Jer 2,1-3.7-8.12-13; Ps 36,6-7b.8-9.10-11; Mt 13,10-17
Jer 2
1 Das Wort des HERRN erging an mich:
2 Auf! Ruf Jerusalem laut ins Ohr: So spricht der HERR: Ich gedenke deiner Jugendtreue, der Liebe deiner Brautzeit, wie du mir in der Wüste gefolgt bist, im Land ohne Aussaat.
3 Heilig war Israel dem HERRN, Erstlingsfrucht seiner Ernte. Wer davon aß, machte sich schuldig, Unheil kam über ihn – Spruch des HERRN.
7 Ich brachte euch dann in das Gartenland, um euch seine Früchte und Güter genießen zu lassen. Aber kaum seid ihr dort gewesen, da habt ihr mein Land entweiht und mein Eigentum zum Abscheu gemacht.
8 Die Priester fragten nicht: Wo ist der HERR? Die Hüter der Weisung kannten mich nicht, die Hirten des Volkes wurden mir untreu. Die Propheten prophezeiten bei Baal und liefen unnützen Götzen nach.
12 Entsetzt euch darüber, ihr Himmel, erschaudert gewaltig! – Spruch des HERRN.
13 Denn mein Volk hat doppeltes Unrecht verübt: Mich hat es verlassen, den Quell des lebendigen Wassers, um sich Zisternen zu graben, Zisternen mit Rissen, die das Wasser nicht halten.
In der heutigen Lesung hören wir Gottesworte an Jerusalem. Gott kündigt Gericht an aufgrund der Sünden, die seine Braut begeht. Das Bildfeld der Brautschaft wird wie so oft aufgegriffen und Jerusalem als Jugendtreue bezeichnet. Sie liebte Gott früher sehr, folgte dem Herrn in die Wüste und erlebte viele Abenteuer mit ihm. Israel war heilig, enthielt sich der Sünde der anderen und war ein Stein des Anstoßes für alle, die sich an ihr stießen. Wer Israel etwas antat, bekam es von Gott zurück.
Israel als Erstlingsfrucht der Ernte Gottes wurde in den Garten gebracht, das heißt in das verheißene Land. Leider ist Israel dann aber von Gott abgefallen und hat das heilige Land entweiht.
Jene, die eigentlich nach dem Herrn fragen sollten, die Priester, wurden Gott untreu durch den Götzendienst. Sie sollten die Weisung hüten, also die Torah. Stattdessen prophezeiten sie bei Baal.
Israel hat sich damit aber selbst geschadet. Es saß an der Quelle Gottes, doch es zog es vor, sich rissige und damit undichte Zisternen zu bauen. Wie gewonnen so zerronnen – aufgrund seiner Taten hat Israel keinen Segen mehr. Es hat den Bräutigam verraten und muss nun die Konsequenzen dafür tragen.
Ps 36
6 HERR, deine Liebe reicht, so weit der Himmel ist, deine Treue bis zu den Wolken.
7 Deine Gerechtigkeit steht wie die Berge Gottes, / deine Urteile sind tief wie die Urflut. Du rettest Menschen und Tiere, HERR.
8 Wie köstlich ist deine Liebe, Gott! Menschen bergen sich im Schatten deiner Flügel.
9 Sie laben sich am Reichtum deines Hauses; du tränkst sie mit dem Strom deiner Wonnen.
10 Denn bei dir ist die Quelle des Lebens, in deinem Licht schauen wir das Licht.
11 Erhalte denen, die dich kennen, deine Liebe und deine Gerechtigkeit den Menschen mit redlichem Herzen!
Der Psalm ist das Gebet eines Verfolgten, der beim Herrn Zuflucht sucht. Gottes Liebe reicht, so weit der Himmel ist, also übergroß. Weil das so ist, beruft er Propheten wie Jeremia, die das Volk rechtzeitig und immerwährend warnen. Er möchte, dass das Volk sich noch bekehrt, bevor es zu spät ist und Gott es für immer verliert. Er ist ein treuer Bräutigam, der seine untreue Braut nicht verstößt, sondern ihr immer wieder nachläuft, um sie zurückzuholen. Sie ist ihm nicht egal. Er ist so treu, wirklich „bis zu den Wolken“.
