Samstag der 8. Woche im Jahreskreis

Sir 51,12c-20 (17-28); Ps 19 (18B),8.9.10; Mk 11,27-33

Sir 51
12 Darum will ich es dir bekennen und dich loben und den Namen des Herrn will ich preisen.
13 Als ich noch jung war, bevor ich auf Wanderschaft ging, habe ich offen in meinem Beten Weisheit gesucht.
14 Beim Tempel verlangte ich nach ihr und bis zuletzt werde ich sie suchen.
15 Wie an der Blüte so an der reifenden Traube erfreute sich mein Herz an ihr. Mein Fuß ging den geraden Weg, von meiner Jugend an spürte ich ihr nach.
16 Ein wenig neigte ich mein Ohr und habe empfangen und für mich viel Bildung gefunden.
17 Ich bin an ihr gewachsen; dem, der mir Weisheit gibt, werde ich die Ehre geben.
18 Ich war darauf bedacht, nach ihr zu handeln, ich eiferte nach dem Guten und werde nie beschämt.
19 Meine Seele hat mit ihr gerungen und das Gesetz sorgfältig ausgeführt. Ich streckte meine Hände aus in die Höhe und bedauerte die Unwissenheit um sie.
20 Ich richtete meine Seele auf sie aus und in Reinheit fand ich sie. Ein verständiges Herz erwarb ich mit ihr von Anfang an; deshalb bin ich nie verlassen.

Heute hören wir aus dem letzten Kapitel des Buches Jesus Sirach ein Gebet, das der Autor formuliert. Er preist zunächst den Namen des Herrn, bevor er seine Weisheitssuche thematisiert.
In jungen Jahren erbat er sich die Weisheit im Gebet. Jesus ben Sirach weiß um den Wert dieser Gabe und von ihrem Ursprung aus Gott. Er begreift in seinem Gebet auch, dass er bis zuletzt um diese Gabe bitten muss. Es ist ein lebenslanger Prozess, in der Weisheit Gottes zuzunehmen. Auch beim Tempel suchte er nach ihr. Es ist eine Herzenssehnsucht, die der Autor mit poetischen Worten von Blüte und Traube umschreibt.
Der gerade Weg, den er von Anfang an gegangen ist, meint seinen vollkommenen Lebenswandel nach den Geboten Gottes. Er hat Gott sein Ohr zugeneigt, das bedeutet einerseits seinen Gehorsam, andererseits die Belehrung durch den, der die wahre Weisheit gibt. Gott hat ihn reich beschenkt. Jesus ben Sirach verdeutlicht uns, dass er weise geworden ist, aber nicht aus sich selbst heraus, sondern aus der Begabung Gottes. Diesen möchte er mit den Worten anerkennen. Was Gott ihm verliehen hat, war ihm wirklich Schule und Bildung – die eigentliche Bildung des Herzens. Weil Gott ihn so gut heranreifen ließ, möchte er Gott die Ehre geben.
Er hat immer nach der Weisheit Gottes gehandelt, was nicht immer reibungslos ablief. Schließlich ist hier die Rede vom Ringen der Seele. Es ist ein Kampf, den Jesus ben Sirach gewonnen hat. Er fand die Reinheit. Zum Ende hin heißt es, dass er aufgrund seines verständigen Herzens nie verlassen ist. All seine Worte sind uns so wichtig und aktuell: Das, was uns glücklich werden lässt, ist ein reines Herz. Wenn wir wirklich weise sein wollen, müssen wir uns an Gott orientieren, der uns seine Weisheit schenken möchte. Wenn wir verständig sind und nicht unseren eigenen Kopf durchsetzen wollen, werden wir immer die Orientierung haben, was der richtige Weg ist, weil wir dann Gottes Stimme in unserem Leben erkennen werden. Es wird auch bei uns immer wieder ein Ringen der Seele sein, wenn wir uns von Herzen bemühen, auf Gottes Wegen zu gehen, aber wenn wir diese Kämpfe bestanden haben, können auch wir uns nur im Nachhinein freuen und Gott die Ehre geben, der uns so reich beschenkt hat.

