Jak 3,13-18; Ps 19,8.9.10.12 u. 15; Mk 9,14-29
Jak 3
13 Wer von euch ist weise und verständig? Er soll in weiser Bescheidenheit die Taten eines rechtschaffenen Lebens vorweisen.
14 Wenn ihr aber bittere Eifersucht und Streitsucht in eurem Herzen tragt, dann prahlt nicht und verfälscht nicht die Wahrheit!
15 Das ist nicht die Weisheit, die von oben kommt, sondern eine irdische, weltliche, teuflische Weisheit.
16 Wo nämlich Eifersucht und Streit herrschen, da gibt es Unordnung und böse Taten jeder Art.
17 Doch die Weisheit von oben ist erstens heilig, sodann friedfertig, freundlich, gehorsam, reich an Erbarmen und guten Früchten, sie ist unparteiisch, sie heuchelt nicht.
18 Die Frucht der Gerechtigkeit wird in Frieden für die gesät, die Frieden schaffen.
Wir hören heute wieder aus dem Jakobusbrief. Es geht um die Weisheit, die von oben kommt. Weisheit ist nicht gleichzusetzen mit Lebenserfahrung oder viel Wissen. Weisheit ist die Lebenskunst, zu erkennen, was wirklich wichtig ist. Wenn wir die Weisheit von Gott geschenkt bekommen, lehrt er uns, mit seinen Augen auf unser Leben zu schauen und zu erkennen, was wirklich wichtig ist.
Auch der Verstand ist eine Gabe des hl. Geistes. Sie ist dazu da, das Wozu zu begreifen von dem, was wir mithilfe der Weisheit als wichtig erkannt haben. Die Gabe des Verstandes übersteigt die menschliche Ratio, denn es geht, vor allem Glaubenswahrheiten zu verstehen und das Geschehene unseres Lebens auf den tieferen Sinn zu begreifen. Ein verständiger Mensch im charismatischen Sinne kann also von Gott und seinem heiligen Willen, also vom Wesentlichen, mehr verstehen als ein gebildeter und studierter Mensch.
Wenn man diese Gaben hat, muss das eigene Leben entsprechende Früchte tragen. Der Mensch soll ein rechtschaffenes Leben vorweisen. Gaben können nämlich schnell zum Streitpunkt und Anlass für Eifersucht sein. Schnell blicken die Mitchristen auf die Begabung des anderen und schauen gar nicht auf die eigenen Gaben. Die Versuchung ist groß, dass man sich etwas darauf einbildet, von Gott diese Gaben bekommen zu haben. Dann verliert man die Gnade.
Die Eifersucht ist gerade in den christlichen Gemeinden ein verbreitetes Problem. Wir haben damit zu kämpfen, weil alle nach der Gnade und Heiligkeit streben. Wo man anfängt, sich dabei zu vergleichen, kommt die Eifersucht auf. Aus Eifersucht entfachen Streits und das Chaos bricht aus. Die Hl. Schrift gibt so viele Anweisungen zur Ordnung in der Gemeinde, insbesondere die Briefe beschreiben immer wieder hierarchische Strukturen. Doch durch Eifersucht und Streit wird das alles durcheinandergebracht.
Wenn das geschieht, realisieren wir, dass da nicht Gottes Geist am Werk ist. Der Geist Gottes und die Weisheit, die Gott schenkt, sind pure Ordnung. Wo Gottes Geist wirkt, da ist Frieden, Freundlichkeit, Gehorsam. Dort gibt es keine Parteibildung und Heuchelei. Dort herrschen gerechte und friedliche Zustände. Das sind die Früchte der göttlichen Weisheit.
Seien wir wachsam, denn es ist vorprogrammiert, dass die Versuchungen kommen. Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten.
Ps 19
8 Die Weisung des HERRN ist vollkommen, sie erquickt den Menschen. Das Zeugnis des HERRN ist verlässlich, den Unwissenden macht es weise.
9 Die Befehle des HERRN sind gerade, sie erfüllen das Herz mit Freude. Das Gebot des HERRN ist rein, es erleuchtet die Augen.
10 Die Furcht des HERRN ist lauter, sie besteht für immer. Die Urteile des HERRN sind wahrhaftig, gerecht sind sie alle.
12 Auch dein Knecht lässt sich von ihnen warnen; reichen Lohn hat, wer sie beachtet.
15 Die Worte meines Munds mögen dir gefallen; was ich im Herzen erwäge, stehe dir vor Augen, HERR, mein Fels und mein Erlöser.
