Mittwoch der 24. Woche im Jahreskreis

1 Tim 3,14-16; Ps 111,1-2.3-4.5-6; Lk 7,31-35

1 Tim 3
14 Ich schreibe dir das in der Hoffnung, schon bald zu dir zu kommen.

15 Falls ich aber länger ausbleibe, sollst du wissen, wie man sich im Haus Gottes verhalten muss, welches die Kirche des lebendigen Gottes ist, Säule und Fundament der Wahrheit.
16 Wahrhaftig, groß ist das Geheimnis unserer Frömmigkeit: Er wurde offenbart im Fleisch, / gerechtfertigt durch den Geist, geschaut von den Engeln, / verkündet unter den Völkern, geglaubt in der Welt, / aufgenommen in die Herrlichkeit.

In der heutigen Lesung aus dem ersten Timotheusbrief hören wir eine spannende Aussage über die Säule des Glaubens. Oft wird von den Protestanten behauptet, dass alles auf der Bibel aufbaue – dabei gibt es diese ja nicht von Anfang an. Was aber von Anfang an existiert und wodurch wir überhaupt von Jesus Christus gehört haben, ist die Kirche. Doch zunächst zum Anfang:
Paulus hat Verhaltensregeln und Kriterienkataloge für Weihekandidaten aufgelistet. Nun macht er deutlich, dass er wohl wieder zurückkehren werde, aber zu einem unbestimmten Zeitpunkt. Bis dahin soll Timotheus sich um die Christen in Ephesus kümmern. In diesem Zusammenhang kommt nun diese so überraschende Aussage des Paulus: Die Kirche des lebendigen Gottes ist Säule und Fundament der Wahrheit. Ihr apostolisches Fundament ist es, das die Entstehung der Bibel überhaupt ermöglicht hat. Die Apostel sind Augen- und Ohrenzeugen. Sie haben Tag und Nacht mit Jesus verbracht, alles gehört und gesehen, was er gesagt und getan hat. Sie haben all diese Dinge unter dem Einfluss des Hl. Geistes verkündet und immer in Erinnerung gehalten, sodass sich das Evangelium Jesu Christi ausgebreitet hat, in die nächsten Generationen getragen wurde und nicht in Vergessenheit geriet. Erst mit der Zeit sind diese Inhalte ja verschriftlicht worden, doch die mündliche Verkündigung war ganz lebendig, sichergestellt durch das Wirken des Hl. Geistes, dem Erinnerer, wie es Christus schon in den Abschiedsreden angekündigt hat. Auch das Prinzip der sozialen Kontrolle hat dazu beigetragen, dass sich erst gar kein Stille-Post-Syndrom entwickeln konnte. Die Kirche ist das Fundament der Wahrheit. Sie hat uns die Bibel geschenkt, ihr verdanken wir die Überlieferung. Und kein geringerer als Paulus bekennt dies freimütig in seinem Brief – dieser Apostel, der von den Protestanten besonders geschätzt wird.
„Das Geheimnis unserer Frömmigkeit“ ist das Heilswirken Jesu Christi. Dass wir Christen bis heute überhaupt fromm sein können, haben wir seinem Tod und seiner Auferstehung zu verdanken. Gott hat sich uns offenbart auf eine Weise, wie wir es aus anderen Religionen nicht kennen.
Paulus zählt es auf in einer pathetischen Weise, fast wie in einem Hymnus: Gott offenbarte sich uns dadurch, dass er selbst Fleisch angenommen hat. Jesus Christus ist der Höhepunkt der Offenbarung Gottes. Aber was bedeutet es, dass Christus durch den Geist gerechtfertigt wurde? Er war doch ohne Sünde! Wir denken an das Ereignis der Taufe zurück. Er hat sich der Johannestaufe unterzogen, die ja ein Bußakt in Vorbereitung auf den Messias war, obwohl Christus überhaupt keinen Grund zur Buße hatte. Doch er hat es stellvertretend für uns alle getan, denn es gehörte bereits zu seinem Erlösungswirken so wie sein ganzes Leben schon Teil dieses Erlösungsplans war. Als Jesus getauft wurde, kam der Hl. Geist in Gestalt einer Taube auf ihn herab und der Vater sprach vom Himmel „dies ist mein geliebter Sohn“. Auf dieses Ereignis, das unsere Rechtfertigung durch unsere Taufe schon vorbereitet hat, spielt Paulus an. Christus ist Herr nicht nur über die Erde, sondern auch über den Himmel. Deshalb schauen die Engel ihn. Damit sagt Paulus aus, dass Christus nun in der Herrlichkeit des Himmels ist, wo die Engel ihn unentwegt schauen dürfen. Wir alle streben danach, es ihnen eines Tages gleichzutun. Christus wird „unter den Völkern“ verkündet. Das ist es, was gerade Paulus sein Leben lang tut: Er hat die Berufung zum Völkerapostel, das heißt zur Heidenmission.
Die Welt glaubt an Christus, denn er hat den Neuen Bund mit Gott besiegelt, der allen Menschen, also der ganzen Welt, angeboten wird. Überall, wo die Menschen zum Glauben an ihn kommen, lassen sie sich taufen.
Christus ist aufgenommen in die Herrlichkeit. Von dort wird er wiederkommen am Ende der Zeiten, um zu richten die Lebenden und die Toten. Dann wird von seiner Entäußerung nichts mehr übrig sein. Dann wird er in seiner ganzen Herrlichkeit erscheinen.

