Montag der 10. Woche im Jahreskreis

2 Kor 1,1-7; Ps 34,2-3.4-5.6-7.8-9; Mt 5,1-12

2 Kor 1
1 Paulus, durch Gottes Willen Apostel Christi Jesu, und der Bruder Timotheus an die Kirche Gottes, die in Korinth ist, und an alle Heiligen in ganz Achaia.
2 Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!
3 Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater des Erbarmens und Gott allen Trostes.
4 Er tröstet uns in all unserer Not, damit auch wir die Kraft haben, alle zu trösten, die in Not sind, durch den Trost, mit dem auch wir von Gott getröstet werden.
5 Wie uns nämlich die Leiden Christi überreich zuteilgeworden sind, so wird uns durch Christus auch überreicher Trost zuteil.
6 Sind wir aber in Not, so ist es zu eurem Trost und Heil. Werden wir getröstet, so ist es zu eurem Trost; er wird wirksam durch Geduld in den gleichen Leiden, die auch wir erleiden.
7 Unsere Hoffnung für euch ist unerschütterlich, denn wir wissen, dass ihr nicht nur an den Leiden teilhabt, sondern auch am Trost.

In der Lesung beginnt heute eine neue Serie. Wir hören nun täglich aus dem zweiten Korintherbrief. Schon gestern wurde die zweite Lesung diesem Brief entnommen, ist also auch in der Ordnung für die Sonn- und Feiertage momentan dran.
Wir hören heute den Beginn des Briefes, der immer das gleiche Schema aufweist. Zunächst kommt das Präskript, bei dem Absender und Empfänger genannt werden, sowie ein typisch paulinischer Gruß. Dieser Abschnitt betrifft die ersten beiden Verse. Paulus ist der Absender des Briefes, auch wenn die moderne Exegese daran zweifelt. Es wird behauptet, dass ein Schüler des Paulus diesen Brief geschrieben habe.
Im Brief selbst wird jedenfalls Paulus angegeben, der sich als Apostel Christi Jesu bezeichnet. Diese ersten Worte sind stets der Ort für Pauli Selbstbewertung und Legitimation der Korrespondenz bzw. Missionierung der betroffenen Stadt. In Korinth ist er ja bereits bekannt und muss sich nicht so ausführlich vorstellen. Das sieht z.B. im Römerbrief ganz anders aus. Dort muss er sich ausführlich vorstellen und erklären, warum er zum Apostelkreis gehört. Deshalb wird hier also ganz knapp die Bezeichnung als Apostel genannt und fertig. Er hat ja bereits einen ausführlichen Brief an die Korinther geschrieben, vielleicht sogar mehrere, die uns heute nicht mehr erhalten sind, und er hat mit den Korinthern viel zu tun gehabt.
Es fällt auf, dass Paulus nicht nur sich selbst nennt und kurz umschreibt, sondern einen Mitabsender aufführt – seinen Mitarbeiter Timotheus. Er wird als „Bruder Timotheus“ bezeichnet, nicht weil er der leibliche Bruder des Paulus ist, sondern weil „Bruder“ und „Schwester“ unter anderem die Anrede von Mitchristen ist. Gestern ist uns im Evangelium ja verdeutlicht worden, dass wir alle zur Familie Gottes gehören und deshalb Brüder und Schwestern sind.
Zur Nennung des Verfassers, die übrigens grammatikalisch im Nominativ formuliert ist, kommt die Nennung des Empfängers. Dieser wird immer im Dativ formuliert, was hier mit „an die Kirche….und an alle Heiligen“ übersetzt wird. Auch die Umschreibung des Empfängers ist als Weichenstellung des Briefes zu betrachten. Wie die Empfänger und zuvor der Absender bezeichnet werden, so wird das theologische Koordinatensystem des Folgenden skizziert. Die Empfänger sind die Gemeindemitglieder von Korinth. In der frühen Kirche fällt auf, dass die einzelnen Ortsgemeinden „Kirche“ genannt werden. Die weltkirchliche Bedeutung von „Kirche“ wird immer relevanter, je mehr sich das Christentum weltweit ausbreitet.
