Mittwoch der 19. Woche im Jahreskreis

Dtn 34,1-12; Ps 66,1-3a.5 u. 16.17 u. 20; Mt 18,15-20

Dtn 34
1 Mose stieg aus den Steppen von Moab hinauf auf den Nebo, den Gipfel des Pisga gegenüber Jericho, und der HERR zeigte ihm das ganze Land. Er zeigte ihm Gilead bis nach Dan hin,
2 ganz Naftali, das Gebiet von Efraim und Manasse, ganz Juda bis zum Mittelmeer,
3 den Negeb und die Jordangegend, den Talgraben von Jericho, der Palmenstadt, bis Zoar.
4 Der HERR sagte zu ihm: Das ist das Land, das ich Abraham, Isaak und Jakob versprochen habe mit dem Schwur: Deinen Nachkommen werde ich es geben. Ich habe es dich mit deinen Augen schauen lassen. Hinüberziehen wirst du nicht.
5 Danach starb Mose, der Knecht des HERRN, dort in Moab, wie es der HERR bestimmt hatte.
6 Man begrub ihn im Tal, in Moab, gegenüber Bet-Pegor. Bis heute kennt niemand sein Grab.
7 Mose war hundertzwanzig Jahre alt, als er starb. Sein Auge war noch nicht getrübt, seine Frische war noch nicht geschwunden.
8 Die Israeliten beweinten Mose dreißig Tage lang in den Steppen von Moab. Danach war die Zeit des Weinens und der Klage um Mose beendet.
9 Josua, der Sohn Nuns, war vom Geist der Weisheit erfüllt, denn Mose hatte ihm die Hände aufgelegt. Die Israeliten hörten auf ihn und taten, was der HERR dem Mose aufgetragen hatte.
10 Niemals wieder ist in Israel ein Prophet wie Mose aufgetreten. Ihn hat der HERR von Angesicht zu Angesicht erkannt,
11 für all die Zeichen und Wunder, die er in Ägypten im Auftrag des HERRN am Pharao, an seinem ganzen Hof und an seinem ganzen Land getan hat,
12 zu all den Beweisen seiner starken Hand und zu all den Furcht erregenden und großen Taten, die Mose vor den Augen von ganz Israel vollbracht hat.

Vor einiger Zeit ist uns verlesen worden, wie Mose und Aaron in einem kurzen Moment Gottes Allmacht und Güte angezweifelt haben. Aus diesem Grund werden sie das Verheißene Land nicht schauen. Heute erfüllt sich dies. Das Volk Israel steht unmittelbar vor der Landnahme. Mose hat eine lange Abschiedspredigt gehalten, in der er das gesamte Gesetz noch einmal wiederholt hat. Daraus besteht das Buch Deuteronomium. Als Mose es abschließt, steigt er auf den Gipfel Nebo des Berges Pisga gegenüber Jericho. Von dort aus kann Mose das Verheißene Land sehen. Das gesamte Gebiet wird umrissen, sodass Gilead und Dan, Naftali, Efraim und Manasse, Juda, der Negeb und die Jordangegend, Jericho und Zoar genannt werden.
Gott erinnert Mose an die Verheißung, die er seinen Vätern gemacht hat. So wie er es damals schon Abraham, Isaak und Jakob versprach, ist es bisher geschehen: Aus einem einzigen Stammvater ist ein großes Volk entstanden, dem Gott nun das Verheißene Land, in dem Milch und Honig fließen, geben wird. Gott ist treu und er hält seine Versprechen. Das betrifft aber auch Mose: Gott wird an ihm tun, wie er angekündigt hat. Mose darf zwar von Weitem das Land schauen, aber er wird nicht selbst in dieses Land eingehen.
So stirbt Mose in Moab im Alter von hundertzwanzig Jahren und wird gegenüber Bet-Pegor begraben. Das Besondere an seinem Tod ist, dass man sein Grab nie gefunden hat. Dafür gibt es natürliche Erklärungen wie zum Beispiel, dass man es bewusst geheimgehalten hat, damit kein Personenkult um sein Grab entstehe. Dies ist aber auch der Anlass für die Kirche, seinen Tod als übernatürlich zu betrachten, vielleicht von Entrückung zu sprechen wie bei Elija. Kirchenväter wie Augustinus und Hieronymus haben diese Vermutung angestellt. Schließlich sind es gerade Mose und Elija, die bei der Verklärung des Herrn bei Jesus erscheinen und mit ihm sprechen. So mag es sein, dass auch Moses Leichnam gar nicht gefunden werden konnte, weil er entrückt worden ist. Das ist nicht nur bei christlichen Auslegungen ein Thema, sondern wird schon in der rabbinischen Auslegung vermutet.
Die Israeliten trauerten dreißig Tage lang um Mose, bevor Josua, der Sohn Nuns, das Volk als Moses Nachfolger anführte. Ihm sind die Hände aufgelegt worden. Er ist der rechtmäßige Nachfolger unter dem Einfluss Gottes. Er ist erfüllt mit dem Hl. Geist. Und doch wird niemand der nachfolgenden Generationen so ein Prophet sein wie Mose. Er durfte von Angesicht zu Angesicht mit Gott sprechen, hatte eine innige Beziehung zu ihm wie kein anderer – zumindest bis König David geboren wird und spätestens mit Christus ändert sich das natürlich maßgeblich. Andere Propheten haben auch Zeichen und Wunder begangen, aber die Fülle und Heftigkeit der Wunder des Mose ist nicht vergleichbar mit anderen Propheten. In Moses Fall können wir wirklich sagen: Einer hat nur gesät und gesät, doch andere werden ernten. Mose sieht von Weitem die Früchte, darf sie aber nicht selber kosten.

