1 Kön 18,41-46; Ps 65,10.11-12.13-14; Mt 5,20-26
1 Kön 18
40 Elija aber befahl ihnen: Ergreift die Propheten des Baal! Keiner von ihnen soll entkommen. Man ergriff sie und Elija ließ sie zum Bach Kischon hinabführen und dort töten.
41 Dann sagte Elija zu Ahab: Geh hinauf, iss und trink; denn das Rauschen des Regens ist schon hörbar.
42 Während Ahab wegging, um zu essen und zu trinken, stieg Elija zur Höhe des Karmel empor, kauerte sich auf den Boden nieder und legte seinen Kopf zwischen die Knie.
43 Dann befahl er seinem Diener: Geh hinauf und schau auf das Meer hinaus! Dieser ging hinauf schaute hinaus und meldete: Es ist nichts zu sehen. Elija befahl: Geh sieben Mal hinauf!
44 Beim siebten Mal meldete der Diener: Eine Wolke, klein wie eine Menschenhand, steigt aus dem Meer herauf. Darauf sagte Elija: Geh hinauf und sag zu Ahab: Spanne an und fahr hinab, damit der Regen dich nicht aufhält!
45 Es dauerte nicht lange, da verfinsterte sich der Himmel durch Sturm und Wolken und es fiel ein starker Regen. Ahab bestieg den Wagen und fuhr nach Jesreel.
46 Über Elija aber kam die Hand des HERRN. Er gürtete sich und lief vor Ahab her bis dorthin, wo der Weg nach Jesreel abzweigt.
In der Lesung hören wir heute die Nachgeschichte des spektakulären Zeichens Gottes an Elija und den 450 Baalspropheten. Gott hatte Elija eingegeben, dass er sich mit ihnen auf dem Berg Karmel versammeln sollte, um durch ein Zeichen zu beweisen, dass er der einzig wahre Gott ist. Das versammelte Volk fiel vor Gott nieder und bekannte sich zu ihm. Das hätte doch eigentlich gereicht, aber Elija tut nun etwas, das uns sehr befremdet. Er veranlasst, dass die Baalspropheten umgebracht werden sollen. Hätte man das nicht anders lösen können? Warum gleich Menschenleben ausrotten? Dieser Umstand wird uns wertfrei berichtet. Es klingt nicht durch, ob das Gott gefällt oder ob er selbst das veranlasst hat. Es scheint, dass dieser Befehl auf Elija selbst zurückgeht. Wir müssen bedenken, dass das die normalen Umgangsformen in jener Zeit sind, die man wählt, um die Beleidigung Gottes zu sühnen, auch wenn wir das mit heutigen Augen verurteilen. Wir verstehen heute vielmehr, dass der Götzendienst eine Todsünde ist, die man nicht durch das Töten des Menschen wiedergutmacht, sondern Gott selbst richtet den Todsünder. Der Tod, der den Menschen ereilt, ist der ewige Tod, nicht der physische.
Wir hören dann davon, dass Elija Ahab das Rauschen des Regens ankündigt. Uns muss bewusst sein, dass der Regen dreieinhalb Jahre ausblieb und die entstandene Dürre für eine große Hungersnot gesorgt hatte. Wenn Elija also den Regen ankündigt, ist das eine große Freude. Was er ankündigt, ist nicht nur das Ende der Not, sondern auch des Ursprungs all des Leidens. Der Götzendienst ist beendet, der diese Not überhaupt erst hervorgebracht hat. Durch den Tod der Baalspropheten ist die Sünde gesühnt (das steckt nämlich dahinter: für die Sühne muss jemand sterben). Nun ist die Beziehung zu Gott also wiederhergestellt und die Gnade Gottes fließt wieder – wie ein warmer und erquickender Regen!
Ahab soll ruhig essen und trinken, sich des Lebens freuen und zuversichtlich sein, dass wenn er sich jetzt an Speise und Trank labt, dies nicht die letzte Mahlzeit ist. Es wird Regen fallen und für eine Ernte sorgen. Ahab soll sich zudem stärken, weil er noch eine Reise vor sich hat und vor dem heftigen Regenfall wegkommen muss.
