Donnerstag der 8. Woche im Jahreskreis

Sir 42,15-25 (15-26); Ps 33,2-3.4-5.6-7.8-9.; Mk 10,46-52

Sir 42
15 Nun will ich der Werke des Herrn gedenken, und was ich gesehen habe, werde ich erzählen: Durch die Worte des Herrn sind seine Werke und durch seinen Segen gab er ihnen ihre Bestimmung.
16 Die leuchtende Sonne blickt auf alles hernieder und von der Herrlichkeit des Herrn ist sein Werk erfüllt.
17 Der Herr gab es selbst den Heiligen nicht, all seine Wunder zu erzählen, der Herr der Herrscher über das All, hat sie gegründet, sodass das All in seiner Herrlichkeit Bestand hat.
18 Abgrund und Herz hat er durchforscht und ihre Absichten hat er durchschaut; denn der Höchste kennt alles Wissen und er blickt auf die Zeichen der Zeiten.
19 Er tut das Vergangene und das Kommende kund und enthüllt die Spuren des Verborgenen.
20 Kein Gedanke entgeht ihm und kein einziges Wort bleibt ihm verborgen.
21 Die Großtaten seiner Weisheit hat er geordnet; wie er ist von Ewigkeit und in Ewigkeit. Ihm ist weder etwas hinzugefügt noch weggenommen worden und er hat keines Ratgebers bedurft.
22 Wie begehrenswert sind alle seine Werke, wie ein Funke sind sie anzusehen.
23 Dies alles lebt und bleibt für die Ewigkeit, für jeden Bedarf und alles gehorcht.
24 Alles gibt es paarweise, eines gegenüber dem anderen, er hat nichts gemacht, dem etwas mangelt.
25 Eines bestärkt die Vorzüge des anderen. Wer wird sich satt sehen an seiner Herrlichkeit?

In der heutigen Lesung aus dem Buch Jesus Sirach geht es um das Gotteslob in der Schöpfung, ein sehr weisheitliches Thema. Immer wieder greift auch Jesus zur Veranschaulichung seiner Botschaft Beispiele aus der Natur auf.
Gott hat alles durch sein Wort hervorgebracht, dies ist uns schon im Sieben-Tage-Werk der Genesis aufgefallen, das durch Wendungen gegliedert ist wie „und Gott sprach“ oder „und Gott sagte“. Im Johannesevangelium wird uns klar, dass damit der Logos gemeint ist, der wiederum Menschheit annahm, um unter uns zu wohnen, Jesus Christus. Logos heißt unter anderem Wort. Ja, Christus selbst ist der Schöpfungsmittler, durch den alles geschaffen worden ist. Er ist dieses Wort aus dem Mund des Vaters, das zugleich allem Logik verleiht, die Ordnung und Gesetzmäßigkeiten der Natur. Der Segen wird uns ebenfalls schon im Schöpfungsbericht der Genesis deutlich, wenn Gott nach allem, was er geschaffen hat, es ansieht und es für gut befindet. Er segnet die Tiere, er segnet die Menschen. Dabei sagt er wiederholt: „Seid fruchtbar und vermehret euch!“ Es ist also zugleich ein Auftrag an die Geschöpfe oder wie es hier formuliert wird, ihre Bestimmung. Wir realisieren bei dieser Lesung, was ich bei den Psalmen schon wiederholt gesagt habe: Die weisheitlichen Schriften reflektieren die fünf Bücher Mose so wie der Psalter. Sie nehmen Bezug auf die alten Schriften und deuten sie im Lichte der gesamten Heilsgeschichte.
Gottes Herrlichkeit wird mit dem Leuchten Sonne verglichen, die alles anstrahlt wie Gottes Herrlichkeit des Herrn. Auch wenn Gott ein sich offenbarender Gott ist, bleibt er dennoch Geheimnis. Selbst jene, die ihm besonders nahestehen, die Gerechten des Alten Testaments, vor allem die Propheten, haben ihn nie ganz ergründet und können von all seinen Wundern erzählen. Das bedeutet aber auch, dass Gottes Heilstaten so zahlreich und überwältigend sind, dass man sie nicht alle in Worte fassen kann. Was Gott geschaffen hat, hat zudem ewig Bestand. Das soll nicht heißen, dass das Weltall ewig weiterläuft wie auch in manchen griechischen Kosmologien. Vielmehr soll es heißen, dass im Gegensatz zu allem, was von Menschen gemacht ist und was irdischer Natur ist und deshalb irgendwann zerfällt, Gottes Werk nicht zerfällt. Aber die Schöpfung ist doch von ihm geschaffen, warum zerfällt dann alles einmal und warum sterben die Menschen? Die klar zu beobachtende Unvollkommenheit des Seins kommt nicht von Gott, sondern vom Sündenfall. Zuvor war alles anders. Wir erahnen dies nicht nur an den Schöpfungsberichten der Genesis, sondern auch an der Friedensvision Jesajas, in der die Nahrungskette der Tiere vollkommen verändert ist.
Gott ist allwissend und allsehend. Er weiß um die innersten Regungen des Herzens und um die Zeichen der Zeit. Er deckt alles auf, was die Menschen denken. Er ist Herr der Geschichte und zeigt den Menschen deren roten Faden auf. In seiner Allwissenheit und Überfülle an Weisheit ist er absoluter Autonom. Er braucht weder Ratgeber noch eine Ergänzung von außen. Er ist die Fülle. Er ist alles.
Was Gott gemacht hat, ist wunderschön anzusehen und überwältigend zu betrachten. Er schafft nur Staunenswertes und ist selbst der Ungeschaffene, der Ewige ohne Anfang und Ende. Er ist Herrscher über die ganze Schöpfung, deshalb hört diese ganz auf ihn. Kein Grashalm wächst gegen seinen Willen, keine Blüte öffnet sich, wenn nicht durch seine Anordnung.
Interessant ist die Ansicht, dass alles paarweise besteht. Man kann es so verstehen, dass Gott alles fruchtbar geschaffen hat, wofür die paarweise Anordnung vonnöten ist. Es ist aber auch mit Blick auf den letzten Vers so zu begreifen, dass alles einander entspricht und ergänzt. Die Geschöpfe Gottes sind auf Gemeinschaft hingeordnet, so wie Gott selbst in sich Gemeinschaft ist.

