Fronleichnam – nachgeholtes Hochfest

Heute ist Fronleichnam. Was ist das eigentlich für ein Fest und was bedeutet das Wort „Fronleichnam“?

Der Begriff kommt von dem mittelhochdeutschen vrône lîcham und heißt „des Herren Leib“. Eigentlich heißt der Feiertag im liturgischen Kalender „Hochfest des Leibes und Blutes Jesu Christi“ (Sollemnitas Sanctissimi Corporis et Sanguinis Christi). Daran erkennen wir schon, was wir feiern – die Eucharistie. Vielleicht denken Sie direkt an Gründonnerstag, an dem wir ja bereits die Einsetzung der Eucharistie gefeiert haben. Das stimmt auch, nur können wir in der Karwoche so kurz vor dem Tod Christi nicht richtig in Feststimmung verfallen. Deshalb holen wir dies an Fronleichnam nach.


Es ist ein Hochfest, das heißt, alle Katholiken sind verpflichtet, an diesem Tag zur Hl. Messe zu gehen. Es gehört zum dritten Gebot, also zur Heiligung des Sonntags, zu dem auch alle anderen Hochfeste zählen. Bei Verletzung dieses göttlichen Gebotes begehen wir eine schwere Sünde. Schließlich feiern wir den Leib Christi, der der Herzschlag unserer Kirche ist.

An Fronleichnam wird der Leib Christi, für uns sichtbar als kleine unscheinbare Oblate, in einer kostbaren Monstranz durch die Straßen unserer Orte getragen. Wir gehen hinter dem Herrn her, beten und singen. Wir preisen ihn, dem wir alles zu verdanken haben und der es wert ist, unser Lob und unsere Anbetung zu empfangen.

Warum tun Katholiken das auf diese Weise? Könnte man nicht auch anders den Leib Christi anbeten?

Gehen wir doch einmal zurück zur Hl. Schrift. Wir lesen davon, dass als Maria Jesus empfing, als Gott sich mit Materie verband, Maria nicht zuhause blieb. Sie machte sich auf den Weg ins Bergland von Judäa und brachte den Herrn zu Elisabeth, zu Johannes den Täufer, zum Hause derer, die als erstes den physisch gegenwärtigen Gott anbeteten. Maria war sozusagen der erste Tabernakel. Sie war die erste Monstranz.

Wenn wir von dieser wörtlichen Ebene weitergehen und diese Erzählung allegorisch betrachten, sehen wir darin einen Typos der Kirche. Die Kirche ahmt diesen Gang Mariens mit Jesus unter ihrem Herzen nach, in dem sie den Herrn nicht in der Kirche, dem Haus Gottes lässt, sondern ihn in die Welt hinausträgt, damit auch wir wie Elisabeth sagen können: “ Gesegnet bist du unter den Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes.“ (Lk 1,42). Der Antitypos der „Frau“, wie es in dem Ausruf Elisabeths heißt, ist die Kirche. Sie ist nun die Frau, die Braut Christi und sie „gebärt“ mit jeder Eucharistiefeier den Herrn, der „Fleisch annimmt“ (Joh 1,14). Diese Geburt ist natürlich nicht wörtlich, dennoch physisch zu verstehen.


Betrachten wir die Episode des Besuches Mariens bei Elisabeth noch weiter, nämlich moralisch: Wir bleiben nicht in der Rolle der Elisabeth stehen. Als Katholiken haben wir diese überwältigende Ehre, den Herrn selbst zu empfangen! Wie sehr muss der Herr uns lieben, dass er auch in uns Fleisch annehmen will? Nach jeder Hl. Messe gehen wir als Tabernakel und Monstranz hinaus in die Welt und tragen den Herrn zu den Menschen. Ist uns das bewusst? Wir bringen Jesus zu allen Menschen, denen wir begegnen. Wenn wir uns durch die Eucharistie verwandeln lassen und durch unser Verhalten immer mehr zum Resonanzkörper Gottes werden, dann werden die Menschen, zu denen wir den Herrn bringen, wie Elisabeth vom Hl. Geist erfüllt werden und Gott die Ehre geben. Unser Glaube wird sie anstecken.


Schließlich ergibt sich für uns noch eine weitere Perspektive, nämlich die anagogische: Der Herr ist uns vorausgegangen in die Ewigkeit, hat uns aber vom Vater den Hl. Geist gesandt, durch den die Kirche lebt und wirkt. Wir leben in der Endzeit und warten auf die Wiederkunft Christi. Und wenn wir wachsam und bereit leben im Bewusstsein, dass das eigentliche Leben in der Ewigkeit beginnt, werden wir – jeder einzelne nach dem Tod und die ganze Menschheit am Ende der Zeiten – voller Begeisterung über die Gegenwart Gottes wie Elisabeth vom Hl. Geist erfüllt dem Herrn die Ehre geben – bis in alle Ewigkeit. Das wird unsere „Tätigkeit“ im Himmel sein. Der Hl. Geist, die Liebesglut Gottes, wird für den ein oder anderen gewiss so überwältigend sein, dass es wehtut. Schon Elisabeth hat gesagt: „Wer bin ich, dass die Mutter des Herrn zu mir kommt (Lk 1,43)?“Aber durchs Feuer geläutert (1 Kor 3,13-15) werden wir bereitet, vor Gott bestehen zu können und den Elisabeth-Maria-Moment ewig auskosten zu können. Dann werden wir Gott nicht mehr sakramental sehen, nicht mehr als ungeborenes Kind, sondern so wie er ist (1 Joh 3,2).


Um nun also auf Fronleichnam zurückzukommen: Wenn wir mit dem Leib Christi durch die Straßen ziehen, nehmen wir sakramental vorweg, was wir im Himmel ewig erfahren werden – die Wohnung Gottes unter den Menschen (Offb 21,3). In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein gesegnetes Fronleichnamsfest.

Ihre Magstrauss

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