Ps 19
8 Die Weisung des HERRN ist vollkommen, sie erquickt den Menschen. Das Zeugnis des HERRN ist verlässlich, den Unwissenden macht es weise. 
9 Die Befehle des HERRN sind gerade, sie erfüllen das Herz mit Freude. Das Gebot des HERRN ist rein, es erleuchtet die Augen. 
10 Die Furcht des HERRN ist lauter, sie besteht für immer. Die Urteile des HERRN sind wahrhaftig, gerecht sind sie alle. 

Wir beten heute einen Lobpsalm auf die Schöpfung Gottes und auf seine Weisung.
In Vers 8 wird die Vollkommenheit der Weisung gepriesen, das heißt der Torah. Sie „erquickt den Menschen“. Gott gibt keine Gebote auf, die den Menschen einschränken, belasten und unglücklich machen sollen. Es geht immer darum, dass er nur das Beste für den Menschen bereithält und genau weiß, was er braucht. Die Torah macht vielmehr frei und bringt dem Menschen Heil.
„Das Zeugnis des HERRN ist verlässlich“ bezieht sich ebenfalls auf die Torah, denn das hebräische Wort עֵד֥וּת edut, das hier mit „Zeugnis“ übersetzt wird, kann auch mit „Gebot“ übersetzt werden. Es macht den Unwissenden weise, denn es ist die Schule Gottes.
Gottes Befehle sind „gerade“ und „erfüllen das Herz mit Freude“. Gott erwartet nichts Unmögliches, bei dem man ganz überfordert ist. Die Geradlinigkeit steht für die Nachvollziehbarkeit und Machbarkeit. Sie erfüllen mit Freude, weil Gott den Menschen glücklich machen möchte.
Gottes Weisung ist rein und erleuchtet die Augen. Sie ist ganz frei von bösen Absichten und Hinterhältigkeit. Sie ist so, dass sie den Weg vor dem Menschen erkennbar macht und er erkennt, wie er sich verhalten soll. Auch in Vers 10 wird mit ähnlichen Ausdrücken wiederholt, dass Gottes Weisung wahr und gerecht ist. Dort ist aber auch die Rede von der Gottesfurcht, die lauter ist. Dieses uns kaum noch geläufige Wort ist ein Synonym für „rein“ und soll verdeutlichen, dass die Gottesfurcht bei der Befolgung der Torah essenziell ist. Seine Gebote haben Bestand. Was heute gilt, gilt auch morgen noch. Sie sind wahrhaftig, weil Gott die Wahrheit ist. Sie sind gerecht, weil Gott die Gerechtigkeit ist. Und in dieser Gerechtigkeit wird er uns alle zur Rechenschaft ziehen gemäß unserer Taten und der Absichten dahinter.

Mk 11
27 Sie kamen wieder nach Jerusalem. Als er im Tempel umherging, kamen die Hohepriester, die Schriftgelehrten und die Ältesten zu ihm
28 und fragten ihn: In welcher Vollmacht tust du das? Wer hat dir diese Vollmacht gegeben, das zu tun?
29 Jesus sagte zu ihnen: Ich will euch eine Frage stellen. Antwortet mir, dann werde ich euch sagen, in welcher Vollmacht ich das tue.
30 Stammte die Taufe des Johannes vom Himmel oder von den Menschen? Antwortet mir!
31 Da überlegten sie und sagten zueinander: Wenn wir antworten: Vom Himmel, so wird er sagen: Warum habt ihr ihm dann nicht geglaubt? 32 Sollen wir also antworten: Von den Menschen? Sie fürchteten sich aber vor den Leuten; denn alle hielten Johannes wirklich für einen Propheten.
33 Darum antworteten sie Jesus: Wir wissen es nicht. Jesus erwiderte: Dann sage auch ich euch nicht, in welcher Vollmacht ich das tue.