Ps 33
2 Preist den HERRN auf der Leier, auf der zehnsaitigen Harfe spielt ihm!
3 Singt ihm ein neues Lied, spielt kunstvoll mit Jubelschall!
4 Denn das Wort des HERRN ist redlich, all sein Tun ist verlässlich.
5 Er liebt Gerechtigkeit und Recht, erfüllt von der Huld des HERRN ist die Erde.
6 Durch das Wort des HERRN wurden die Himmel geschaffen, ihr ganzes Heer durch den Hauch seines Mundes.
7 Er sammelt das Wasser des Meeres und dämmt es ein, legt die Fluten in Kammern.
8 Die ganze Erde fürchte den HERRN; vor ihm sollen alle beben, die den Erdkreis bewohnen.
9 Denn er sprach und es geschah; er gebot und da stand es.

Auch der Psalm ist ganz weisheitlich gestaltet. Er gehört zu den Psalmen Davids und stellt ein Danklied dar, bei dem Gottes Schöpfung und Geschichte gepriesen werden.
Wie so oft erfolgt zu Anfang eine Lobpreisaufforderung, die sich in diesem Fall auf eine Gruppe bezieht. Das ist ein Hinweis auf liturgischen Kontext. Deshalb wird Ps 33 auch „Danklied des Volkes“ genannt. Immer wieder hat Israel Grund zum Dank gegenüber Gott, der es aus Notsituationen herausgeführt hat.
Gott soll nicht nur mit Gesang gepriesen werden, sondern mit Instrumenten unterstützt werden. Leier und zehnsaitige Harfe sind typisch davidische Instrumente, die im liturgischen Kontext eingesetzt werden. Gesungen werden soll dazu ein „neues Lied“. Das ist immer ein Hinweis darauf, dass etwas Neues damit eingeführt wird, zumeist vom Inhalt her. Sehr oft werden messianisch aufgeladene Lieder mit diesem Attribut ausgestattet. So verwundert auch nicht, dass direkt im Anschluss die Rede vom „Wort des HERRN“ ist. Dies meint einerseits den Willen Gottes, andererseits das gesprochene Wort, das den Mund des Vaters verlässt, Jesus Christus, durch den alles geschaffen worden ist, der Logos.
Und dieses Wort ist verlässlich, es hält, was es verspricht. Jesus Christus sagt vor seinem Heimgang zum Vater: „Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“ Ja, der löst es bis heute ein, wenn er in der Eucharistie ganz bei uns sein will.
Gott ist treu, auch wenn wir untreu werden. Dies zeigt sich in der Geschichte Israels mit Gott immer wieder, wenn es vom Glauben abfällt, die Konsequenzen schmerzlich zu spüren bekommt und nach der Umkehr mit Gott den Bund erneuert.
Gott liebt Gerechtigkeit und Recht. Er ist der absolut gerechte Richter und sorgt dafür, dass all jene, die auf Erden Ungerechtigkeit erleiden müssen, zu denen keiner steht, die nicht beschützt werden, zu ihrem Recht kommen. Gott lässt das Unrecht auf Erden nicht kalt. Er ist kein gleichgültiger Gott, sondern er wird richten, jedem nach seinen Taten und vor allem nach seinen Herzensregungen. Das soll uns keine Angst einjagen, sondern Trost spenden. Wer von uns erleidet in seinem Leben keine Ungerechtigkeit?
