Donnerstag der 19. Woche im Jahreskreis

Jos 3,7-10a.11.13-17; Ps 114,1-2.3-4.5-6; Mt 18,21 – 19,1

Jos 3
7 Da sagte der HERR zu Josua: Heute fange ich an, dich vor den Augen ganz Israels groß zu machen, damit sie erkennen, dass ich mit dir sein werde, wie ich mit Mose gewesen bin.
8 Du aber sollst den Priestern, die die Bundeslade tragen, befehlen: Wenn ihr zum Ufer des Jordan kommt, bleibt im Jordan stehen!
9 Darauf sagte Josua zu den Israeliten: Kommt her und hört die Worte des HERRN, eures Gottes!

10 Dann sagte Josua:
11 Seht, die Bundeslade des Herrn der ganzen Erde zieht vor euch her durch den Jordan.
13 Sobald die Fußsohlen der Priester, die die Lade des HERRN tragen, des Herrn der ganzen Erde, im Wasser des Jordan stehen, wird das Wasser des Jordan, das von oben herabkommt, wie abgeschnitten sein und wie ein Wall dastehen.
14 Als dann das Volk seine Zelte verließ und aufbrach, um den Jordan zu überschreiten, gingen die Priester, die die Bundeslade trugen, an der Spitze des Volkes.
15 Und als die Träger der Lade an den Jordan kamen und die Füße der Priester, die die Lade trugen, das Wasser berührten – der Jordan war aber während der ganzen Erntezeit über alle Ufer getreten – ,
16 da blieben die Fluten des Jordan stehen. Das von oben herabkommende Wasser stand wie ein Wall in weiter Entfernung, bei der Stadt Adam, die in der Nähe von Zaretan liegt. Die zum Meer der Araba, zum Salzmeer, hinabfließenden Fluten dagegen liefen vollständig ab und das Volk zog Jericho gegenüber durch den Jordan.
17 Die Priester, die die Bundeslade des HERRN trugen, standen, während ganz Israel trockenen Fußes hindurchzog, fest und sicher mitten im Jordan auf trockenem Boden, bis das ganze Volk den Jordan durchschritten hatte.

In der heutigen Lesung beginnt die Serie aus dem Buch Josua. Mose ist verstorben und sein Nachfolger Josua, der Sohn Nuns, soll das Volk nun ins Verheißene Land führen.
Bei all dem möchte Gott ganz bei ihm sein. Er wurde von Mose gesalbt, ist also rechtmäßiger Nachfolger und steht unter dem Einfluss Gottes.
Ganz zu Anfang seines Wirkens offenbart Gott ihm, was seine Berufung und sein Auftrag sind. Gott verspricht ihm, bei ihm zu sein, wie er es bei Mose war. Er soll den Priestern sagen, dass sie mit der Bundeslade bepackt in den Jordan steigen und stehen bleiben sollen. Er befiehlt also den Priestern, die die Spitze der Prozession bilden, mit der Bundeslade durch den Jordan zu schreiten. Sobald sie in den Fluss steigen, wird sich das Wasser aufstellen wie damals beim Roten Meer. Man muss bedenken, dass zu jener Zeit Erntezeit ist und der Jordan somit ein überflutetes Gewässer und ein reißender Strom. Es ist also nicht ungefährlich, den Fluss zu durchschreiten.
Die Israeliten tun aber, wie Josua geheißen, und schreiten durch den Fluss. Sofort bleiben die Fluten in einiger Entfernung stehen und stellen sich auf wie ein Wall. Das restliche Wasser fließt zum Salzmeer ab, sodass das Volk ganz leicht durch das Flussbett hindurchziehen kann. Bis jeder Israelit hindurchgezogen ist, stehen die Priester mit der Bundeslade im Flussbett – trockenen Fußes.
Dieses Ereignis lehrt die Israeliten mehrere Dinge: Spätestens jetzt realisieren sie, dass all die spektakulären Wunder in Ägypten und unterwegs in der Wüste nicht von Mose selbst kamen, sondern wirklich auf Gottes Wirken zurückzuführen sind. Sie begreifen einmal mehr, dass das Wirken Gottes von der Bundeslade ausgeht. Sie haben schließlich den Beweis, dass Josua kein selbsternannter Anführer ist, sondern wirklich vom Geist Gottes angetrieben wird. Was er vom Volk verlangt, ist tatsächlich von Gott eingegeben.
Es ist sehr bemerkenswert, wie der Jordan schon damals zum Hl. Fluss wird. Gottes Gegenwart stieg bereits hinab in die Fluten, als die Priester mit der Bundeslade hineinstiegen. Es ist also kein Zufall, dass Johannes der Täufer später die Johannestaufe in eben jenem Fluss vornehmen würde. Der Jordan wird auch bedeutsam als heiliger Fluss, wenn Elischa dem an Aussatz erkrankten Syrer Naaman befiehlt, sich in diesem Fluss zu waschen.
Wir können die Durchschreitung des Jordans allegorisch betrachten. Er ist ein Übergang vom Tod zum Leben. Für das Volk Israel ist er ein Übergang von der Fremde in die Heimat. Für Christus wird er zum Ort einer prophetischen Zeichenhandlung, einer Vorwegnahme seines Übergangs vom Tod zum Leben beim Osterereignis und für die Kirche ein Übergang vom ewigen Tod zum ewigen Leben in der Taufe. Sind wir nicht durch die Taufe auf das Reich Gottes hin ausgerichtet, unser Verheißenes Land? Und ist nicht das fleischgewordene Wort Gottes selbst uns zur Brücke durch den Jordan geworden, den wir immer wieder in der Eucharistie empfangen? Er hält die Fluten zurück, damit wir trockenen Fußes in die Ewigkeit gelangen. Und wenn wir am Ende unseres Lebens durch den Jordan schreiten, wird er uns in das Reich des Vaters aufnehmen. Gebe Gott, dass wir dann mit ihm versöhnt sterben, ausgestattet mit den Sterbesakramenten, die uns Wegzehrung auf der Zielgeraden sind.