Der Brief richtet sich aber nicht nur an jene, die in Korinth leben, sondern auch an die gesamte Provinz, wenn es heißt: „Und an alle Heiligen in ganz Achaia.“ Wir merken also von Anfang an, dass sich die Ortsgemeinden nie isoliert vom Rest betrachtet haben. Das ist eher eine protestantische Sichtweise von „Ekklesiologie“ (den Begriff kann man auf jene nicht wirklich anwenden, da sie keine Kirche im klassischen Sinne sind). Vielmehr verstehen sich die frühen Christen bereits als Teil eines Ganzen und deshalb werden die Briefe im Laufe der Jahrzehnte bereits untereinander ausgetauscht.
Vers 2 stellt den typisch paulinischen Gruß dar: Gnade und Friede werden den Angeschriebenen durch den Vater und den Sohn gewünscht. Der Friedensgruß ist nicht erst bei den Christen eine gängige Begrüßung. Schon die Juden begrüßen sich mit Schalom und Jesus selbst spricht so seine Apostel als Auferstandener in ihrer Mitte an. Es ist ein Segenswort, denn es gibt nichts Besseres, das wir einem anderen Menschen wünschen können, als den Schalom Gottes, das umfassende Heil, das mehr ist als ein politischer Friede. Und ohne die Gnade Gottes kommen wir in unserem Leben nicht weit. Sie befähigt uns, als Kinder Gottes in dieser Welt zu leben, ja überhaupt erst als Kinder Gottes im Hl. Geist neugeboren zu werden.
Der zweite Abschnitt dieses Briefeingangs besteht aus dem sogenannten Proömium. Dabei handelt es sich um einen Lobpreis und ein Dankgebet an Gott, in dem die Angeschriebenen indirekt gelobt werden. Paulus beginnt in seinen Briefen immer mit dem Positiven, bevor er Kritik äußert. Das baut sie auf und sie sind auch eher bereit, die Kritik anzunehmen.
Gott ist nicht nur den Empfängern des Briefes, sondern auch uns ein Gott des Erbarmens und des Trostes. Wie sehr leiden wir heutzutage Not, gerade als Christen! Gott ist es, der uns in diesen Nöten Erquickung bringt, so wie Christus es in den Evangelien zum Ausdruck gebracht hat. Gott lädt uns ein, zu ihm zu kommen und bei ihm auszuruhen. Er möchte uns wieder aufrichten und stärken. Er tut dies immer, nicht nur für uns, sondern damit wir wiederum zu unseren Mitmenschen gehen können, um sie zu stärken und aufzurichten. Was Paulus hier beginnt, ist vor allem eine ausführliche Betrachtung des Aposteldienstes, den er ausführt. Er erklärt im Laufe der nächsten Kapitel, dass die Apostel, Missionare, allgemein alle Jünger viel zu erleiden haben, aber das alles tun zur Verherrlichung Gottes. Sie nehmen die Opfer gerne in Kauf, damit so viele Menschen wie möglich für Christus gewonnen werden.
Diese einleitenden Worte muss man als Ouvertüre des Kommenden betrachten. So wird hier schon allgemein zusammenfasst, dass die Apostel wie er Anteil am Leiden Christi haben, um Frucht zu bringen. Sie haben aber nicht nur Anteil am Leiden, sondern auch am Trost. Gott sorgt dafür, dass sie an ihren Leiden nicht zerbrechen. Gott kennt unsere Grenzen und weiß, wie viel er uns zutrauen kann. Das ist ein Trostwort an die Gemeinde, denn auch die Korinther haben nicht nur mit Christus das Kreuz zu tragen so wie jeder Christ, sondern sie werden auch von Gott getröstet und gestärkt. Das ist auch der Grund, warum wir uns mehr an Gott klammern sollen, je schlechter es uns geht, je mehr wir ausgelaugt werden, je mehr wir gefordert werden. Wo werden wir am effektivsten wieder aufgefüllt mit der Liebe Gottes, innerlich aufgerichtet und vom Trost Gottes umfangen? In der eucharistischen Anbetung. Er ist ganz leibhaftig da mit seinem ganzen Wesen. Er setzt sich uns aus in der Monstranz, aber auch wir setzen uns seiner Liebe aus. Wir werden verwandelt in der Anbetung. Und dann werden wir staunen, wie sehr wir gestärkt werden, wie wir in entscheidenden Augenblicken unseres Lebens plötzlich geistesgegenwärtig reden und handeln werden, sodass wir uns fragen, woher das kommt. Wir werden immer mehr denken, sprechen und handeln wie Christus, weil wir immer mehr nach seinem Bild gewandelt werden.

