Einen Tag nach dem Fest Kreuzerhöhung denken wir an jene, die voller Schmerzen unter dem Kreuz ihres Sohnes ausharrte – das Gedächtnis der Schmerzen Mariens. Es sind insgesamt sieben Schmerzen, die im Einzelnen betrachtet werden:
Die Prophezeiung des Simeon (Lk 2,34-35)
Die Flucht nach Ägypten (Mt 2,13-21)
Der Verlust Jesu für drei Tage (Lk 2,41-50)
Die Begegnung mit dem Sohn auf dem Kreuzweg (Joh 19,17)
Die Kreuzigung Jesu (Joh 19,18-30)
Jesus, der vom Kreuz genommen und ihr in den Schoß gelegt wurde (Joh 19,39-40)
Der ins Grab gelegte Jesus (Joh 19,39-42)
Die intensiven Leiden Jesu Christi wurden durch seine Vollkommenheit noch verstärkt. Es war ungerechter, grausamer, dass ein so vollkommener Mensch durch die Hand von Geschöpfen leiden musste, die er selbst geschaffen hatte. Nur ein vollkommenes Wesen, das Jesus ähnlich war, konnte sich in sein Leid hineinversetzen, konnte es so erleben wie er. Diese Person war Maria. Sie war natürlich keine Göttin, sondern die neue Eva, der vollkommene Mensch, den Gott von Anfang an für jeden Menschen vorgesehen hatte. Weil sie vollkommen war, verstand und fühlte sie den Schmerz ihres vollkommenen Sohnes am besten. Gemeinsame Vollkommenheit führte zu gemeinsamem Leid.
Das heutige Fest erinnert an den Schmerz Marias, vor allem an den Schmerz während des Leidens und des Todes Jesu. Andachtsbilder von Maria zeigen ihr Herz, das von sieben Schwertern durchbohrt ist, die sieben Schmerzen symbolisieren (s.o.). Sie wurde durch dieselbe Weinpresse des Schmerzes, der Erniedrigung und des Kummers gepresst, die jedes Leben quetscht. Sie war unverheiratet und schwanger und muss das Getuschel der Nachbarn gehört haben, als sie durch die staubigen Straßen ihrer Stadt ging. Sie musste mit ihrer Familie in ein fernes Land fliehen, um dem mörderischen König Herodes dem Großen zu entkommen. Sie lebte ein echtes Leben voller menschlicher Dramen. Doch am intensivsten war ihr Schmerz, als sie in ihren späten Vierzigern war, als ihr einziges Kind öffentlich starb und sie, die bereits Witwe war, völlig allein zurückließ, mit einem Gesicht mittleren Alters, das sich vor Kummer verzog. Sie ist die Muttergottes der Schmerzen, weil sie und die Kirche Mütter sind. Sie schenken und nähren das Leben. Sie fühlen mehr als die Menschen. Sie reagieren auf Leiden mit Mitleid, nicht so sehr mit Aktionen und Lösungen. Am heutigen Fest erinnern wir uns an Marias Leid und nehmen daran teil. Aber unsere Trauer ist nicht die eines Wikingers, eines heidnischen Römers oder eines modernen Säkularisten. Christliche Trauer ist keine gottlose Trauer. Wie Marias Trauer wird auch unsere Trauer von der sicheren und gewissen Hoffnung gemildert, dass das letzte Wort in unserem Buch nicht Tod und Verzweiflung, sondern Hoffnung und Leben ist. Der Kummer Marias ist vorübergehend, wie es alle unsere Sorgen eines Tages sein werden. Es gibt nichts, was nicht einen Kontext hat, außer Gott. Und der Kontext für den christlichen Kummer ist die Auferstehung.
Hier kommen Sie zu den Tageslesungen: https://magstrauss.com/2021/09/10/freitag-der-23-woche-im-jahreskreis-2/
Ihre Magstrauss