Ps 66
1 Für den Chormeister. Ein Lied. Ein Psalm. Jauchzt Gott zu, alle Länder der Erde!
2 Spielt zur Ehre seines Namens! Verherrlicht ihn mit Lobpreis!
3 Sagt zu Gott: Wie Ehrfurcht gebietend sind deine Taten; vor deiner gewaltigen Macht müssen die Feinde sich beugen.
5 Kommt und seht die Taten Gottes! Ehrfurcht gebietend ist sein Tun an den Menschen:
16 Alle, die ihr Gott fürchtet, kommt und hört; ich will euch erzählen, was er mir Gutes getan hat.
17 Mit meinem Mund habe ich zu ihm gerufen, da lag das Rühmen mir schon auf der Zunge.
20 Gepriesen sei Gott; denn er hat mein Bittgebet nicht unterbunden und mir seine Huld nicht entzogen.

Die Ankunft beim Verheißenen Land ist ein Grund zur Freude und zum Lobpreis, weil Gott seine Treue bewiesen hat. Wie lange mussten die Israeliten in der Wüste umherirren, bis es endlich so weit ist!
Der Psalm beginnt mit einer Lobaufforderung an alle Länder der Erde mit instrumentaler Begleitung („Spielt zur Ehre seines Namens!“). Die Wendung כָּל־הָאָֽרֶץ kol-ha’arez muss wörtlich eigentlich mit „das ganze Land“ oder „die ganze Erde“ übersetzt werden. Es umfasst also entweder einen weltweiten Lobpreis oder den Lobpreis des ganzen Volkes Israel mit allen seinen Stämmen – in unserem heutigen Kontext bezieht es sich auf das Verheißene Land, das Mose von Weitem geschaut hat.
Gottes Taten sind wahrhaft „Ehrfurcht gebietend“, denn er hat so viele spektakuläre Wunder gewirkt, bis es nach vierzig Jahren endlich dazu kommt, dass Israel ins Verheißene Land einziehen kann: Gott hat das ganze Volk aus Ägypten herausgeführt und die Ägypter mit zehn Plagen geschlagen. Er hat das Meer geteilt und das Volk ganze vierzig Jahre in der Wüste am Leben erhalten mit Wasser aus dem Felsen, Manna vom Himmel, mit Fleisch von Wachteln. Gott hat auch danach immer wieder Heilszeichen erwirkt, sodass Israel eigentlich zu keiner Zeit den Anlass haben kann, Gottes Güte und Treue infrage zu stellen. Das größte Heilszeichen hat Gott dann auf der Höhe der Zeit erwirkt, die eigene Menschwerdung! Er hat sich ans Kreuz schlagen lassen, um die Erlösung der gesamten Menschheit aller Zeiten zu erwirken. Vor diesem Heilszeichen kann der Feind sich wirklich nur beugen! So hat der Tod kapituliert, als Christus am dritten Tage von den Toten auferstanden ist.
Die ganze Welt soll ihn anbeten, denn die ganze Welt ist erlöst. Aus dem Grund hat Jesus vor seiner Himmelfahrt seinen Jüngern die weltweite Mission aufgetragen. Dieses Heil soll jedem Menschen zugänglich gemacht werden.
Ein erster Moment dieser weltweiten Anbetung trägt sich im Stall von Betlehem zu. Dort sind es die Magoi aus dem Osten als Stellvertreter der Heiden und der „Enden der Erde“, die Gott anbeten in dem kleinen hilflosen Kind.
„Kommt und seht die Taten Gottes!“ Ist ein Aufruf, der heute besonders den Israeliten gilt. Sie sehen mit eigenen Augen das Verheißene Land, das Gott schon so lange versprochen hat. Es ist also wahr und keine billige Vertröstung während der Wüstenwanderung!