Ps 34
2 Ich will den HERRN allezeit preisen; immer sei sein Lob in meinem Mund. 

3 Meine Seele rühme sich des HERRN; die Armen sollen es hören und sich freuen. 
4 Preist mit mir die Größe des HERRN, lasst uns gemeinsam seinen Namen erheben! 
5 Ich suchte den HERRN und er gab mir Antwort, er hat mich all meinen Ängsten entrissen. 
6 Die auf ihn blickten, werden strahlen, nie soll ihr Angesicht vor Scham erröten. 
7 Da rief ein Armer und der HERR erhörte ihn und half ihm aus all seinen Nöten.
8 Der Engel des HERRN umschirmt, die ihn fürchten, und er befreit sie.
9 Kostet und seht, wie gut der HERR ist! Selig der Mensch, der zu ihm sich flüchtet!

Heute beten wir einen wunderbaren Lobpreispsalm, mit dem wir Gottes große Taten rühmen.
„Ich will preisen“ ist ein typischer Psalmenbeginn – die Selbstaufforderung zum Lob. David bekundet sein „Jawort“ gegenüber Gott durch einen andauernden Lobpreis.
Mit „meine Seele“ wird das hebräische Wort נַפְשִׁ֑י nafschi übersetzt, was eigentlich viel mehr als nur die Seele meint. Das biblische Menschenbild ist nicht geteilt, sodass man sagen kann, er hat einen Körper und eine Seele. Vielmehr ist der Mensch ein Körper und eine Seele. Das hebräische Wort ist also umfassender zu übersetzen im Sinne von „mein Leben“. Es meint die gesamte Existenz des Menschen, die sich des HERRN rühmen soll. David möchte Gott in allen Lebenslagen, mit seinem ganzen Sein preisen. Er möchte das tun, was wir Menschen in der Ewigkeit dauerhaft vornehmen werden – den Lobpreis Gottes.
„Die Armen sollen es hören und sich freuen“ – warum haben die Armen einen Grund zur Freude? Wenn ein Mensch Gott mit allem preist, was er ist und hat, dann tut er dies auch durch die gelebte Nächstenliebe. Und deshalb können die Armen aufatmen, das heißt die Randständigen, Rechtlosen, die Witwen und Waisen, die Fremden und Kranken. Hier geht es um das Doppelgebot der Liebe. Je mehr jemand in Gott lebt, desto mehr gibt er sich auch für den Nächsten hin. Diese Ganzhingabe versprechen ja die Apostel, weshalb sich auch die Armen der Christengemeinden freuen können.
Auch die Lobaufforderung in Vers 4 ist typischer Psalmenstil. Oft ist diese auch so formuliert, dass der Psalmist die ganze Schöpfung oder Bereiche der Schöpfung zum Lob auffordert.
„Ich suchte den HERRN und er gab mir Antwort“ ist, was Jesus in seiner Verkündigung aufgreift, wenn er sagt: „Wer sucht, der findet. Wer anklopft, dem wird aufgetan.“ Hier könnte man die Verbform דָּרַ֣שְׁתִּי daraschti mit „ich habe aufgesucht“ übersetzen, denn Gott antwortet dem Suchenden. Gott ist es, der auch unsere Ängste von uns nimmt. Angst ist nicht vom Hl. Geist und deshalb ist der Mut/die Tapferkeit auch eine Frucht des Hl. Geistes.