Heute hören wir eine Episode, die sich in Jerusalem abspielt. Jesus ist im Tempel und Anhänger der religiösen Elite kommen auf ihn zu, um ihn auszufragen. Sie wollen wissen, mit welcher Vollmacht Christus die ganzen Wunder vollbringt und lehrt. Jesus ist manchmal sehr schlau und antwortet entweder mit Codes, Gleichnissen oder wie hier mit Gegenfragen.
Er würdigt im Nachhinein die Johannestaufe und weist in seinem Gespräch dieselben zurecht wie Johannes am Jordan. Jesus sagt zwar nicht „Schlangenbrut“ zu ihnen, aber liegt dennoch mit seiner Kritik auf einer Linie mit Johannes.
Jesus macht einen Deal, der auf den ersten Blick riskant erscheint. Er verrät seine Vollmacht den Pharisäern und Schriftgelehrten nur, wenn sie die richtige Antwort auf seine Frage geben. So riskant ist das nicht, weil Jesus als Gott ihre Antwort erstens schon kennt und zweitens genau weiß, dass sie keine Antwort geben werden. Er verursacht absichtlich ein Dilemma, sodass er auch keine direkte Antwort geben muss. Dies hat unter anderem einen pragmatischen Grund: Würde er inmitten des Tempels sagen, dass er Gott ist, würde es sofort zu einer Verhaftung kommen. Er könnte dann nicht mehr zuende führen, was der Vater ihm aufgetragen hat. Jesu Verhalten dient den Umstehenden und auch uns Bibellesern immer zur Unterweisung. Er will uns dadurch etwas beibringen. In diesem Fall geht es darum, den Hörern der rhetorischen Frage zum Nachdenken zu bringen. Es ist insgesamt bemerkenswert, dass Jesus auf den schon verstorbenen Johannes Bezug nimmt, wenn es eigentlich um seine Vollmacht geht! Damit lehrt uns Jesus, dass sie beide in derselben Vollmacht aufgetreten sind. Dies ergibt deshalb Sinn, weil Jesus angekündigt hat, dass ihn dasselbe Schicksal ereilen wird wie dem Täufer.
Das entstehende Dilemma – Johannes‘ Vollmacht anzuerkennen oder nicht, wird auch bei Jesu Tod und Auferstehung aufkommen. Durch Jesu Antwort werden die Menschen schon darauf vorbereitet, was mit ihm passieren wird und wie sie selbst in seine gegenwärtige Situation kommen werden. Man wird auch sie fragen: In welchem Namen tust du das? Wir lesen in der Apg von Heilstaten im Namen Jesu, bei denen die Aposteln sich vor dem Hohen Rat rechtfertigen müssen.
Jesus möchte mit dem Dilemma die Pharisäer und Schriftgelehrten nicht bloßstellen oder niedermachen. Er will ihnen helfen, dass auch sie zum Glauben an ihn kommen. Er gibt ihnen die Chance, die Sünde zu bereuen, Johannes nicht geglaubt zu haben. Gott liebt jeden Menschen und kämpft um sein Herz. Er weiß, dass sie das in dem Moment nicht tun werden, aber der Same ist gelegt. Einzelne dieser Menschen werden sich zu ihm bekennen und auch im Nachhinein Johannes anerkennen. Wir lesen z.B. davon, dass Jesus bei einem Pharisäer zum Essen eingeladen wird. Wir hören in der Apg dann von der Bekehrung des eifrigsten Pharisäers Paulus, der die Christen verfolgt hatte. Unter den Hohepriestern wird es auch Unterstützer geben. Wir denken besonders an Nikodemus, der zum Sanhedrin gehört und Jünger Jesu wird.

Heute hören wir viel von der Schule Gottes. Seine Lehrmethoden sind ganz unterschiedlich, aber eines ist immer gleich: Ohne Gottes Weisheit, ohne seine Gaben können wir weder ihn noch das Leben begreifen. Als schwache Menschen brauchen wir seinen Beistand selbst beim Halten der Zehn Gebote. Und wenn wir gefallen sind, möchte er uns die Chance verleihen, die Sünde zu bekennen. Nutzen wir diese Gelegenheiten Gottes und seien wir nicht verstockt wie so mancher Hohepriester und Schriftgelehrter in den Evangelien!

Ihre Magstrauss

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