Wir beten heute einen Lobpsalm auf die Schöpfung Gottes und auf seine Weisung. Jesus Christus ist diese menschgewordene Torah, was mit „Weisung“ gemeint ist. Er ist auch die Weisheit in Person, über die wir in der Lesung nachgedacht haben. In seiner Person verdichten sich all diese Betrachtungen. Vers 8 preist die Vollkommenheit der Weisung. Sie „erquickt den Menschen“. Gott gibt keine Gebote auf, die den Menschen einschränken, belasten und unglücklich machen sollen. Es geht immer darum, dass er nur das Beste für den Menschen bereithält und genau weiß, was er braucht. Die Torah macht frei und bringt dem Menschen Heil. Betrachten wir diese Worte von der menschgewordenen Torah aus, erinnern wir uns an die Worte Christi: „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch erquicken (Mt 11,28).
„Das Zeugnis des HERRN ist verlässlich“ bezieht sich ebenfalls auf die Torah, denn das hebräische Wort עֵד֥וּת edut, das hier mit „Zeugnis“ übersetzt wird, kann auch mit „Gebot“ übersetzt werden. Es macht den Unwissenden weise, denn es ist die Schule Gottes. Auch Jakobus schreibt, dass wir die Weisheit Gottes erbitten müssen. Er schenkt sie uns. Es ist eine andere Weisheit als die der Welt. Sie übersteigt alles.
Gottes Befehle sind „gerade“ und „erfüllen das Herz mit Freude“. Gott erwartet nichts Unmögliches, bei dem man ganz überfordert ist und bei dem man keinen Überblick hat. Die Geradlinigkeit steht für die Nachvollziehbarkeit und Machbarkeit. Dafür möchte Gott uns auch die Gabe des Verstandes schenken: Wir sollen nachvollziehen können und die roten Linien Gottes in unserem Leben erkennen. Die Gebote erfüllen mit Freude, weil Gott den Menschen glücklich machen möchte. Freude ist eine Frucht des hl. Geistes und für uns ein Zeichen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Freude übersteigt die emotionale Ebene, denn sie ist nicht gleichzusetzen mit Fröhlichkeit. Es ist der innere Frieden und die Gewissheit, dass Gottes Macht alles übersteigt, dass Gott am Ende das letzte Wort hat und uns Heil bringt.
Gottes Weisung ist rein und erleuchtet die Augen. Sie ist ganz frei von bösen Absichten und Hinterhältigkeit. Sie ist so, dass sie den Weg vor dem Menschen erkennbar macht und er erkennt, wie er sich verhalten soll. Auch in Vers 10 wird mit ähnlichen Ausdrücken wiederholt, dass Gottes Weisung wahr und gerecht ist. Dort ist aber auch die Rede von der Gottesfurcht, die lauter ist. Dieses uns kaum noch geläufige Wort ist ein Synonym für „rein“ und soll verdeutlichen, dass die Gottesfurcht bei der Befolgung der Torah essenziell ist. Es geht bei der Gottesfurcht um ein Wort der Beziehung, das die rechte Absicht der Befolgung der Gebote ausdrückt: Sie sollen nicht aus Pflichtgefühl gehalten werden, sondern aus der Befürchtung, Gott sonst zu verletzen. Man möchte keinen Streit, sondern eine gute Beziehung zu dem, mit dem man in einem Bund vereint ist.
David selbst, der diesen Psalm dichtet, befolgt die Gebote als König Israels. Auch er unterstellt sich dem heiligen Willen Gottes und bezeichnet sich als dessen Knecht. Diese Demutsbekundung ist die richtige Haltung: Gott ist der Allmächtige, der auch den Mächtigen dieser Welt die Macht verleiht. Sie alle müssen im Grunde ihre Krone niederlegen vor dem König des Universums. So leitet auch König David seine Macht von Gott ab, weshalb er auf dem Teppich bleibt. Herrscher zu sein, bedeutet für ihn nicht, seinen eigenen Willen durchzusetzen. Auch er ist gebunden, nämlich an Gottes Weisung. Wer so eingestellt ist, wird belohnt mit dem Segen Gottes.
„Die Worte meines Munds mögen dir gefallen“ bezieht sich auf den Lobpreis, den König David hier für Gottes Torah und seine Schöpfung formuliert. Er hofft, dass sein Preislied Gott gefalle. Dass es aber nicht nur um schöne Worte geht, sondern auch um die Erwägung seines Herzens, wird durch den zweiten Teilsatz deutlich: „was ich im Herzen erwäge, stehe dir vor Augen“. Er bringt singend also zum Ausdruck, was sein Herz erwägt. So soll auch unser Lobpreis sein, damit Gott uns nicht vorwerfen kann: „Sie preisen mit mit ihren Lippen, doch ihr Herz ist weit weg von mir“ (Jes 29,13).
David nennt Gott zum Schluss seinen Felsen und seinen Erlöser. Beides sind Bilder, die Jesus aufgreifen wird bzw. die auf ihn angewandt werden.