Vers 6 ist eine wunderbare Reflektion dessen, wen man eigentlich anschauen soll – nämlich Gott. Wenn man auf ihn schaut und von ihm aus dann auf die Menschen, dann ist es die richtige Haltung. Dann wird man nicht auf das Ansehen der Person achten und sich vom Strahlen des Reichen beeinflussen lassen. Denn Gottes Licht übertönt alles Andere. Es wird auch auf das eigene Gesicht zurückfallen, sodass das einzige Ansehen der Person, auf das wir bei unseren Mitmenschen achten sollen, die Reflektion des Lichtes Gottes ist. So lesen wir in Vers 7, dass Gott die Gebete eines Armen erhört und ihn aus seinen Nöten erlöst. Bei Gott gibt es kein „Nein“, nur ein „Ja“, „Anders“ oder „Später“.
Vers 8 greift einen wichtigen Gedanken auf, der uns an die Lesung erinnert: „Der Engel des HERRN umschirmt, die ihn fürchten, und er befreit sie.“ Er hat die Apostel wortwörtlich befreit und beschützt. Weil die Apostel Gott fürchten und sich ganz seinem Willen unterstellen, rettet Gott sie aus ihren Notsituationen. Paulus hat so viel Schlimmes erfahren, entkam aber stets den lebensbedrohlichen Gefahren.
„Kostet und seht, wie gut der HERR ist! Selig der Mensch, der zu ihm sich flüchtet!“ Dieses Schriftwort wird vom Priester sehr oft direkt vor dem Kommunionempfang gebetet, also eucharistisch ausgelegt. Ja, wir können kosten, wie gut der HERR ist, wenn wir ihn in uns aufnehmen und uns mit ihm vereinen. Er ist wie Balsam für unsere Seele und umhüllt uns ganz mit seiner Liebe und Barmherzigkeit. Dann ist es wirklich ein Zufluchtnehmen im Meer seiner Barmherzigkeit, ein Eintauchen in den tiefsten Grund seines für uns durchbohrten Herzens, das wir im Juni jetzt besonders verehren.

Mt 5
1 Als Jesus die vielen Menschen sah, stieg er auf den Berg. Er setzte sich und seine Jünger traten zu ihm.
2 Und er öffnete seinen Mund, er lehrte sie und sprach:
3 Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich.
4 Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden.
5 Selig die Sanftmütigen; denn sie werden das Land erben.
6 Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden gesättigt werden.
7 Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden.
8 Selig, die rein sind im Herzen; denn sie werden Gott schauen.
9 Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Kinder Gottes genannt werden.
10 Selig, die verfolgt werden um der Gerechtigkeit willen; denn ihnen gehört das Himmelreich.
11 Selig seid ihr, wenn man euch schmäht und verfolgt und alles Böse über euch redet um meinetwillen.
12 Freut euch und jubelt: Denn euer Lohn wird groß sein im Himmel. So wurden nämlich schon vor euch die Propheten verfolgt.

Im Evangelium wird heute der Beginn der Bergpredigt verlesen. Jesus steigt auf einen Berg – ein prophetisches Zeichen, das er bewusst vornimmt. Die Juden wissen, dass vom Zion her die Weisung (hebräisch Torah!) erwartet wird (Jes 2,1-5). Mit Jesus erfüllt sich dies nun, der die Torah in Person ist. Darin erfüllt er sie ganz und gar! Was er in der Bergpredigt erklärt, ist das neue und doch uralte Verständnis der Gebote Gottes. Im heutigen ersten Abschnitt betet Jesus die sogenannten Seligpreisungen. Ihre Botschaft ist: Jetzt schon sind jene selig zu preisen und können sich freuen, die Gottes Willen tun. Wer diesen aus Liebe befolgt (und das wird er im Laufe der Predigt ausfalten), der hat jetzt schon den Himmel auf Erden, umso mehr in der Ewigkeit.
