Vor einigen Tagen gedachten wir des Basilius, heute geht es um seinen Bruder Gregor, mit dem er und Gregor von Nazianz die Gruppe der großen Kappadokier bildet, ein Fels in der Brandung gegen die Häresie in der frühen Kirche. Gregor ist 338 in Cäsarea geboren und 394 in Sebaste gestorben. Er war Metropolit von Sebaste und ist Kirchenlehrer. Er stammt aus einer sehr frommen Familie, in der jedes Familienmitglied heiliggesprochen wurde: der Vater Basilius der Ältere, die Mutter Emmelia, der Bruder Basilius der Große, die Schwester Makrina die Jüngere.
Gregor wurde zunächst Lektor, dann Redner, heiratete zunächst, trat aber nach dem Tod seiner Frau Eusebia in ein von Basilius gegründetes Kloster ein. 371 weihte ihn Basilius zum Bischof von Nyssa. Wegen Veruntreuung von Geldern seiner Diözese und Kontakten zu dem Anhänger des Monarchianismus und Bestreiter der Lehre von der Dreieinigkeit, Marcellus von Ancyra gab es Konflikte mit Basilius. Im Zuge der Vorherrschaft der Anhänger des Arianismus wurde Gregor 374 abgesetzt und lebte bis 378 in einem Versteck. Nach Basilus‘ Tod wurde er der führende Theologe zur Verteidigung der Beschlüsse des 1. Konzils von Nicäa, so 379 auf der Synode in Antiochia. 380 wurde Gregor Metropolit von Sebaste und war ein starker Gegner des Arianismus. Er nahm auf dem Konzil von Konstantinopel 381 und den folgenden Synoden in den Jahren 382 und 383 die Position gegen den Arianismus ein. Er war in erster Linie ein Gelehrter, schrieb aber auch zahlreiche theologische, mystische und klösterliche Werke. Neben kontroversen Antworten auf Häretiker, insbesondere auf die Arianer – in denen er die Lehre von der Dreifaltigkeit (Vater, Sohn und Heiliger Geist) formulierte, die sich als klare und überzeugende Antwort auf die arianischen Fragen herausstellte – ergänzte er Basilius‘ Hexaëmeron („Sechs Tage“), Predigten über die Tage der Schöpfung, mit „Die Erschaffung des Menschen“ und verfasste in seiner Großen Katechese (oder Ansprache zur religiösen Unterweisung) einen klassischen Abriss der orthodoxen Theologie. Das letztgenannte Werk ist besonders bemerkenswert, weil es systematisch den Platz der Sakramente in der christlichen Sicht der Wiederherstellung des Ebenbildes Gottes in der menschlichen Natur – verloren durch die Sünde beim Sündenfall Adams – entwickelt. Seine kurze Abhandlung „Nicht drei Götter“ setzt die Theologie der kappadokischen Väter von drei Personen in der Gottheit (d. h. der Dreifaltigkeit) in Beziehung zu Platons Lehren vom Einen und den Vielen. Als christlicher Platoniker folgte Gregor dem großen alexandrinischen Theologen Origenes, wenn auch nicht in sklavischer Weise. Vor allem teilte er Origenes‘ Überzeugung, dass die materielle Natur des Menschen eine Folge des Sündenfalls ist, und auch Origenes‘ Hoffnung auf eine endgültige universelle Erlösung. In Anlehnung an Platons Phaidos stellte Gregor seine Lehre von der Auferstehung in Form eines Gesprächs mit seiner Schwester, der Äbtissin Makrina, auf dem Sterbebett dar. Platonische und christliche Inspiration verbinden sich in Gregors asketischen und mystischen Schriften, die die Frömmigkeitstraditionen der orthodoxen Ostkirche und (indirekt) der westlichen Kirche beeinflusst haben. Sein „Leben der Makrina“ verbindet eine Biografie mit einer Anleitung zum monastischen Leben. Die Jungfräulichkeit und andere Abhandlungen über das asketische Leben werden durch das mystische Leben des Moses gekrönt, das die Reise der Israeliten von Ägypten zum Berg Sinai im 13. Jahrhundert v. Chr. als Muster für den Weg der Seele durch die Versuchungen der Welt bis zur Vision Gottes behandelt. Ein bemerkenswerter Schwerpunkt von Gregors Lehre ist der Grundsatz, dass das geistliche Leben nicht von statischer Vollkommenheit, sondern von ständigem Fortschritt geprägt ist. Seine größte Errungenschaft ist seine bemerkenswert ausgewogene Synthese griechischer und christlicher Traditionen in einem Zeitalter, in dem beide von kräftigen und scharfsinnigen Geistern vertreten wurden.