Gott ist Herrscher des Himmels und der Erde. Ihm entgeht nichts und er prüft die Völker. Er prüft aber auch das Herz jedes einzelnen Menschen und wenn wir dann vor ihm stehen, wird er von uns Rechenschaft verlangen. Dass Gott alles sieht, soll uns nicht als Bedrohung gelten, sondern als Zuspruch und Einladung zur absoluten Geborgenheit in Gott. Er weiß um alles und kennt unser Leben. Er weiß, was wir durchmachen und was uns im Innersten umtreibt. Er kennt uns besser, als wir uns selbst kennen. Deshalb kann er uns auch helfen, selbst wenn wir seine Maßnahmen in den jeweiligen Momenten nicht verstehen.
Vers 16 klingt sehr liturgisch, denn die Schar von Gläubigen wird aufgefordert, dem Glaubenszeugnis des Psalmisten zu lauschen. Es ist eine Unterweisung und zugleich Anamnesis. Wir denken an den Sederabend, zu dem auch die Erzählung der Geschichte gehört, die das Pessachfest überhaupt begründet. Schon die Juden haben das Verständnis, dass während der Erzählung und Erinnerung an das Geschehen dieses gleichsam vergegenwärtigt wird. Das ist eine Vorwegnahme dessen, was wir mit der Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers Christi glauben. Es ist auch wie das Ablegen eines Glaubenszeugnisses, das den anderen Menschen zur Glaubensstärkung dienen soll.
Das Rühmen liegt dem Beter schon auf der Zunge, als er noch zu Gott ruft, also um Hilfe ruft, weil er davon überzeugt ist, dass Gott seine Gebete erhört. Es ist ein Ausdruck für absolutes Gottvertrauen. Jesus hat dies umgesetzt und stets alles vom Vater so erbeten, dass er gleichzeitig schon dafür gedankt hat. Wir denken zum Beispiel an die Auferweckung des Lazarus. Jesus betet nicht: Vater, lass ihn wieder lebendig werden. Stattdessen sagt er nur: Vater, ich danke dir, dass du mich erhört hast. Er überbietet den Psalmenbeter also sogar, denn er muss die Fürbitte nicht einmal formulieren.
Gott sei gepriesen, weil er die Bittgebete nicht unterbindet. Wir dürfen ihn um alles bitten. Jesus sagt ganz explizit: „Wer bittet, dem wird gegeben, wer anklopft, dem wird aufgetan.“ Er möchte, dass die Menschen den Vater voller Vertrauen bitten und ihm danken, als ob er es ihnen schon gewährt hat. In diesem Sinne lehrte er den Jüngern das Vaterunser, das wir bis heute als den Kern unseres Gebetslebens betrachten. Er erweist allen Menschen seine Huld, denn unser aller Sinn des Lebens besteht darin, als Erlöste in seinem Reich zu leben.

Mt 18
15 Wenn dein Bruder gegen dich sündigt, dann geh und weise ihn unter vier Augen zurecht! Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder zurückgewonnen.
16 Hört er aber nicht auf dich, dann nimm einen oder zwei mit dir, damit die ganze Sache durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen entschieden werde.
17 Hört er auch auf sie nicht, dann sag es der Gemeinde! Hört er aber auch auf die Gemeinde nicht, dann sei er für dich wie ein Heide oder ein Zöllner.
18 Amen, ich sage euch: Alles, was ihr auf Erden binden werdet, das wird auch im Himmel gebunden sein, und alles, was ihr auf Erden lösen werdet, das wird auch im Himmel gelöst sein.
19 Weiter sage ich euch: Was auch immer zwei von euch auf Erden einmütig erbitten, werden sie von meinem himmlischen Vater erhalten.
20 Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.