Konkret ist dies der Fall für jene, die arm sind vor Gott. Damit ist nicht einfach nur der äußere finanzielle bzw. materielle Zustand des Menschen gemeint, sondern „vor Gott“ signalisiert eine innere Haltung von Armut, mit der man vor Gott dasteht: Wer also nicht an dem hängt, was er oder sie besitzt, erreicht hat, auch Anhänglichkeit an Menschen, auch das Rühmen eigener Werke, der steht mit leeren Händen vor Gott wie ein Kind, das nichts weiter tun kann, als zu empfangen. Wie soll uns Gott auch beschenken, wenn wir meinen, schon alles zu haben? Das heißt nicht, dass wir keine Menschen lieben sollen, kein Geld haben dürfen oder keine Karriere anstreben sollen – aber wir sollen nicht daran hängen. All das soll uns dazu dienen, dem Reich Gottes näher zu kommen – und wenn nicht, sollen wir es von uns abschneiden. Und wenn man viel besitzt, ist die Aufgabe, nicht daran zu hängen, gewiss schwerer. So können wir schauen, wo wir in unserem Leben Abstriche machen können. Zur christlichen Askese (nicht nur für Geistliche!) gehört immer die Frage: „Brauche ich das wirklich?“ So viel zu haben, wie notwendig, aber nicht darüber hinaus – das ist der richtige Rahmen, diese innere Losgelöstheit von irdischen Gütern zu gewährleisten. Und dennoch ganz politisch inkorrekt: Ein reicher Mensch kann arm vor Gott sein und ein armer Mensch kann noch mehr an seinen Gütern hängen und somit ein Reicher vor Gott sein als jener, der viel besitzt.
Wer in diesem Leben trauert – und das meint nicht nur die Trauer um einen lieben Menschen, sondern auch die Trauer um die Gottlosigkeit der Gesellschaft, den Tod des Glaubens in der Welt, wird getröstet werden mit dem lebendigen Glauben in den Oasen unserer heutigen geistigen Wüste, umso vollkommener im Himmelreich. Und wer um einen Verstorbenen trauert, wird getröstet werden durch die Botschaft von Ostern. Der Tod ist nur vorübergehend und die Hoffnung ist lebendig, dass es in der Ewigkeit ein Wiedersehen gibt.
Wer sanftmütig ist, wird das Land erben – und zwar das „Land“ des Himmelreichs. Jesus sagt zu Pilatus: „Wenn mein Königtum von dieser Welt wäre, würden meine Leute kämpfen, damit ich den Juden nicht ausgeliefert würde.“ (Joh 18,36). Das Reich Gottes hat ganz andere Regeln. Es geht nicht um Gewalt, sondern um Liebe, die alles andere vernichtet. Die Sanftmut ist verdichtet im Zeichen des Kreuzes, an dem sich Gott selbst für uns hat schlagen lassen. Er hätte eingreifen und die Menschen mit einem Schlag vernichten können, doch er hat alles mit sich machen lassen. Das ist der verdichtete Ort der Sanftmut. Und wir? Können wir uns nicht einmal zurückhalten und auf den bissigen Kommentar wegen der an uns ergangenen Beleidigung verzichten? Es auf uns sitzen lassen aus Liebe zum Herrn? Und mehr noch: Darauf mit Liebe antworten? Das wird unser Gegenüber verwirren und zum Nachdenken bringen.
Der Hunger und Durst nach der Gerechtigkeit ist eine Sehnsucht, die uns treibt, diese in der Welt anzustreben. Wie sehr wünschen wir uns die Gerechtigkeit Gottes – sie ist etwas Erlösendes, nicht etwas Bedrohliches. In diesem Sinne sättigt sie uns und in diesem Sinne wird das Gericht Gottes am Ende der Zeit verbunden mit dem endzeitlichen Festmahl kommen, bei dem wir „fette Speisen“ genießen werden (Jes 25,6).