Ps 114
1 Als Israel aus Ägypten auszog, das Haus Jakobs aus dem Volk mit fremder Sprache,
2 da wurde Juda sein Heiligtum, Israel das Gebiet seiner Herrschaft.
3 Das Meer sah es und flüchtete, der Jordan wandte sich rückwärts.
4 Die Berge hüpften wie Widder, die Hügel wie junge Lämmer.
5 Was ist mit dir, du Meer, dass du flüchtest, du Jordan, dass du rückwärts dich wendest,
6 ihr Berge, dass ihr hüpft wie Widder, ihr Hügel, wie junge Lämmer?

Als Antwort beten wir Ps 114, einen Psalm des Ägyptischen Hallels. Er betrachtet die Geschichte Israels, vor allem den Auszug aus Ägypten.
Der Aufenthalt in Ägypten war ein Leben in der Fremde. Dies wird hier anhand der Sprache der Ägypter aufgezeigt. Sie lebten wirklich nicht in ihrer Heimat, auch wenn sie mehrere Jahrhunderte dort zubrachten. Nach dem Exodus und der vierzigjährigen Wüstenwanderung sind sie endlich dorthin gekommen, wo sie sich zuhause fühlen dürfen, in ihre Heimat. Juda ist zu ihrem Heiligtum geworden und Israel ihr Herrschaftsgebiet. Juda wird oft zum Pars pro Toto, weil es das Gebiet des königlichen Stamms ist (zurzeit der Psalmenkomposition ist dies ja bereits der Fall) und weil der Tempel Gottes in der Hauptstadt Jerusalem errichtet ist. Gemeint ist aber mit beiden Wendungen mehr als nur Juda, sondern das gesamte Verheißene Land, das Gott den Israeliten gegeben hat. Nichts kann das Volk aufhalten, wenn Gott mitten unter den Israeliten ist. Seine Gegenwart in der Bundeslade ist Zeichen nicht nur für die Israeliten, sondern auch für die umliegenden Völker, dass Israel von Gott auserwählt ist. Sogar die Naturgewalten beugen sich vor Gottes Herrlichkeit. Hier wird die Teilung des Roten Meeres angedeutet sowie die Teilung des Jordans. Wasser ist eine besonders bedrohliche Naturgewalt. Wenn diese sich vor der Bundeslade beugt, muss das für die Israeliten ein besonders großes Zeichen sein.
Jesus sagt, dass wir mit einem starken Glauben sogar Berge versetzen können. Das ist, was in Vers 4 beschrieben wird. Berge und Hügel „hüpfen“ wie Tiere. Sie machen Platz für die Herrlichkeit des Herrn.
Ganz im poetischen Stil des Psalms werden diese Bereiche der Schöpfung direkt angesprochen und mit einer rhetorischen Frage konfrontiert.
Gott führ den Menschen in die Heimat auf Wegen, die er bereitet. Und wenn unterwegs vermeintliche Sackgassen und Hürden auftauchen, ermöglicht Gott dennoch Wege. Das betrifft nicht nur das Volk Israel, sondern auch das Volk des Neuen Bundes. Aus einer Handvoll Jüngern ist die größte Religion der Welt entstanden. Jesus Christus wird weltweit verkündet. Als ein Apostel nach dem anderen den Märtyrertod starb, haben sich auch viele gedacht, wie es weitergehen soll, doch ihr Blut ist zum Nährboden für die Kirche geworden. Der Glaube ist gewachsen und gewachsen. Gott führt sein Volk in die Heimat, in das Verheißene Land seines Himmelreiches. Er führt jeden einzelnen Menschen. Letzten Sonntag hieß es in der Brotrede: „Niemand kann zu mir kommen, wenn nicht der Vater, der mich gesandt hat, ihn zieht; und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tag (Joh 6,44).“ Der Vater zieht jeden von uns an sich, ob wir es merken oder nicht. Er führt uns in seiner wunderbaren Vorsehung und entfernt eine Hürde unseres Lebens nach der anderen. Wir müssen bedenken, dass der Status „diesseits des Jordan“ oder „jenseits des Jordan“ auch moralisch zu betrachten ist. Wenn wir im Stand der Gnade sind, sind wir auf der Seite des Jordan zum Verheißenen Land hin. Wenn wir uns aber schwer versündigen, werden wir auf die andere Seite zurückgeworfen. Nichts Anderes geschieht mit dem Volk Israel, als es nach so vielen Warnungen immer noch nicht mit dem Götzendienst aufhört und dann aus dem Land nach Babylon deportiert wird. Wir können uns nicht auf dem erreichten Verheißenen Land ausruhen, solange wir leben. Wir müssen wachsam sein, da der Widersacher Gottes uns dieses Privileg streitig machen will. Es ist ein geistiger Kampf, solange wir leben. Nur im anagogischen Sinne können wir uns wirklich ganz ausruhen, wenn wir es geschafft haben. Denn am Ende wird uns der Herr auferwecken. Dann werden wir mit Leib und Seele endgültig über den Jordan schreiten, um ewig beim Vater zu sein.