Elija selbst zieht sich auf den Karmel zurück und geht in die absolute Kontemplation. Er versinkt in sich selbst, legt den Kopf zwischen die Knie, ist ganz im Gebet mit Gott versunken. So wie er die Verschließung des Himmels erwirkt hat, tut er es nun mit der Öffnung des Himmels.
Insgesamt siebenmal trägt er seinem Diener auf, auf das Meer zu schauen, um Niederschlag zu erkennen. Beim siebten Mal bildet sich eine kleine Wolke. Elija lässt Ahab sagen, dass er sich nun auf den Weg begeben muss, um vom bald einsetzenden Regen nicht aufgehalten zu werden. Der König hört auf Elija und begibt sich nach Jesreel. Elija zeigt ihm den Weg auf. Wir erfahren, dass die Hand des Herrn auf den Propheten hinabkommt. Er wird vom hl. Geist erfüllt und dazu gedrängt, den König auf dem Weg anzuführen. Er gürtet sich, weil dies die Geste des Aufbruchs ist, wenn man sich auf eine Reise begibt. So begleitet Elija Ahab bis zur Weggabelung, die nach Jesreel führt. Die Sache wird nicht gut ausgehen, weil König Ahab unter dem Einfluss seiner Frau unter Schwur ankündigt, Elija umzubringen, wie es mit den 450 Propheten geschehen ist. Doch auch dann wird der Herr mit ihm sein und ihn stärken.
Ps 65
10 Du hast für das Land gesorgt, es getränkt, es überschüttet mit Reichtum. Der Bach Gottes ist voller Wasser, gedeihen lässt du ihnen das Korn, so lässt du das Land gedeihen.
11 Du hast seine Furchen getränkt, seine Schollen geebnet, du machst es weich durch Regen, segnest seine Gewächse.
12 Du hast das Jahr mit deiner Güte gekrönt, von Fett triefen deine Spuren.
13 In der Steppe prangen Auen, es gürten sich die Höhen mit Jubel.
14 Die Weiden bekleiden sich mit Herden, es hüllen sich die Täler in Korn. Sie jauchzen, ja, sie singen.
Als Antwort beten wir Psalm 65, einen Lobpreispsalm Davids. In dem hier vorliegenden Abschnitt geht es um die Fruchtbarkeit der Natur, die Gott der Schöpfer so wunderbar erhält. Es ist eine Reflexion des Regens Gottes, der in der Lesung endlich auf das verdorrte Land hinabgekommen ist.
Gott ist kein Schöpfer, der nach der Hervorbringung alles sich selbst überlässt. Das ist die Lüge des Deismus. Gott ist vielmehr jemand, der auch „für das Land gesorgt“ hat. Er tränkt es und bringt ihm Reichtum. Damit ist vor allem eine reiche Ernte gemeint und der gute Ertrag ist Zeichen des Segens Gottes. Dieser ist wiederhergestellt in der Lesung, nachdem die Todsünde des Götzendienstes gesühnt worden ist.
„Der Bach Gottes ist voller Wasser, gedeihen lässt du ihnen das Korn, so lässt du das Land gedeihen.“ Auch mit diesen wunderbar poetischen Ausdrücken wird dieser reiche Ernteertrag ausgedrückt. Gott verhindert das Austrocknen des Landes. Das Korn braucht Wasser, sonst bleibt es ein totes Korn. Das kann man wunderbar betrachten. Wir wissen von Jesus, dass er dieses Bild aufgreift und sagt: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht (Joh 12,24). Es stirbt durch das Aufbrechen im Keimprozess. Dafür entsteht neues Leben. Das Keimen funktioniert aber nur, wenn auch ausreichend Wasser vorhanden ist. Jesus Christus ist selbst dieses Korn, das durch den Kreuzestod, das ewige Leben wieder zum Keimen gebracht hat. Und das Wasser, das dafür benötigt worden ist, ist der Heilige Geist, den er ausgehaucht hat auf die ganze Menschheit. Es ist der Geist, der das Weizenkorn der Kirche zum Keimen gebracht hat beim Pfingstereignis und der das ewige Leben jedes Menschen bei der Taufe zum Keimen bringt. Dieser Vorgang ist typologisch zur ersten Schöpfung zu betrachten, bei der der erste Mensch aus Ackerboden geschaffen eine ewige Seele durch denselben Geist Gottes erhält. Der hl. Geist erwirkt die Sündenvergebung. Er ist es, der den Menschen also auch moralisch wieder zum Leben erweckt.