Berge sind hoch und erhaben, deshalb sind sie ein guter Vergleich für Gottes Gerechtigkeit. Gott verfolgt bis zum letzten das Unrecht und reagiert immer auf die Ungerechtigkeit der Welt. Dies geschieht aber nie übertrieben oder affektiv, sondern immer angemessen. Deshalb sind seine Urteile tief wie die Urflut. Sie sind absolut gerecht. Gott möchte die ganze Schöpfung erlösen, nicht nur die Menschen. Der Mensch hat durch seinen Sündenfall ja die ganze Schöpfung ins Chaos gestürzt.
Gottes Liebe ist wirklich köstlich, sodass wir sie nur genießen können. Für uns Christen erhält diese Aussage eine besondere Tiefe: Wir können die Liebe nämlich nicht nur im übertragenen Sinne als köstlich bezeichnen, sondern sogar wörtlich, da wir den Herrn, der die Liebe ist, in der Eucharistie empfangen können. Der Priester betet deshalb sehr oft vor dem Kommunionempfang den Psalmvers: Kostet und seht, wie gütig der Herr ist.
Gott ist unsere wahre Zuflucht. Auf ihn können wir uns hundertprozentig verlassen. Er lässt uns nie im Stich und wird unser Vertrauen nie missbrauchen. Menschen werden uns immer irgendwann enttäuschen, weil sie unvollkommen sind. Auch wenn wir einander beschützen und unterstützen können, ist das immer beschränkt. Deshalb sollten wir immer auf Gott unsere ganze Hoffnung setzen.
Gottes Strom der Wonnen tränkt den Menschen, sodass er keinen Durst mehr bekommt. Die rissigen Zisternen, die nicht nur die Israeliten sich gebaut haben, sondern jeder Mensch, der meint, Gott zurückzuweisen und sein Leben auf eigene Faust zu beschreiten, werden immer durstig machen. Das Wasser tritt ja immer wieder heraus. Gottes frisches Quellwasser ist der heilige Geist. Er tränkt umfassend. Gott stillt die tiefste Sehnsucht des Menschen. Er ist wirklich die Quelle des Lebens und sein Haus ist ein Haus des Reichtums. Wir verstehen es vor allem ekklesiologisch. Gott möchte uns seinen Gnadenschatz über die Kirche vermitteln. Ohne sie haben wir die Sakramente und Sakramentalien nicht, mit denen er uns eine Autobahn ins Himmelreich schaffen möchte.
In Gottes Gegenwart bekommen wir einen Einblick in den Himmel, denn in seinem Licht schauen wir das Licht. Uns wird ein Stück der Herrlichkeit geschenkt, wenn wir vor dem Allerheiligsten knien. Wir bekommen einen Vorgeschmack auf den Himmel, wenn wir der hl. Messe beiwohnen und Christus selbst vergegenwärtigt wird, das Licht vom Licht, Gottes Sohn.
Zum Schluss ergeht die Bitte an Gott, jenen wohlgesonnen zu sein, die ihn kennen. Gottes Schutz und Beistand möge allen zuteilwerden, die sich bemühen, seinen Willen zu tun.
Mt 13
10 Da traten die Jünger zu ihm und sagten: Warum redest du zu ihnen in Gleichnissen?
11 Er antwortete ihnen: Euch ist es gegeben, die Geheimnisse des Himmelreichs zu verstehen; ihnen aber ist es nicht gegeben.
12 Denn wer hat, dem wird gegeben und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat.
13 Deshalb rede ich zu ihnen in Gleichnissen, weil sie sehen und doch nicht sehen und hören und doch nicht hören und nicht verstehen.
14 An ihnen erfüllt sich das Prophetenwort Jesajas: Hören sollt ihr, hören und doch nicht verstehen; sehen sollt ihr, sehen und doch nicht einsehen.
15 Denn das Herz dieses Volkes ist hart geworden. Mit ihren Ohren hören sie schwer und ihre Augen verschließen sie, damit sie mit ihren Augen nicht sehen und mit ihren Ohren nicht hören und mit ihrem Herzen nicht zur Einsicht kommen und sich bekehren und ich sie heile.
16 Eure Augen aber sind selig, weil sie sehen, und eure Ohren, weil sie hören.
17 Denn, amen, ich sage euch: Viele Propheten und Gerechte haben sich danach gesehnt zu sehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen, und zu hören, was ihr hört, und haben es nicht gehört.