Im Evangelium hören wir davon, wie wir mit den Schuldigen in unserer Mitte umgehen sollen. Jesus lehrt uns, wie der Mensch in diesem Aspekt gerecht sein soll wie Gott.
„Wenn dein Bruder gegen dich sündigt, dann geh und weise ihn unter vier Augen zurecht!“ Das ist die erste Reaktion, die wir anstreben sollten, nicht den Menschen sofort öffentlich an den Pranger stellen. Wir möchten ihm doch dabei helfen, auf den richtigen Weg zurückzukommen. Deshalb ist die private Zurechtweisung zuallererst anzustreben. Das heißt aber auch „auf Augenhöhe“ und nicht „von oben herab“. Oft vergessen wir das. Es mag sein, dass wir in diesem speziellen Fall besser dran sind als der Mitmensch, doch das darf uns nicht in die Illusion führen, wir seien besser als er. Wir sündigen auch, nur anders.
Wenn die Person aber nicht hören will, müssen wir uns Zeugen dazuholen. Hier ist die Rede von zwei oder drei. Das hängt mit dem Zeugenrecht zusammen, das Jesus hier anschneidet (Dtn 15,19). Das soll nicht in erster Linie den „Ankläger“ stärken, sondern den „Angeklagten“ überzeugen. Wenn seine Sünde nicht nur durch einen einzigen Mitmenschen, sondern durch mehrere bezeugt wird, muss es sich um eine wirkliche Missetat handeln. Alles dient der Umkehr des Sünders, was Jesus hier erklärt.
Wenn er trotz Zeugen immer noch nicht einsichtig ist, soll es vor die gesamte Gemeinde getragen werden. Sie ist pars pro toto, der Leib Christi vor Ort. Wenn der Sünder selbst in dieser Situation nicht bereit zur Umkehr ist, soll man ihn Gottes Vorsehung überlassen. Der Mensch kann dann mit seinen eigenen Fähigkeiten nichts mehr anrichten. Dann liegt es wirklich allein an Gott, ihn zur Umkehr zu bringen, ansonsten seine letzte Entscheidung gegen Gott zu akzeptieren. Die Gemeinde soll diesen verstockten Menschen dann wie einen Zöllner oder Heiden behandeln, das heißt, aus dem Weg gehen. Der Mensch muss seine Grenzen erkennen und den Rest Gottes Gerechtigkeit überlassen. Er muss so demütig sein, den Sünder irgendwann loszulassen – nicht weil dieser ihm egal ist, sondern weil Glaube nicht erzwungen werden kann. Selbst Gott beugt sich dem menschlichen Willen, wie anmaßend kann der Mensch also sein, den Willen des Sünders zu übergehen?
Jesus spricht noch eine weitere wichtige Tatsache an: Was der Mensch auf Erden bindet oder löst, wird auch im Himmel gebunden oder gelöst sein. Hier müssen wir genau lesen. Es geht im größeren Kontext um ein Gespräch Jesu mit seinen Jüngern. Er spricht hier von jenen, die durch die sakramentale Weihe die Vollmacht dazu erhalten werden. Gott ist bereit, die Menschen in sein Werk einzubeziehen. Aber nicht nur die geweihten Christen haben solche Vollmachten. Bestimmte Dinge betreffen alle getauften Christen. Was wir vor Gott versprechen, hat auch Gültigkeit im Himmel – jeder Eid, jedes Gelübde, vor allem die Ehe, die die Brautleute sich ja gegenseitig spenden. Das Eheband gilt auch im Himmel.
Jesus spricht seinen Jüngern auch zu, dass was zwei oder drei – also wieder gemäß Zeugenrecht – in seinem Namen erbitten, Gott ihnen gewähren wird. Wichtig ist die Einmütigkeit. Sie müssen gemeinsam um dieselbe Sache beten und dies in einer gemeinsamen Absicht tun.
Christus begründet die Gebetserfüllung mit seiner Anwesenheit bei zwei oder drei Menschen, die in seinem Namen versammelt sind. Dies zeigt uns, dass man zwar auch alleine beten kann und muss (geh in deine Kammer….), aber zugleich die Gemeinschaft der Gläubigen entscheidend ist. Christ sein können wir nicht für uns allein. Wir müssen uns gegenseitig stärken, ermahnen und auch gemeinsam gegen den Bösen angehen.
Was Jesus lehrt, entspricht dem Wesen der Gerichtshandlung Gottes. Er schlägt nicht gleich mit voller Wucht auf den Sünder ein, sondern ruft ihn auf verschiedene Weise. Er wird mit jedem Umkehrruf lauter, er ergreift immer strengere Maßnahmen, damit der verstockte und sture Mensch endlich zur Besinnung kommt. Er versucht einfach alles, damit der Sünder noch rechtzeitig zu ihm zurückkommt. Denn wenn er stirbt und vor Gott tritt, ist es zu spät.

Ihre Magstrauss

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