Mt 18-19
21 Da trat Petrus zu ihm und fragte: Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er gegen mich sündigt? Bis zu siebenmal?

22 Jesus sagte zu ihm: Ich sage dir nicht: Bis zu siebenmal, sondern bis zu siebzigmal siebenmal.
23 Mit dem Himmelreich ist es deshalb wie mit einem König, der beschloss, von seinen Knechten Rechenschaft zu verlangen.
24 Als er nun mit der Abrechnung begann, brachte man einen zu ihm, der ihm zehntausend Talente schuldig war.
25 Weil er aber das Geld nicht zurückzahlen konnte, befahl der Herr, ihn mit Frau und Kindern und allem, was er besaß, zu verkaufen und so die Schuld zu begleichen.
26 Da fiel der Knecht vor ihm auf die Knie und bat: Hab Geduld mit mir! Ich werde dir alles zurückzahlen.
27 Der Herr des Knechtes hatte Mitleid, ließ ihn gehen und schenkte ihm die Schuld.
28 Als nun der Knecht hinausging, traf er einen Mitknecht, der ihm hundert Denare schuldig war. Er packte ihn, würgte ihn und sagte: Bezahl, was du schuldig bist!
29 Da fiel der Mitknecht vor ihm nieder und flehte: Hab Geduld mit mir! Ich werde es dir zurückzahlen.
30 Er aber wollte nicht, sondern ging weg und ließ ihn ins Gefängnis werfen, bis er die Schuld bezahlt habe.
31 Als die Mitknechte das sahen, waren sie sehr betrübt; sie gingen zu ihrem Herrn und berichteten ihm alles, was geschehen war.
32 Da ließ ihn sein Herr rufen und sagte zu ihm: Du elender Knecht! Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich angefleht hast. 33 Hättest nicht auch du mit deinem Mitknecht Erbarmen haben müssen, so wie ich mit dir Erbarmen hatte?
34 Und in seinem Zorn übergab ihn der Herr den Peinigern, bis er die ganze Schuld bezahlt habe.
35 Ebenso wird mein himmlischer Vater euch behandeln, wenn nicht jeder seinem Bruder von Herzen vergibt.
1 Und es geschah, als Jesus diese Reden beendet hatte, verließ er Galiläa und zog in das Gebiet von Judäa jenseits des Jordan.