Im Evangelium hören wir die Fortsetzung des gestrigen Gleichnisses vom Sämann. Die Jünger fragen Jesus, warum er in Gleichnissen gesprochen hat. Er erklärt, dass diese Weise einen Indikator darstellt. Daran scheiden sich die Geister. Wer bei diesen Worten zum Nachdenken kommt und sie zu verstehen sucht, ist wirklich bereit, Jünger Christi zu sein. Wer sich desinteressiert abwendet, weil die Worte keine leichte Kost sind, die sofort ersichtlich sind, die bleiben „draußen“. Es geht also um die Haltung beim Hören. Wer hat, dem wird gegeben – wer einen Willen zum Kennenlernen Jesu hat, dem wird die Gnade gegeben, dies auch tun zu können. Wer nicht mal den Willen hat, dem wird auch noch die vorausgehende Gnade genommen, mit der es überhaupt zur Anwesenheit bei Jesus und zum Hören seiner Gleichnisse gekommen ist. Gleichnisse sind also Jesu Methode, die Verstocktheit oder die Bereitschaft für das Evangelium offenzulegen.
Jesus greift daraufhin ein wichtiges Schriftwort aus dem Propheten Jesaja auf: „Hören sollt ihr, hören, aber nicht verstehen. Sehen sollt ihr, sehen, aber nicht erkennen.“ (Jes 6,9). Das ist eine sehr drastische Stelle. Bei Jesaja geht es um seine Berufung und diese besteht darin, die Menschen vor die Wahl zu stellen: Er soll nicht so auftreten, dass weniger Menschen zu Gott umkehren, sondern damit sie sich die Mühe machen, seine Botschaft zu verstehen. Sie sollen „gezüchtigt“ werden. Diese „Hürde“ ist ein wichtiger Reifeprozess, damit jene, die ihn vollständig durchlaufen, sich wirklich ganz für Gott entscheiden können. Gott ist also kein Sadist, der Bedingungen stellt, sondern er tut es, damit unsere Herzen für den Empfang des ewigen Heils bereitgemacht werden. So tut es auch Jesus mit den Gleichnissen. Er „verschleiert“ seine Verkündigung, damit die Menschen nicht einfach nur alles registrieren und fertig, sondern sich wirklich die Mühe machen, darüber nachzudenken. So kann er indessen ihre Herzen formen. Das Wort Gottes ist ein zweischneidiges Schwert. An ihm scheiden sich die Geister. Jene, die nur aus Sensationsgier da sind, die an dem Inhalt der Verkündigung Jesu kein Interesse haben, kehren sich davon ab, weil es zu viel Mühe bereitet, es zu verstehen. Jene, die wirklich mit offenem Herzen gekommen sind, werden sich diese Mühe aber machen und so wird die Verschleierung Jesu zu einer großen Chance für alle Anwesenden. Es hängt also nicht von Gott ab, der irgendwelche Vorbehalte macht, sondern vom Menschen selbst, ob er sich bekehrt. Und die, die noch nicht umgekehrt sind, sind jene, die „draußen sind“.
Die Apostel aber sind nicht verstockt. Sie sehen HIN und hören HIN. Sie verstehen auch das Privileg, das sie im Gegensatz zu den Gerechten und Propheten genießen dürfen, die den Messias mit eigenen Augen schauen wollten. Auch wir, die wir nun spätere Generationen darstellen, genießen dieses Privileg nicht gleichermaßen. Wir schauen Christus verborgen in den Gestalten von Brot und Wein, in denen er natürlich genauso real präsent ist. Aber das erfordert große Glaubenskraft.
Heute geht es um verschiedene Haltungen, die verschiedene Folgen nach sich ziehen: Wer vom Weg Gottes abrückt, wird von Gott selbst damit konfrontiert und zur Umkehr aufgerufen. Gott stellt vor die Wahl und tut dies immer wieder mithilfe von Gleichnissen. Wer sich von Herzen bemüht und den Willen hat, der hat keine rissigen Zisternen. Wie ist es bei uns? Was möchten wir? Lassen wir uns einpflanzen an der Quelle Gottes und bauen wir keine undichten Zisternen, damit der Herr auch von uns sagen kann: Wer hat, dem wird gegeben und er wird im Überfluss haben.
Ihre Magstrauss