Ps 111
1 Halleluja! Dem HERRN will ich danken mit ganzem Herzen im Kreis der Redlichen, in der Gemeinde.
2 Groß sind die Werke des HERRN, erforschenswert für alle, die sich an ihnen freuen.
3 Hoheit und Pracht ist sein Walten, seine Gerechtigkeit hat Bestand für immer.
4 Ein Gedächtnis seiner Wunder hat er gestiftet, der HERR ist gnädig und barmherzig.
5 Speise gab er denen, die ihn fürchten, seines Bundes gedenkt er auf ewig.
6 Die Macht seiner Werke hat er seinem Volk kundgetan, um ihm das Erbe der Völker zu geben.

Heute beten wir Psalm 111, einen Lobpreispsalm mit weisheitlichen Anteilen. Er beginnt mit dem Hallelujaruf, der genau genommen ja einen Lobpreisaufruf darstellt, wie er als Einleitung in Psalmen oft ergeht. Denn Halleluja heißt „preist Jahwe“.
„Dem HERRN will ich danken mit ganzem Herzen im Kreis der Redlichen, in der Gemeinde“ ist eine liturgische Aussage. Es handelt sich also um einen Lobpreis in der Gruppe, im Gottesdienst. Man kann sich vorstellen, dass dieser Psalm bei Wallfahrtsfesten gebetet worden ist, denn er besingt die Heilstaten Gottes wie den Exodus.
„Groß sind die Werke des HERRN“ und deshalb sind sie „erforschenswert“. Wenn man sie bedenkt, wird man sich freuen und über Gott staunen, der so gut zu den Menschen ist.
„Hoheit und Pracht ist sein Walten, seine Gerechtigkeit hat Bestand für immer.“ Gottes Gerechtigkeit ist wirklich gerecht im Gegensatz zur Illusion einer Werksgerechtigkeit (also der Vorstellung, dass der Mensch sich durch seine Werke selbst erlösen kann). Seine Gerechtigkeit ist eine ewige, die sich im Moment des Weltgerichts am dichtesten zeigen wird.
Gott ist aber auch gnädig und barmherzig. Beides gehört zusammen – seine Gerechtigkeit und Barmherzigkeit. Er hat „ein Gedächtnis seiner Wunder“ gestiftet. Dieses haben wir schriftlich festgehalten in den beiden Testamenten. Sie sind Zeugnisse für Gottes wunderbare Heilstaten. Doch die primären Zeugen sind nicht solche Schriften, sondern ihre Schreiber – lebendige Menschen, die mit ihrem ganzen Leben Zeugnis für die Botschaft ablegen. Auch die Schriften des Alten Testaments sind erst viel später entstanden, nachdem mehrere Jahrhunderte hindurch die Inhalte mündlich verbreitet worden sind.
Gott gab jenen Speise, die gottesfürchtig sind. Wir denken einerseits an den Alten Bund, an die Wüstenzeit, als die Israeliten mit dem Manna gespeist worden sind, sodann mit den Turteltauben. Gott hat sein Volk wirklich gespeist mit der Nahrung vom Himmel! Wir denken auch an einzelne heilsgeschichtliche Gestalten wie Elija, der von Raben ernährt worden ist. Wir denken dann an die Speisungswunder im Neuen Testament, in denen Christus tausenden Menschen Brot und Fisch zu essen gegeben hat. Es sind Vorausbilder, die in der seelischen Speise ihre Erfüllung finden, die die Eucharistie ist. Sie ist die Nahrung der Gottesfürchtigen, die ihnen das ewige Leben ermöglicht.
Zum Schluss kommt ein Satz, der die Ausführungen des Paulus wunderbar bestätigt: Durch das auserwählte Volk hat Gott das Heil für alle Völker bereit. Durch Israel soll das Heil in Person, Jesus Christus, der ganzen Menschheit die Erlösung bringen.
Danken wir dem Herrn jeden Tag für die Erlösung, die uns zuteilgeworden ist. Wir hätten uns nie selbst erlösen können. Sein Gnadenakt für alle Zeiten hat uns das ewige Leben ermöglicht.