Dann wird einmal mehr die Schöpfungsmittlerschaft Jesu betrachtet, wenn gesagt wird, dass durch ihn die Himmel geschaffen worden sind. Dies ergänzt die Ausführungen der Lesung, denn nun wird uns bewusst, dass Jesus als Mittler nicht nur bei der sichtbaren, sondern ebenfalls bei der unsichtbaren Welt mitgewirkt hat. Das Heer, von dem hier die Rede ist, meint die Engelscharen, die ja die Bewohner dieser unsichtbaren Welt sind. Dass mit den Himmeln nicht das Gewölbe über uns gemeint ist, sondern die Ewigkeit, beten wir im großen Glaubensbekenntnis, wenn es nicht nur heißt, dass der Vater Himmel und Erde geschaffen hat, sondern im Anschluss auch „die sichtbare und die unsichtbare Welt“. Dieser Vers ist zutiefst trinitarisch, denn es wird nicht nur die Schöpfungsmittlerschaft der zweiten Person Gottes deutlich, sondern auch die dritte: Der Hauch des Mundes ist der Hl. Geist, durch den alles bewirkt wird. So haben wir folgendes trinitarisches Bild: Der Mund ist der Vater, das gesprochene Wort der Sohn, der Hauch der Hl. Geist.
Gottes Schöpfung ist geordnet. Er hat nicht nur Wasser und festes Material geschaffen, sondern auch voneinander getrennt bzw. das Wasser an einen Ort gesammelt, es gleichsam „gezähmt“.
All diese Betrachtungen dienen uns dazu, in Staunen versetzt zu werden und gottesfürchtig zu sein. Wenn ich die laute Brandung, hohen Wellen, hochragenden Berge, tiefen Schluchten, farbenfrohen Blumen und mächtigen Wolken sehe, dann flößt es mir großen Respekt ein. Um wie viel mächtiger noch ist der Schöpfer all dieser Dinge! Und dieser Gott hat das alles nach seinem Willen so eingerichtet. Er hat alles geboten.

Mk 10
46 Sie kamen nach Jericho. Als er mit seinen Jüngern und einer großen Menschenmenge Jericho wieder verließ, saß am Weg ein blinder Bettler, Bartimäus, der Sohn des Timäus.
47 Sobald er hörte, dass es Jesus von Nazaret war, rief er laut: Sohn Davids, Jesus, hab Erbarmen mit mir!
48 Viele befahlen ihm zu schweigen. Er aber schrie noch viel lauter: Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir!
49 Jesus blieb stehen und sagte: Ruft ihn her! Sie riefen den Blinden und sagten zu ihm: Hab nur Mut, steh auf, er ruft dich.
50 Da warf er seinen Mantel weg, sprang auf und lief auf Jesus zu.
51 Und Jesus fragte ihn: Was willst du, dass ich dir tue? Der Blinde antwortete: Rabbuni, ich möchte sehen können.
52 Da sagte Jesus zu ihm: Geh! Dein Glaube hat dich gerettet. Im gleichen Augenblick konnte er sehen und er folgte Jesus auf seinem Weg nach.