Im Evangelium geht es um Vergebung und die Barmherzigkeit Gottes. Es greift die moralische Lesart auf, mit der wir die Überschreitung des Jordan betrachtet haben.
Petrus fragt Jesus, wie oft man am Tag seinem Nächsten vergeben soll. Dabei schlägt er die Zahl der Vollkommenheit und Fülle vor – sieben. Das ist eigentlich schon die Zahl des Maximums, aber Jesus toppt sie. Er sagt, dass wir nicht siebenmal, sondern „siebzigmal siebenmal“ vergeben sollen. Er antwortet so, damit Petrus und wir zusammen mit ihm begreifen, dass wir immer und jedem vergeben sollen, von ganzem Herzen.
Er erklärt auch, warum das so sein soll, indem er das Gleichnis vom König und den Sklaven anführt: Der König erlässt einem Sklaven eine große Schuld, weil er ihn so flehentlich darum bittet.
Der König hat Mitleid, das griechische Wort ist dasselbe, das auch mit „Erbarmen“ übersetzt werden kann. Wenn Gott barmherzig ist, hat er Mitleid mit seinen Geschöpfen. Das ist wirklich sehr überwältigend. Gott hat Mitleid mit Menschen, die wegen ihrer eigenen Schuld leiden müssen. Und so erlässt er ihnen sogar die Schuld, obwohl sie es rein rechnerisch verdient haben. So groß ist Gottes Liebe!
Vom Sklaven, dem so viel erlassen worden ist, erwarten wir nun ein verändertes Verhalten. Stattdessen sieht man Garnichts von der Barmherzigkeit des Königs in seinem Verhalten: Er bedroht und bedrängt einen Mitsklaven, der ihm etwas schuldet. Dabei ist diese Schuld viel geringer als die, die ihm vom König gerade erst erlassen worden ist. Wir hätten erwartet, dass wenn dem ersten Sklaven so viel erlassen worden ist, er „zur Feier des Tages“ dem Mitsklaven dessen Schuld ebenfalls erlässt. Stattdessen ist er besonders herzlos zu ihm, obwohl dieser so wie er zuvor beim König vor ihm niederfällt und ihn anbettelt.
Sein unbarmherziges Verhalten dringt bis zum König vor und dieser wird zornig mit ihm. Nun muss er die ganze Schuld mit seinem Leben zurückzahlen, denn der König übergibt ihn den Peinigern. Der König ist deshalb so streng mit ihm, weil er ihm zuvor so eine Gunst erwiesen hatte, die Barmherzigkeit in seinem Leben jedoch keine Spuren hinterlassen hat. Er lebte einfach so weiter, als wäre dieser Schuldenerlass nicht gewesen. Statt sich eine Scheibe davon abzuschneiden und selbst barmherzig zu werden, blieb er herzlos.
Durch die Taufe ist auch uns die Schuld komplett erlassen worden. Was machen wir aus dieser überragenden Barmherzigkeit, die Gott an uns getan hat? Sind wir barmherzig wie der Vater im Himmel? Immer wieder vergibt er uns die Schuld in der Beichte. Gehen wir verändert ins Leben zurück und vergeben auch unseren Schuldigern? Beten wir das Vaterunser überhaupt aufrichtig, weil wir das tun? Gott wird auch von uns Rechenschaft ablegen, wenn wir unbarmherzig mit den Mitmenschen umgegangen sind. Dem Schuldiger zu vergeben, bedeutet nicht, seine Schuld gutzuheißen. Wir übergeben die Missetaten vielmehr Gott, der der Richter sein soll. Wir sollen uns von allem Groll, Zorn, von aller Bitterkeit lösen, die uns sonst vergiftet und krank macht. Wir sind es nicht wert, an den Untaten der Mitmenschen zugrunde zu gehen.
Vergeben wir also von ganzem Herzen, auch wenn es nur innerlich geht. Wir müssen nicht zu besten Freunden mit dem Mitmenschen werden, aber haben auch wir Mitleid mit denen, die jetzt wegen ihrer Schuld an uns leiden müssen! Denken wir nicht „das geschieht ihm recht“, sondern haben wir ein Herz. Gott nimmt uns ja auch an und hat Mitleid, wenn wir die Konsequenzen unserer Sünde tragen müssen.
Wenn wir also wollen, dass Gott unser Gebet erhört, die Bittgebete der Psalmen, unsere eigenen Fürbittgebete, dann müssen wir uns auch mit allen Menschen versöhnen. Das sagt Jesus uns heute im Evangelium. Gott verleiht uns stets die Gnade, dass wir die Kraft dazu haben, einander zu vergeben. Nutzen wir sie und söhnen wir uns mit allen Menschen ohne Wenn und Aber aus! Gehen wir dann hinein in die Beichte und bitten wir Gott um Verzeihung für unsere Sünden. Dann wird er uns überschütten mit seiner barmherzigen Liebe. Dann wird er uns überreich segnen mit seinen Gaben. Dann bekommen wir unsere Heimat zurück, gleichsam zurück über den Jordan.

Ihre Magstrauss

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