Gottes Geist belebt die ganze Welt, „die Furchen“, „seine Gewächse“. Der Geist Gottes ebnet und macht weich durch den Regen. Das können wir auch wunderbar auf uns Menschen beziehen, die mit dem Heiligen Geist getränkt den Alltag begehen. Durch den Geist geführt und durchwirkt werden wir immer mehr zu Abbildern Gottes, wir werden weich im Sinne zunehmender Tugendhaftigkeit. Wir überwinden unsere Laster nach und nach. Und wenn sich tiefe Furchen gebildet haben im moralischen Sinn, dann gibt uns Gott die Möglichkeit der Versöhnung im Sakrament der Beichte. Dann fließt der Geist Gottes als lebendiges Wasser in uns hinein und durchtränkt uns erneut.
Gott krönt das Jahr mit seiner Güte. Das bezieht sich in diesem hier vorliegenden Bildfeld der Landwirtschaft und Schöpfung vor allem auf das Erntejahr. Das Triefen von Fett ist im Psalmenkontext immer ein Zeichen von Segen und Wohlstand.
Gott sorgt für die Auen, auf die er seine geliebten Kinder als guter Hirte führen möchte. Gott lässt alles blühen und die ganze Schöpfung jubelt in ihrer Pracht und Schönheit. Auch die Tierwelt ist zahlreich und preist Gott mit ihrem ganzen Dasein. Das triefende Fett ist mit gesunden Tieren und reichen Opfern in Verbindung zu bringen.
Gott sorgt für einen großen Reichtum, wenn der Mensch ganz innig in seinem Liebesradius bleibt.
Mt 5
20 Darum sage ich euch: Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit größer ist als die der Schriftgelehrten und der Pharisäer, werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.
21 Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst nicht töten; wer aber jemanden tötet, soll dem Gericht verfallen sein.
22 Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder auch nur zürnt, soll dem Gericht verfallen sein; und wer zu seinem Bruder sagt: Du Dummkopf!, soll dem Spruch des Hohen Rates verfallen sein; wer aber zu ihm sagt: Du Narr!, soll dem Feuer der Hölle verfallen sein.
23 Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst und dir dabei einfällt, dass dein Bruder etwas gegen dich hat,
24 so lass deine Gabe dort vor dem Altar liegen; geh und versöhne dich zuerst mit deinem Bruder, dann komm und opfere deine Gabe!
25 Schließ ohne Zögern Frieden mit deinem Gegner, solange du mit ihm noch auf dem Weg zum Gericht bist! Sonst wird dich dein Gegner vor den Richter bringen und der Richter wird dich dem Gerichtsdiener übergeben und du wirst ins Gefängnis geworfen.
26 Amen, ich sage dir: Du kommst von dort nicht heraus, bis du den letzten Pfennig bezahlt hast.
Im Evangelium hören wir erneut aus der Bergpredigt einen wichtigen Ausschnitt. Es geht um Gerechtigkeit, die mit Beziehung zu tun hat und nicht (nur) mit Buchstabentreue.
Wer vor Gott gerecht sein möchte, muss eine weitaus größere Gerechtigkeit als die der Pharisäer und Schriftgelehrten aufweisen. Denn diese halten erstens gar nicht die vollständige Lehre im ursprünglichen Sinne, zweitens bauen sie ein menschliches Konstrukt darum, das sie statt der göttlichen Gebote halten. Das größte Problem aber besteht in der fehlenden Beziehung. Sie halten die Gebote nicht aus Liebe zu Gott, sondern um der Gebote willen. Dies führt zu einer Äußerlichkeit ohne entsprechende innere Herzenshaltung.
