Schrift wollte.
Ps 112
1 Halleluja! Selig der Mann, der den HERRN fürchtet und sich herzlich freut an seinen Geboten.
2 Seine Nachkommen werden mächtig im Land, das Geschlecht der Redlichen wird gesegnet.
3 Wohlstand und Reichtum füllen sein Haus, seine Gerechtigkeit hat Bestand für immer.
4 Im Finstern erstrahlt er als Licht den Redlichen: Gnädig und barmherzig ist der Gerechte.
5 Glücklich ein Mann, der gnädig ist und leiht ohne Zinsen, der nach dem Recht das Seine ordnet.
6 Niemals gerät er ins Wanken; ewig denkt man an den Gerechten.
Heute beten wir einen Makarismus, eine Seligpreisung des Gottesfürchtigen im Psalm.
Selig zu preisen ist jener, der gottesfürchtig ist und an Gottes Geboten Gefallen hat. Im Hebräischen steht dort wörtlich „und die Gebote sehr wünscht“. Das Wünschen steht hier im Partizip und betont die anhaltende Sehnsucht nach Gottes Geboten, also ein Leben lang.
Wer so eingestellt ist, hat Segen von Gott. Dies wird anhand der typischen Segensindizien ausgedrückt: zahlreiche Nachkommen (Vers 2), Wohlstand und Reichtum (Vers 3), bestehende Gerechtigkeit (Vers 3).
Für die Gerechten, also für die anderen Gottesfürchtigen, strahlt er als Licht in der Finsternis, denn es ist ein Hoffnungsschimmer in der dunklen Nacht. Die anderen realisieren, dass sie mit ihrer Nachfolge Gottes nicht allein sind (das ist, was hier mit „Redlichen“ gemeint ist). Ein gemeinschaftlich erlebter Glaube hat es viel einfacher als ein einsam gelebter Glaube.
Und der nächste Satz ist nicht widersprüchlich, sondern beschreibt, wie auch Gott vom Wesen her ist: „Gnädig und barmherzig ist der Gerechte.“ Der Mensch muss so sein, weil er Abbild Gottes ist, der zugleich der Gerechte und der Barmherzige ist.
Diese Barmherzigkeit zeigt sich konkret z.B. an dem Verleih ohne Zinsen (Vers 5). So zu sein macht glücklich, weil man dann der Habgier nicht so schnell verfällt, die einen beherrschen und einschränken kann. Vor Gott ist so ein Mensch gut (dort steht טֹֽוב tov, „gut“), also gerecht.
Der Psalm ist ein Zeugnis dafür, wie jemand gottesfürchtig ist – nicht nur durch „Herr, Herr“-Bekenntnis, sondern gerade auch durch barmherziges Handeln.
Wenn es dann im letzten Vers heißt „ewig denkt man an den Gerechten“, ist das auch ein Ausdruck von Segen. Das Vergessen des Namens durch die nachfolgenden Generationen ist nämlich ein Fluch und Zeichen des Todes. Dass man dagegen im Namen weiterbesteht, ist Zeichen des Wohlwollens Gottes.
Mk 8
34 Er rief die Volksmenge und seine Jünger zu sich und sagte: Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.
35 Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen und um des Evangeliums willen verliert, wird es retten.
36 Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt?
37 Um welchen Preis könnte ein Mensch sein Leben zurückkaufen?
38 Denn wer sich vor dieser treulosen und sündigen Generation meiner und meiner Worte schämt, dessen wird sich auch der Menschensohn schämen, wenn er mit den heiligen Engeln in der Herrlichkeit seines Vaters kommt.
1 Und er sagte zu ihnen: Amen, ich sage euch: Von denen, die hier stehen, werden einige den Tod nicht schmecken, bis sie gesehen haben, dass das Reich Gottes in Macht gekommen ist.
Das heutige Evangelium schließt sich an die harsche Kritik an Petrus an, der Jesus für seine Leidensankündigung Vorwürfe gemacht hat. Jesus möchte die Notwendigkeit des Leidens verdeutlichen und ruft dafür die ganze Volksmenge zusammen, nicht nur die Jünger.
Er erklärt nun, dass die Jüngerschaft und Nachfolge Christi nur mit Kreuztragen möglich ist. Zu jener Zeit ist das für die Zuhörer womöglich unklar, denn dass er sein Kreuz tragen wird, ist zu jenem Zeit nicht jedem bekannt. Und doch ist es ein vertrautes Bild: Das Kreuztragen war Bestandteil der schändlichen Hinrichtung in Form von Kreuzigung. Es glich einem Spießrutenlauf und durch die Stadt hindurchlaufend gab man den Bewohnern die Gelegenheit, den Hinzurichtenden zu beschimpfen und zu bespucken. Wenn Jesus nun das Kreuztragen als notwendige Bedingung für seine Nachfolge herausstellt, heißt es, dass man in seinem Namen viel Spott und Hohn ertragen muss. Auch die Schmerzen und die Last des Kreuzes sind ein wichtiger Bestandteil: Als Jünger Jesu muss man eine Last tragen und sich diese freiwillig auferlegen. Weil es eine höchst schändliche Sache ist, verleugnet man sich selbst dabei. Das heißt man gibt das eigene Ansehen freiwillig auf für ein viel höheres Gut.
