Freitag der 3. Woche der Fastenzeit

Hos 14,2-10; Ps 81,6c-8b.8c-9.10-11b.14 u. 17; Mk 12,28b-34

Hos 14
2 Kehr um, Israel, zum HERRN, deinem Gott! Denn du bist zu Fall gekommen durch deine Schuld.

3 Nehmt Worte der Reue mit euch, kehrt um zum HERRN und sagt zu ihm: Nimm alle Schuld hinweg und nimm an, was gut ist: Anstelle von Stieren bringen wir dir unsere Lippen dar.
4 Assur kann uns nicht retten, wir wollen nicht mehr auf Pferden reiten und zum Machwerk unserer Hände sagen wir nie mehr: Unser Gott. Denn nur bei dir findet ein Waisenkind Erbarmen.
5 Ich will ihre Untreue heilen und sie aus freiem Willen wieder lieben. Denn mein Zorn hat sich von Israel abgewandt.
6 Ich werde für Israel da sein wie der Tau, damit es sprosst wie die Lotosblüte und seine Wurzeln schlägt wie der Libanon.
7 Seine Zweige sollen sich ausbreiten, sodass seine Pracht wie die des Ölbaums wird und sein Duft wie der des Libanon.
8 Die in seinem Schatten wohnen, bauen wieder Getreide an und sie sprossen wie der Weinstock, dessen Wein so berühmt ist wie der Wein vom Libanon.
9 Efraim, was habe ich noch mit den Götzen zu tun? Ich, ja, ich habe ihm geantwortet und achte auf ihn: Ich bin wie der grünende Wacholder, an mir findest du reiche Frucht.
10 Wer weise ist, begreife dies alles, wer klug ist, erkenne es. Ja, die Wege des HERRN sind gerade; die Gerechten gehen auf ihnen, die Treulosen aber kommen auf ihnen zu Fall.

Heute hören wir als Kern der Lesung wie so oft in der Fastenzeit den Aufruf zur Umkehr. Die Propheten Israels haben zumeist die Aufgabe, Gottes Umkehrappell an sein auserwähltes Volk zu richten. Deshalb hören wir viele prophetische Lesungen in der Fastenzeit. Heute hören wir vom Propheten Hosea, der im Gegensatz zu Jeremia sein Wirkungsgebiet im Nordreich Israel hat. Jeremia ruft im Südreich Juda zur Umkehr auf, bevor die Babylonier alles zerstören und derportieren. Hosea ruft zur Umkehr auf, bevor die Assyrer das Nordreich einnehmen: „Kehr um, Israel, zum HERRN, deinem Gott! Denn du bist zu Fall gekommen durch deine Schuld.“ Dies sagt er auch uns zu, die wir uns immer wieder vor Gott versündigen. Und weil wir jeden Tag sündigen, müssen wir auch jeden Tag neu umkehren.
„Nehmt Worte der Reue mit euch“ – das ist schon fortschrittlich, denn es ist oft so, dass stattdessen Tieropfer dargebracht werden, um Gott zu besänftigen. Stattdessen schaut Hosea auf die Beziehungsebene Gottes mit den Israeliten. Er fordert die Israeliten auf, sich zu entschuldigen wie nach einem Streit in einer Beziehung. Er gibt sogar die Worte vor: „Anstelle von Stieren bringen wir dir unsere Lippen dar.“ Er trifft es genau. Der Bundesschluss bringt eine Beziehung mit sich, die gepflegt werden muss.
Offensichtlich besteht die Sünde im freundschaftlichen Umgang mit Assur und der entsprechenden Götzen. „Israel“, was zu jener Zeit auf das Nordreich zu beziehen ist im Gegensatz zum gängigen Begriff „Juda“ für das Südreich, ist den assyrischen Gottheiten verfallen, was wir an der Wendung „Machwerk unserer Hände“ erkennen können. Es ist ironisch, wie Israel mit den Assyrern anbandelt, obwohl es dann zum assyrischen Vasallen werden sollte, gewiss mit bestimmten Rechten, aber vor allem unfrei.
Hosea hat eine gute Nachricht für die Israeliten, wenn sie die Beziehung zu Gott kitten. Er sagt seinem Volk nämlich zu: „Ich will ihre Untreue heilen und sie aus freiem Willen wieder lieben. Denn mein Zorn hat sich von Israel abgewandt.“ Gott möchte barmherzig sein und seinem Volk vergeben.
Gott hat noch weitere Verheißungen für sein Volk, die Hosea übermittelt: „Ich werde für Israel da sein wie der Tau“ – Das heißt, er sorgt dafür, dass das Volk mit Feuchtigkeit versorgt wird. Es ist ein Zeichen von Segen, genauso wie der Regen. Wir erinnern uns einerseits an den Messias, der wie Tau auf die Erde herabkommt und den wir in der Adventszeit auch besingen (Rorate caeli), andererseits an den Hl. Geist, der ja das lebendige Wasser ist, das uns tränkt.
Wenn Gott seinem Volk zusagt, dass es wachsen wird und die Zweige ausbreiten soll, dann denken wir historisch-wörtlich an die Ausbreitung geographischer Art, von der Bevölkerung oder vom politischen Einfluss her etc. Der Baum, der sich ausbreitet, erinnert uns an Jesu Worte vom Senfkorn. Das Reich Gottes ist es, das sich verbreitet, vor allem durch den Tau Gottes, den Hl. Geist. Nach dem Pfingstereignis sehen wir, wie schnell sich das Evangelium Jesu Christi verbreitet hat.
Wenn Israel endlich von den Götzen ablässt, wird es so kommen und dann wird es reiche Frucht bringen.
Gottes Wege sind gerade – sie sind also eigentlich leicht zu beschreiten. Sie sind deutlich und nachvollziehbar. Gott erwartet nie etwas, was er geheim offenbart, sondern er spricht immer offen und öffentlich. Die Gerechten gehen auf ihnen, weil mit diesem Weg moralisch ein gottgefälliger Lebenswandel gemeint ist. Deshalb kommen auch die Treulosen auf ihnen zu Fall. Sie bestehen den Weg nicht, weil sie sich nicht an die Gebote Gottes halten.
Auch uns sagt Gott zu: Wenn du meine Gebote hältst, wenn du von deinen Götzen ablässt, dann kannst du wachsen zu einem mächtigen Baum und du wirst ganz viel Segen haben. Entscheiden wir uns heute für Gott, der uns wirklich glücklich machen und überreich beschenken will.