Lk 7
31 Mit wem soll ich also die Menschen dieser Generation vergleichen? Wem gleichen sie?

32 Sie gleichen Kindern, die auf dem Marktplatz sitzen und einander zurufen: Wir haben für euch auf der Flöte gespielt und ihr habt nicht getanzt; wir haben die Totenklage angestimmt und ihr habt nicht geweint.
33 Denn Johannes der Täufer ist gekommen, er isst kein Brot und trinkt keinen Wein und ihr sagt: Er hat einen Dämon.
34 Der Menschensohn ist gekommen, er isst und trinkt und ihr sagt: Siehe, ein Fresser und Säufer, ein Freund der Zöllner und Sünder!
35 Und doch hat die Weisheit durch alle ihre Kinder Recht bekommen.

Im Evangelium geht es heute drastisch zu. Wir sehen eine Form von Liebe, die auch notwendig ist, auch wenn wir sie nicht so gerne sehen wollen: Jesus wirft „dieser Generation“ vor, dass man es ihr nicht recht machen könne. Das Verhalten dieser Generation ist kindisch, deshalb wird auch der Vergleich mit Kindern auf dem Marktplatz verwendet. Gott liebt und wirbt immer um sein Volk, versucht verschiedene Methoden, es zu erweichen, doch es funktioniert nicht. Er schickt ihnen Johannes und versucht es, seine Braut mithilfe von Bußpredigt und Askese zur Umkehr zu bewegen. Stattdessen wirft man Johannes Besessenheit vor. Dann kommt Gott selbst und wird Mensch. Er kommt als Bräutigam, der Hochzeit feiert, damit die Braut endlich versteht, dass sie seine Braut ist! Doch Christus wird als Fresser und Säufer beschimpft. Die Braut hat die Zeit der Gnade nicht erkannt. Jesus spricht hier so harte Worte, weil er zu den Angesprochenen sonst nicht durchdringen kann.
Es heißt zum Schluss, dass die Weisheit Recht bekommen habe. Gemeint ist, dass Gottes Vorsehung hinter beiden steht, Johannes und Jesus. Sie legitimiert beide Verhaltensweisen, unabhängig davon, ob die Menschen es annehmen oder nicht. Dies deutet schon an, dass diese göttliche Weisheit sich durchsetzen und sich offenbaren wird. Dies wird schon mit der Auferstehung Jesu der Fall sein, dies wird umso mehr offenbar am Ende der Zeiten, wenn der Menschensohn in seiner Herrlichkeit wiederkommen wird. Dann werden es alle sehen und sich an die Brust schlagen. Auch wenn Jesus sehr drastische Bilder verwendet, ist es für uns eine Trostbotschaft: Auch wenn in unserer heutigen Zeit so viel Unrecht, Gottlosigkeit und Grausamkeit die Oberhand gewinnen, wird sich am Ende die göttliche Weisheit durchsetzen. Alles ist eingebettet in den Heilsplan Gottes für die ganze Menschheit. Und auch so in der Kirche: Auch wenn wir jetzt so viele schwarze Schafe sehen, auch gerade unter den Geistlichen, auch wenn wir so viel liturgischen Missbrauch, Ignoranz gegenüber der Gebote Gottes, Heuchelei, wenig Liebe und Barmherzigkeit sehen, dürfen wir uns sicher sein: Gott ist größer als das alles und er wird die Kirche erneuern. Die Mächte der Finsternis werden sie nicht überwältigen. Und die Liebe hört niemals auf.

Ihre Magstrauss

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