Und dann konkretisiert Jesus, was er damit meint, indem er die Gebote so auslegt, wie Gott sie eigentlich gemeint hat:
Er nimmt als erstes Beispiel das fünfte Gebot „du sollst nicht töten“. „Die Alten“ haben es so ausgelegt, dass man niemanden töten soll. Jesus „radikalisiert“ es jetzt aber im Sinne einer von Grund auf erfolgten Wendung nach innen und stellt heraus, dass schon die Wut auf den Anderen, der Groll, die Rache, die bösen Wünsche gegenüber dem Anderen ein Verstoß gegen das Gebot sind. Ebenso ist es mit Beleidigungen. Er erklärt sie zum verbalen Mord. Nicht nur auf der Ebene des Handelns sündigt man gegen das fünfte Gebot, sondern auch auf den Ebenen der Gedanken und der Worte. Und diese Dinge reichen schon aus, kultisch unrein zu sein. Bevor man ein Opfer im Tempel darbringt, soll man zuerst Frieden schließen. Dabei soll man Friedensstifter sein selbst da, wo der Andere eigentlich die bösen Gedanken gegen einen selbst hegt. Das klingt alles sehr diametral zu dem, was wir in der Lesung gehört haben. Elija lässt die Baalspropheten umbringen. Was gilt für uns? Die die Elijageschichte nicht das Wort Gottes? Widerspricht sich das nicht alles? Das Alte Testament bezeugt uns einen Weg des Lernens und der Entwicklung bis zu Christus, der in göttlicher Autorität die Gebote Gottes auslegt und erfüllt. Was Elija noch nicht besser wissen konnte, erklärt Jesus nun. Für uns gilt, was Jesus gesagt und getan hat. Das heißt aber nicht, dass die Elijageschichte uns nichts mehr zu sagen hat. Sie ist ebenso Wort Gottes, weil sie uns die Geschichte Israels mit Gott aufzeigt. Diese Geschichte gehört nun einmal dazu und das muss man auch nicht verschweigen.
Wenn Jesus dann das Bild des Wegs zum Gericht erwähnt, meint er damit nicht nur, dass man sich so schnell wie möglich versöhnen soll und es möglichst untereinander regeln soll, sondern auch die anagogische Ebene: Versöhne dich jetzt mit Gott und dem Nächsten, solange du noch lebst. Wenn du es bis zum Gericht Gottes nicht getan hast, wird es eine schmerzhafte Sache. Es ist selbst für die Angehörigen schmerzhaft, die einen unversöhnten Streit ihrer Familienmitglieder bis in den Tod begleiten müssen. So wie es besser ist, untereinander den Streit zu klären, bevor man im Gericht ankommt und dann ins Gefängnis muss, so ist es mit der Sühne eigener Sünden. Besser man sühnt sie noch in diesem Leben, denn danach wird es viel schmerzhafter, es im „Gefängnis“ des Fegefeuers abzubezahlen. Die Leiden des irdischen Daseins sind schmerzhaft genug. Wir dürfen diese annehmen und aufopfern zur Sühne unserer eigenen Sünden und der Sünden der ganzen Welt.
Die Dinge, die Jesus hier vor allem konkret als Beispiele anführt, sind für uns wichtig, die wir wirklich in uns gehen und nach ganz vergessenen Leichen im Keller suchen. Er gibt in der Bergpredigt im Grunde Anleitungen, wie eine gründliche Gewissenserforschung aussehen muss. Sie muss dabei vom Grundsatz ausgehen, dass der Mensch eine Beziehung zu Gott hat und jede Sünde ein Streit, ein Konflikt, eine Beleidigung Gottes ist. Er hilft uns, auf unseren moralischen Lebenswandel zu schauen wie Gott. Auch wenn es schmerzhaft ist, sich dann in einem realistischen Bild zu sehen, auch wenn es Überwindung kostet, umzukehren – nur so können wir in eine wirklich innige Beziehung zu Gott kommen, der ja schon an der Schwelle steht und Ausschau nach uns hält – bereit, uns in die Arme zu nehmen, wenn wir zu ihm zurückkehren. Nur so wird es eine echte Versöhnung geben und ein großes Fest wie bei der Rückkehr des verlorenen Sohns.
Ihre Magstrauss