Ps 81
6 Eine Stimme höre ich, die ich noch nie vernahm:
7 Seine Schulter hab ich von der Bürde befreit, seine Hände kamen los vom Lastkorb.
8 Du riefst in der Not und ich riss dich heraus; ich habe dich aus dem Versteck des Donners erhört, an den Wassern von Meríba geprüft.
9 Höre, mein Volk, ich will dich mahnen! Israel, wolltest du doch auf mich hören!
10 Kein fremder Gott soll bei dir sein, du sollst dich nicht niederwerfen vor einem fremden Gott.
11 Ich bin der HERR, dein Gott, der dich heraufgeführt hat aus Ägypten.
14 Ach, dass mein Volk doch auf mich hörte, dass Israel gehen wollte auf meinen Wegen!
17 Ich würde es nähren mit bestem Weizen, dich sättigen mit Honig aus dem Felsen.

Wir beten heute Psalm 81, in dem wir eine heilsgeschichtliche Rückschau erhalten. Dabei handelt es sich um ein Zeugnis, dass Gott Josef hinterlassen hat. Deshalb steht es in der Ich-Form Gottes und ist an Israel in der dritten Person gerichtet: „Seine Schulter habe ich von der Bürde befreit, seine Hände kamen los vom Lastkorb.“ Gott hat Israel aus der Sklaverei Ägyptens befreit, als er Mose dazu beauftragte, das Volk herauszuführen, einhergehend mit vielen großen Zeichen und Plagen. So hat Gott auch die Schulter Christi von der Bürde des Kreuzes befreit, das er mühevoll nach Golgota schleppen musste. Gott entlastet unsere Schulter auch in unserem Leben immer wieder, denn Jesus hat gesagt: „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch erquicken.“
„Du riefst in der Not und ich riss dich heraus“ – Gott hat das Schreien seines Volkes in Ägypten gehört, er hörte auch das Schreien seines Volkes im babylonischen Exil. Er hörte auch den Schrei seines Sohnes am Kreuz, als er seinen Geist aushauchte. Und auch unseren Schrei hört Gott. Er reißt auch uns aus der Not heraus, die wir vor allem in seinem Namen erleiden müssen.
„Aus dem Versteck des Donners“ ist eine Beobachtung, die immer wieder als Theophaniezeichen im Alten und Neuen Testament erscheint. Gottes Gegenwart, die ein Geheimnis ist (deshalb Versteck), wird immer wieder von Donner begleitet. Und trotz dieses Lärms hört er die Schreie seiner Kinder. Und dieses Gedonner erfuhr das Volk am Sinai, als ein großes Gewitter sich auf dem Gipfel abspielte und Gottes Gegenwart darauf hinabfuhr.
Er hat sein Volk auch auf die Probe gestellt, nämlich in Massa und Meriba, als das Volk dürstete und eben nicht den Tau Gottes zu spüren bekam. Gott prüfte auch seinen eigenen Sohn, als dieser am Kreuz die absolute Gottverlassenheit zu spüren bekam. Er prüft auch uns in unserem Leben, um unseren Glauben zu stärken. Dann spüren auch wir das Schweigen Gottes und werden bewusst einer Durststrecke ausgesetzt. Gott möchte auch dann, dass wir ihm vertrauen, dass er uns nicht verdursten lässt.
Gott hat so viel Gutes für sein Volk getan und es immer wieder aus der Not gerettet. Deshalb bittet er es eindringlich, ihm treu zu sein und nicht fremden Göttern nachzulaufen. Er hat alles für sein Volk getan, so kann er doch erwarten, dass es ihm treu bleibt und auf seinen Wegen wandelt. Dies ist durchaus moralisch zu verstehen, denn es meint das Halten der Torah, die er dem Volk am Sinai durch Mose vermittelt hat.
Gott hat für sein Volk nur das beste bereit und möchte es überreich segnen. („mit bestem Weizen“, „Honig aus dem Felsen“). Dafür muss es sich aber entscheiden, auf seinen Wegen zu gehen.