Im Evangelium hören wir nun von Bartimäus dem Blinden. Die vergangenen Lesungen haben uns gelehrt, alles, was wir sehen und beobachten, auf den wunderbaren Schöpfer zu beziehen. Das Staunen soll uns in die rechtmäßige Gottesfurcht versetzen. Was wir nun hören, ist die Geschichte eines Menschen, der nichts sehen kann, der nicht staunen kann über die schöne Schöpfung. Gestern endete das Evangelium mit den Worten Jesu darüber, dass wer im Reiche Gottes etwas zu sagen hat, der größte Diener aller sein soll. Unterwegs nach Jerusalem kommt er mit seinen Jüngern nun nach Jericho. Dort wird er nicht nur von seinen Jüngern begleitet, sondern es folgt ihm eine Menschenmenge, was dem blinden Bettler akustisch nicht entgeht. Dieser kann durch seine Behinderung nicht arbeiten und muss deshalb sein tägliches Brot erbetteln. Er sitzt am Weg und hört nun die Menschenmenge. Übrigens ist sein Name Bartimäus genau genommen sein Beiname. Bar-Timäus heißt wörtlich zu Deutsch „Sohn des Timäus“ wie auch im Anschluss erläutert.
Bartimäus ist vielleicht biologisch gesehen blind, aber sein Herz sieht klarer als die meisten Menschen zur Zeit Jesu. Voller Glauben und Sehnsucht ruft er, sobald er von Jesus hört: „Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir!“ Das ist ein machtvolles Glaubensbekenntnis. Er begreift, dass Jesus der Messias ist, der Sohn Davids. Jesus ist wirklich von davidischer Abstammung, so wie der Messias auch erwartet worden ist. Die Leute wollen ihn zum Schweigen bringen, aber er lässt sich nicht beirren. Vielmehr ruft er noch lauter: „Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir!“ Er glaubt fest daran, dass Gott ihn nicht ignorieren wird. Jesus reagiert. Er lässt nach dem Blinden rufen und die Leute ermutigen Bartimäus, zu Jesus zu kommen. Das ist eine schöne und bedeutungsvolle Geste. Wie oft plagen sich die Menschen mit ihrem Leiden herum. Dann brauchen auch sie Menschen, die sie dazu ermutigen, mit ihren Nöten zu Christus zu kommen. Er selbst sagt uns, „kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid. Ich werde euch erquicken.“ Der Mann lässt seinen Mantel zurück und rennt auf Christus zu. Wie groß muss seine Sehnsucht sein, dass dieser Blinde sogar zu Christus rennt, obwohl er nichts sieht!
Jesus weiß schon längst, was dieser Mann von ihm möchte, doch wie so oft fragt er diesen: „Was willst du, dass ich dir tue?“ Gott möchte, dass wir mit eigenen Worten aussprechen, was uns bewegt, obwohl er diese Dinge schon in unseren Herzen sieht. Er tut das nicht, weil er es braucht, sondern weil wir es brauchen. Er möchte zudem nichts tun, was wir nicht aus freien Stücken selbst verlangt haben. Gott hält unseren freien Willen heilig. Und so antwortet der Blinde: „Rabbuni, ich möchte sehen können.“
Jesus sieht seinen großen Glauben und antwortet deshalb: „Geh! Dein Glaube hat dich gerettet.“ Diese Worte müssen sich in unser Herz einbrennen, damit wir sie nie vergessen. Dein Glaube hat dich gerettet. Das ist tiefster Ausdruck der Taufe, die wir empfangen haben und die Ausdruck dieses Glaubens ist. Die Taufe ist heilsnotwendig. Glaube muss sich aber auch nach der Taufe bewähren. Immer wieder dürfen wir darauf vertrauen, dass wenn wir in unserem Leben voller Glauben sind, alles möglich ist. Wir können sogar Berge versetzen. Bitten wir immer wieder um den Geist Gottes, der Holz nachlegt, damit das entzündete Feuer unseres Herzens nie erlischt! Möge der Glaube nie aussterben, denn dieser ist es, der uns in die Ewigkeit bringt.
Zum Ende hin hören wir, dass Bartimäus Jesus nachfolgt. Er ist nicht erst durch die Heilung zum Glauben an Christus gekommen, aber nun ist er befähigt, diesen Glauben auch zu leben. Zuvor war er ein blinder Bettler, nun kann er mitziehen. Gott lässt Heilung zu, damit die Geheilten einen besonderen Auftrag erfüllen, den Gott für sie bereithält. So ist es auch schon mit der kranken Schwiegermutter des Petrus. Diese wird von ihrem Fieber geheilt, um dienen zu können. Es geht nie darum, ein bequemeres Leben zu erhalten. Gott hat mit uns allen einen besonderen Heilsplan und dafür braucht er uns. Wenn wir uns ihm zur Verfügung stellen, wird er uns auch die nötige Gesundheit schenken, die Kraft und die Mittel, diesem Plan zu folgen. Bartimäus ist geheilt worden, um ganz Jünger Christi sein zu können und Gottes große Taten preisen zu können. Das bezieht sich nicht nur auf ihn, sondern auch die Zeugen des Wunders: Auch wenn wir es in dem stets knapp formulierten Markusevangelium nicht lesen, können wir uns vorstellen, wie sehr die Heilung die Umstehenden in Staunen versetzt hat, sodass sie die Gottes große Taten einmal mehr preisen und in ihrem Glauben gestärkt werden. Das ist stets der primäre Grund für Gottes Wunderwirken.

Ihre Magstrauss

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