Wer krampfhaft versucht ist, immer gut dazustehen, ein möglichst bequemes Leben zu haben und in allem immer den eigenen Vorteil zu suchen, der wird das Leben verlieren. Dies dürfen wir moralisch verstehen – der wird den Stand der Gnade und somit das Leben verlieren. Dies dürfen wir aber vor allem anagogisch auslegen – der wird das ewige Leben verlieren, den Himmel.
Umgekehrt heißt es, dass wer sein irdisches Leben verliert – also Gott zuliebe auf Ansehen und guten Ruf verzichtet, von Gott belohnt werden wird – moralisch gesehen mit dem Stand der Gnade und anagogisch gesehen mit dem ewigen Leben. Im äußersten Fall kann der Verlust des irdischen Lebens wortwörtlich gemeint sein, also Martyrium. Deshalb glaubt die Kirche, dass die Märtyrer sofort zu Gott kommen. Sie haben ihm zuliebe nämlich am radikalsten ihr Leben verloren. Deshalb werden sie auch sofort dafür belohnt.
Jesus stellt die Absurdität heraus, sein vorübergehendes, auf wenige Jahre beschränktes irdisches Leben retten zu wollen um den Preis des Verlustes des ewigen Lebens (Vers 36). Dieser Verlust ist irreversibel, man kann das ewige Leben nicht zurückkaufen, wenn es erstmal zu spät ist. Gewiss haben wir Menschen die Chance zur Umkehr, solange wir leben, aber unser Ende ist ja unbekannt, weshalb es ein unvernünftiges Risiko darstellt, dies auf die leichte Schulter zu nehmen.
Jesus wird noch deutlicher. Wer sich seiner schämt, für den wird Jesus sich dann beim Gericht vor dem Vater schämen. Das können wir nicht verharmlosen und zugleich betonen, dass Jesus nicht der einzige sein wird, der sich schämt. Wir selbst werden uns für unseren Hochverrat schämen, weil wir dann sehen werden, was wir Gott angetan haben.
Wie wir uns in unserem irdischen Leben verhalten, wird Auswirkungen im ewigen Leben haben. Gott ist barmherzig und bereit, zu vergeben. Aber er ist auch der Gerechte und wird von uns Rechenschaft verlangen.
Am Schluss hören wir einen Vers, den man richtig verstehen muss: Von den Anwesenden werden einige den Tod nicht schmecken, bis sie gesehen haben, dass das Reich Gottes in Macht gekommen ist. Wie muss man das verstehen?
„Den Tod nicht schmecken“ meint sterben – sie werden zu ihren Lebzeiten noch etwas erleben. Wir können das Kommen des Reiches Gottes in Macht auf zweierlei Weise verstehen: einerseits als die Wiederkunft Christi am Ende der Zeiten, andererseits als Auferstehung Jesu Christi. So oder so ist das Kommen des Reiches mit der Person Jesu Christi verknüpft und an anderer Stelle sagt Jesus nicht nur, dass das Reich angebrochen ist, sondern schon mitten unter den Menschen ist. Im Grunde gibt es noch weitere Auslegungen dessen: Einige werden noch die Geburt der Kirche erleben, in der das Reich Gottes auf Erden schon etabliert ist. Einige werden das Reich Gottes gekommen sehen durch die vielen messianischen Heilstaten Jesu noch vor seinem Tod. Die erste Möglichkeit – also das Kommen des Menschensohnes am Ende der Zeiten, kann weniger gemeint sein, denn die Generationen von damals sind bereits gestorben. Dann müsste der Begriff des Sterbens noch anders gemeint sein. Es heißt an anderer Stelle, dass diese Generation nicht vergehen werde, was wiederum auf die Generation der Kirche zu beziehen ist.
Was Jakobus beschreibt und was der Psalm als tätige Barmherzigkeit schildert, fasst Jesus mit dem Kreuztragen zusammen: Wer wirklich glaubt und deshalb Jesu Jünger sein möchte, kann dies nicht nur theoretisch sein. Die Jüngerschaft hat Konsequenzen und diese reichen weit über die Komfortzone hinaus bis hin zum Verlust des Lebens. Nur so können wir seine Jünger sein und nur so können wir unseren Glauben an Gott beweisen. Wir nehmen die Liebeserklärung eines Menschen ja auch nur dann für voll, wenn er diese Liebe durch Taten sprechen lässt. Und wir nehmen dem Anderen nur dann ab, dass er uns vertraut, wenn er dies nicht nur dahinsagt, sondern sich auch in unsere Arme fallen lässt.
Ihre Magstrauss