Gregor vernachlässigte jedoch nicht seine praktischen und seelsorgerischen Aufgaben, wie seine erhaltenen Briefe und Predigten belegen. Viele der letzteren wurden zum Lob der in Kappadokien verehrten Heiligen oder zur Feier der großen Tage des Kirchenjahres verfasst. Andere, wie Gregors Angriffe auf den Wucher und den Aufschub der Taufe, befassen sich mit ethischen Problemen der Kirche seiner Zeit. Seine intimeren Reden über das Vaterunser und die Seligpreisungen (Matthäus 5,3-12) verbinden ethische und andächtige Interessen, ebenso wie sein Kommentar zum Hohelied Salomos. Gregor nahm nur ungern an Versammlungen von Bischöfen teil, wurde aber regelmäßig eingeladen, bei solchen Gelegenheiten zu predigen. Sein letzter öffentlicher Auftritt war auf einem Konzil in Konstantinopel. Gregors kirchliche Karriere war weniger erfolgreich als die von Basilius und Gregor von Nazianz, aber sein Werk als Gelehrter und Schriftsteller war kreativ.
Seine „Klage über die Gottvergessenheit der Menschen“ ist total aktuell:
Klar sehe ich nämlich, dass heutzutage allem Möglichen mit größtem Eifer nachgegangen wird, indem der eine sein Herz an dieses, der andere an jenes hängt; das kostbare Gut des Gebets aber lassen sich die Menschen nicht angelegen sein. In aller Frühe eilt der Kaufmann an sein Geschäft, eifersüchtig bemüht, eher als seine Gewerbsgenossen seine Waren den Käufern anzubieten, um deren Wünsche zuerst zu befriedigen und die Waren schnell anzubringen. … Und weil alle die gleiche Gewinnsucht haben, und jeder dem anderen zuvorkommen will, so wird vor lauter Geschäftseifer die Zeit, welche dem Gebete gewidmet werden sollte, in missbräuchlicher Weise auf Handel und Verdienst verwendet. So macht es der Handwerker, so der Gelehrte, so der Prozessführende, so der Richter: Jeder verlegt sich ganz und gar auf Geschäft und Beruf; der Gebetsdienst aber wird völlig vergessen, in dem Wahn, die Zeit, welche man auf den Umgang mit Gott verwendet, bedeute einen Schaden für unsere irdischen Obliegenheiten. … In gleicher Weise verdrängen auch die übrigen Berufe die Beschäftigung der Seele mit den höheren und himmlischen Dingen durch die Sorge um die leiblichen und irdischen. Infolgedessen ist die Sünde so mannigfach im Leben verbreitet, nimmt stets wachsend immer größeren Umfang an und dringt immer mehr in das Tun und Lassen der Menschen ein, weil allenthalben Gottvergessenheit herrscht und die Menschen den Segen des Gebetes nicht an ihre Beschäftigungen knüpfen wollen.
Weitere Zitate von Gregor von Nyssa:Die Gesundheit der Seele besteht in der Entschlossenheit, immerdar den Willen Gottes zu tun, wie umgekehrt das Aufgeben dieser Bereitwilligkeit in die Seele die Krankheit trägt, die schließlich zum Tode führte.
Gott erzieht uns durch das, was uns widerwärtig ist.
Hl. Gregor, bitte für uns!
Hier die Auslegung des Tages: https://magstrauss.com/2021/01/12/dienstag-der-1-woche-im-jahreskreis-2/
Ihre Magstrauss
Vielen Dank für diese ausführliche Vita des Bischofs Gregor von Nyssa.
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