Die Weisung Gottes ist dafür da, den Menschen glücklich zu machen und der Kern aller Gebote und Gesetze ist die Liebe. Das geht schon aus dem AT selbst hervor. Wenn Jesus dies noch einmal betonen wird, ist es im Grunde nichts Neues, sondern eine Erinnerung daran, wie es ursprünglich gedacht war. Wenn wir Lesung und Psalm zusammen betrachten, erkennen wir viele Gaben und Früchte des hl. Geistes, wie sie an vielen anderen Stellen der hl. Schrift aufgezählt werden. Es geht wahrlich um ein Leben im hl. Geist!
Mk 9
14 Als sie zu den anderen Jüngern zurückkamen, sahen sie eine große Menschenmenge um sie versammelt und Schriftgelehrte, die mit ihnen stritten.
15 Sobald die Leute Jesus sahen, liefen sie in großer Erregung auf ihn zu und begrüßten ihn.
16 Er fragte sie: Warum streitet ihr mit ihnen?
17 Einer aus der Menge antwortete ihm: Meister, ich habe meinen Sohn zu dir gebracht. Er ist von einem stummen Geist besessen;
18 immer wenn der Geist ihn überfällt, wirft er ihn zu Boden und meinem Sohn tritt Schaum vor den Mund, er knirscht mit den Zähnen und wird starr. Ich habe schon deine Jünger gebeten, den Geist auszutreiben, aber sie hatten nicht die Kraft dazu.
19 Da sagte er zu ihnen: O du ungläubige Generation! Wie lange muss ich noch bei euch sein? Wie lange muss ich euch noch ertragen? Bringt ihn zu mir!
20 Und man führte ihn herbei. Sobald der Geist Jesus sah, zerrte er den Jungen hin und her, sodass er hinfiel und sich mit Schaum vor dem Mund auf dem Boden wälzte.
21 Jesus fragte den Vater: Wie lange hat er das schon? Der Vater antwortete: Von Kind auf;
22 oft hat er ihn sogar ins Feuer oder ins Wasser geworfen, um ihn umzubringen. Doch wenn du kannst, hilf uns; hab Mitleid mit uns!
23 Jesus sagte zu ihm: Wenn du kannst? Alles kann, wer glaubt.
24 Da rief der Vater des Knaben: Ich glaube; hilf meinem Unglauben!
25 Als Jesus sah, dass die Leute zusammenliefen, drohte er dem unreinen Geist und sagte: Ich befehle dir, du stummer und tauber Geist: Verlass ihn und kehr nicht mehr in ihn zurück!
26 Da zerrte der Geist den Knaben hin und her und verließ ihn mit lautem Geschrei. Er lag da wie tot, sodass alle Leute sagten: Er ist gestorben.
27 Jesus aber fasste ihn an der Hand und richtete ihn auf und er erhob sich.
28 Jesus trat in das Haus und seine Jünger fragten ihn, als sie allein waren: Warum konnten denn wir den Dämon nicht austreiben?
29 Er antwortete ihnen: Diese Art kann nur durch Gebet ausgetrieben werden.
Auch im Evangelium geht es um Streitereien, die man auf Eifersucht zurückführen kann. Es geht um eine Auseinandersetzung zwischen den Jüngern Jesu und den Schriftgelehrten, die ausgelöst wurde aufgrund eines Besessenenfalls.
Es geht um einen Jungen, der von einem stummen Dämon besessen ist und den ein Vater zu den Jüngern Jesu gebracht hat. Es spielt sich in der Abwesenheit Jesu ab, als dieser mit drei der Apostel auf den Tabor gestiegen und verklärt worden ist. Sie kommen zurück vom Berg und bekommen den Aufruhr mit. Die Jünger Jesu haben es nicht geschafft, den Jungen von dieser Art der Besessenheit zu befreien. Man muss dazu sagen, dass ein stummer Dämon der schwierigste Fall ist. Bei einem Exorzismus ist das Entscheidende, den Namen des Dämons zu erfahren, um ihn bannen zu können. Wenn der Dämon jedoch nicht spricht, ist es nicht möglich. Der Exorzismus ist eine Aufgabe, die bei den Juden von den Pharisäern übernommen wird. Stumme Dämonen können sie jedoch nicht austreiben. Das macht das nun Geschehene so signalhaft. Jesus ist nicht einfach Mensch, sondern auch Gott. Deshalb vermag er, was die anderen nicht vermögen. In seiner Abwesenheit versuchten seine Jünger es erfolglos. Der Grund dafür ist der mangelnde Glaube – sowohl bei den Exorzisten als auch bei den Angehörigen und Leidenden. Deshalb ist Jesus sehr hart in seiner Antwort: „O du ungläubige Generation! Wie lange muss ich noch bei euch sein? Wie lange muss ich euch noch ertragen?“ Er möchte aufrütteln, nicht verletzen. Deshalb spricht er solche Worte. Die Menschen sollen verstehen, dass der Glaube absolut entscheidend ist. Er hat zudem seine Jünger mit der Gabe des Exorzismus bereits ausgestattet, als er sie in die umliegenden Dörfer ausgesandt hat (Mk 6). Sie hätten es also hinbekommen sollen. Sie waren ja mit Jesu Vollmacht ausgestattet worden.