Jesus erklärt in vielen Gleichnissen und hier in der Bergpredigt auch mit dem Vaterunser, dass wir dann die Barmherzigkeit Gottes erwarten können, wenn wir selbst barmherzig sind. Das ist nicht oft genug zu wiederholen! Wie schwer fällt es uns Menschen doch, barmherzig gegenüber anderen Menschen zu sein! Wie sehr fordern wir Gerechtigkeit für die anderen und erwarten zugleich die Barmherzigkeit für uns selbst. Barmherzigkeit heißt nicht, dass wir am anderen plötzlich gut finden, was er Böses getan hat, vor allem an uns. Es bedeutet, dass wir ihm verzeihen und auf Rache verzichten. Wenn wir selbst so eine Haltung einnehmen, wird Gott auch uns durch das Tor der Barmherzigkeit gehen lassen und nicht wie ein Karma-Automat unsere Sünden berechnen.
Die Herzensreinen werden Gott schauen – das bezieht sich vor allem auf die Schau Gottes in der Ewigkeit. An der Reinheit des Herzens hängt alles. Es bedeutet, dass der Mensch innen und außen kongruent ist, ehrlich zu sich selbst, Gott und den Menschen. Wer das Herz vor jeglicher Sünde bewahrt und den Tempel heiligt, konkret: wer in der Gegenwart Gottes lebt, ungeteilt Gott den Raum der Seele gibt.
Wer Frieden stiftet, wird Kind Gottes heißen. Frieden und der Heilige Geist gehören zusammen. Es ist eine übernatürliche Gabe, die die Welt nicht geben kann. Es ist derselbe Friede, den Paulus den Korinthern wünscht. Der Geist Gottes ist es, der die Vergebung der Sünden erwirkt, in erster Linie im Sakrament der Taufe, dann auch im Sakrament der Beichte. Als Geistbegabte durch die Sakramente können wir Menschen dann wirkliche Friedensstifter sein – die sich also nicht nur für den politischen Frieden einsetzen, sondern ganz konkret in die eigene Lebenswelt – in die Familie, Nachbarschaft, in den Beruf oder Freundeskreis – die Liebe Gottes hineintragen. Dort wirkt der Geist Gottes, der wirklich Frieden schenkt. Wir sind Friedensstifter, wenn wir die Berufung unserer Taufe ernst nehmen. Wir sind durch sie schon Kinder der Familie Gottes und werden es vollkommen sein in der Ewigkeit.
Und wenn wir verfolgt werden im Namen Gottes, dann seien wir gewiss: Das Himmelreich ist uns sicher. Nicht umsonst glauben wir, dass die Märtyrer sofort zum Herrn kommen. Johannes sieht sie als Siegesschar in der Offenbarung und in der Ikonographie werden die Märtyrer mit Siegessymbolen wie dem Palmzweig dargestellt. Den Verfolgten, die ihr Leben für Gott hingeben, ist das Himmelreich wirklich sicher.
Es muss aber nicht so weit kommen, dass wir für unseren Glauben an Jesus Christus umgebracht werden: Schon die Nachstellungen, Beschimpfungen, blöden Kommentare, gesellschaftlichen Nachteile – all dies sieht Gott und wird entsprechend belohnen, viel besser noch: entschädigen. Schon die Propheten haben das erlebt, umso wie viel mehr trifft es die Christen! Elija hat einiges durchgemacht so wie die anderen Propheten, die man sogar umgebracht hat. Und Jesus hat das Leiden der Jüngerschaft ganz klar angekündigt. Und doch dürfen wir uns geborgen wissen: Wenn uns auch die äußeren Stürme zerreißen wollen: Unseren Glauben kann uns niemand nehmen, ebenso wenig unser ewiges Leben! Paulus hat das begriffen und möchte es deshalb den Korinthern begreiflich machen. Auch wir müssen diese Dinge zutiefst beherzigen, denn davon hängt auch in unserem Leben alles ab.

Ihre Magstrauss

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