Mk 12
28 In jener Zeit ging ein Schriftgelehrter zu Jesus hin und fragte ihn: Welches Gebot ist das erste von allen?
29 Jesus antwortete: Das erste ist: Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr.
30 Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit deinem ganzen Denken und mit deiner ganzen Kraft.
31 Als zweites kommt hinzu: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Kein anderes Gebot ist größer als diese beiden.
32 Da sagte der Schriftgelehrte zu ihm: Sehr gut, Meister! Ganz richtig hast du gesagt: Er allein ist der Herr und es gibt keinen anderen außer ihm
33 und ihn mit ganzem Herzen, ganzem Verstand und ganzer Kraft zu lieben und den Nächsten zu lieben wie sich selbst, ist weit mehr als alle Brandopfer und anderen Opfer.
34 Jesus sah, dass er mit Verständnis geantwortet hatte, und sagte zu ihm: Du bist nicht fern vom Reich Gottes. Und keiner wagte mehr, Jesus eine Frage zu stellen.

Heute hören wir im Evangelium von einem Schriftgelehrten, der mit der Frage zu Jesus geht, welches das wichtigste Gebot sei, und dieser antwortet wie jeder andere fromme Jude mit dem Sch’ma Israel, der Aussage in Dtn 6,4: „Höre , Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr.“ Diese Aussage soll jeder fromme Jude täglich beten. Es geht um die Gottesliebe. Sie steht immer an erster Stelle. Sie ist deshalb der Kern der ersten drei Gebote des Dekalogs (der Zehn Gebote). Es ist der Kern dessen, was wir in Lesung und Psalm betrachtet haben. Gott verlangt unsere ganze Liebe, weil er uns zuerst geliebt hat. Unsere Antwort, nicht nur die der Juden damals, soll deshalb sein: „Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit deinem ganzen Denken und mit deiner ganzen Kraft.“ Wir haben viele Erfahrungen zwischenmenschlicher Art, die man mit dieser Gottesliebe vergleichen kann. Wenn wir verliebt sind, beherrscht diese Person unser ganzes Denken, wir investieren uns ganz in die Beziehung zu ihr, emotional, von unserer Kraft und Zeit. Wir lieben die Person mit unserem ganzen Sein. So sollen wir in erster Linie Gott lieben. Er soll an erster Stelle kommen. Und sodann sollen wir unseren Nächsten lieben, wie uns selbst. Jesus führt also zusätzlich zu Dtn 6,4 Lev 19,18 heran. Dadurch dass Jesus diese beiden Gebote zusammenführt, zeigt er ein tiefes Schriftverständnis und erklärt dadurch auch den Kern der Gebote 4-10 des Dekalogs als Nächstenliebe.
Das Doppelgebot der Liebe, das er in diesem Gespräch vermittelt, verleitet den Schriftgelehrten dazu, ihn zu loben. Er erkennt, dass Jesus den gesamten Sinn richtig verstanden hat. Dieser Mann hat verstanden, worum es den Propheten im Alten Testament ging, vor allem Hosea mit den vielen Beziehungsbildern. Er hat auch erkannt, worum es König David in den vielen Psalmen ging. Es geht um Beziehung und darum, diese aufrechtzuerhalten. So sagt Jesus dem Schriftgelehrten zu: „Du bist nicht fern vom Reich Gottes.“ Er hat die besten Voraussetzungen, Erbe in diesem neuen Reich zu sein, nicht nur wegen seiner Einsicht, sondern auch wegen seiner Offenheit gegenüber den Worten Christi. Viele andere Schriftgelehrten sind so voll von sich selbst, dass sie gar nicht erkennen, dass Jesus all das erfüllt, was sie in den Schriften so intensiv studieren. Sie lassen sich nicht belehren, weil sie sich für wissend genug halten. So können sie nicht in das Reich Gottes eingehen. Dieser Mann dagegen ist offen für die Worte Jesu und stellt ihm erst gar keine hinterhältigen Fragen. Sonst erfahren wir in den Evangelien immer wieder davon, dass die Pharisäer und Schriftgelehrten durch ihre Fragen Jesus auf die Probe stellen wollen – ein déjá vu bezüglich Massa und Meriba. Dieser ist aber ganz anders und deshalb ist Jesus auch ganz anders zu ihm.

Lassen auch wir uns belehren. Arbeiten auch wir daran, unsere Liebe zu Gott zu erneuern. Wenn wir wieder gefestigt sind in der Beziehung zu Gott, können wir auch unsere Beziehung zum Nächsten verbessern. Dann werden wir immer mehr verwandelt in sein Bild.

Ihre Magstrauss

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