Sogleich lässt er den Jungen zu sich bringen und stellt die typischen Fragen eines Exorzismus wie z.B. wie lange der Junge schon besessen ist.
Der Vater erklärt ihm alles. Es ist ganz typisch, dass der Dämon den Jungen zu selbstzerstörerischem Verhalten verleitet, denn das ist das Kennzeichen des Bösen. Der Mann bittet Jesus um Hilfe, wenn er kann. Dies greift Jesus auf, um zu betonen, was das eigentliche Problem ist: Jesus vermag alles, doch die Angehörigen haben keinen Glauben. Jesus kann, aber die Angehörigen müssen ihm ganz glauben. Der Vater möchte glauben, der Wille ist da. Also ruft er etwas aus, das wir uns alle zu Herzen nehmen müssen: Ich glaube, hilf meinem Unglauben! Glaube ist ein Geschenk Gottes, eine göttliche Tugend, die uns eingegossen wird in der Taufe. Doch wir müssen sie immer wieder vom Herrn erbitten bzw. Holz nachlegen, damit dieser Glaube nicht erlischt. Glaube hängt auch zusammen mit unserem Willen. Es ist ein Willensakt, zu sagen, dass man glaubt. Das erkennt in dem Moment auch der Vater des besessenen Jungen, weshalb er ausruft: Ich glaube. Er entscheidet sich, Jesus zu glauben und zugleich um das Geschenk des Glaubens zu bitten. Wir müssen auch so beten: Herr, ich möchte dir wirklich glauben, auch wenn ich es nicht kann. Gib du mir das Geschenk des Glaubens, um diesem Mangel Abhilfe zu verschaffen! Und der Akt des Bittens ist bereits der Weg zum Glauben. Es ist ein Gebet und im Gebet wächst unser Glaube.
Jesus exorziert daraufhin den stummen Geist, der nun auch als tauber Geist bezeichnet wird. Er hat die göttliche Vollmacht, diese Art von Geist auszutreiben, was den Menschen signalisiert: Er ist Gott. Das sollten vor allem die Schriftgelehrten begreifen, die anwesend sind. Sie kennen die Schriften so gut wie kein anderer. Sie sollten die messianischen Schriftstellen kennen und auf Jesus anwenden.
Der Dämon verlässt den Jungen, der wie tot daliegt. Jesus fasst ihn an der Hand und richtet ihn auf. Das ist ein Gestus, der ganz signalhaft ist und auf Jes 41 zurückgeht.
Später fragen die Jünger Jesus, warum er das tun konnte, sie aber nicht. Jesus erklärt, dass manche Dämonen nur durch Gebet ausgetrieben werden können. In anderen Textzeugen heißt es „durch Gebet und Fasten“. Diese Kombination ist besonders wirkmächtig und wird bald wieder vermehrt Thema für uns. Nächste Woche beginnt die Fastenzeit.
Es geht in den heutigen Texten um die Gaben Gottes, die er uns schenken möchte: Weisheit, Verstand, die Früchte des hl. Geistes, den Glauben, den Exorzismus, ja, auch seine Gebote. Es ist wichtig, dass wir alles dankbar annehmen und alles vertrauensvoll erbitten. Wir sind schwache Menschen und genügen dem Anspruch oft nicht. Das darf uns nicht zerstören und entmutigen, denn wir leben als Kinder Gottes aus der Gnade unserer Taufe und Firmung, aus der Gnade unseres Ehesakraments oder unserer Priesterweihe. Wir müssen nicht aus eigener Kraft unser Leben leben. Gottes Gnade geht voraus und begleitet uns auch in der konkreten Situation. Die helfende Gnade ist uns treuer Begleiter. Wir müssen sie aber auch beanspruchen. Wir dürfen immer wieder beten: Herr, gib mir Weisheit. Herr, gib mir Verstand. Herr, hilf meinem Unglauben. Herr, zeige mir deine Wege, um deinen Willen zu tun. Wie schön, dass wir nicht auf uns alleingestellt leben müssen und dabei eine große himmlische Familie haben mit Freunden und Vorbildern, die bereits bei Gott sind! Ihre Fürsprache ist uns sicher, besonders die der Gottesmutter und des hl. Josef.
Ihre Magstrauss