Apostel Petrus und Paulus (Hochfest)

Apg 3,1-10; Ps 19,2-3.4-5b; Gal 1,11-20; Joh 21,1.15-19

Apg 3
1 Petrus und Johannes gingen zur Gebetszeit um die neunte Stunde in den Tempel hinauf.
2 Da wurde ein Mann herbeigetragen, der von Geburt an gelähmt war. Man setzte ihn täglich an das Tor des Tempels, das man die Schöne Pforte nennt; dort sollte er bei denen, die in den Tempel gingen, um Almosen betteln.
3 Als er nun Petrus und Johannes in den Tempel gehen sah, bat er sie um ein Almosen.
4 Petrus und Johannes blickten ihn an und Petrus sagte: Sieh uns an!
5 Da wandte er sich ihnen zu und erwartete, etwas von ihnen zu bekommen.
6 Petrus aber sagte: Silber und Gold besitze ich nicht. Doch was ich habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi, des Nazoräers, steh auf und geh umher!
7 Und er fasste ihn an der rechten Hand und richtete ihn auf. Sogleich kam Kraft in seine Füße und Gelenke;
8 er sprang auf, konnte stehen und ging umher. Dann ging er mit ihnen in den Tempel, lief und sprang umher und lobte Gott.
9 Alle Leute sahen ihn umhergehen und Gott loben.
10 Sie erkannten ihn als den, der gewöhnlich an der Schönen Pforte des Tempels saß und bettelte. Und sie waren voll Verwunderung und Staunen über das, was mit ihm geschehen war.

Heute feiern wir das Hochfest der Apostel Petrus und Paulus. Diese beiden haben die erste Generation der Kirche getragen und ihnen verdanken wir den Glauben in unseren Breitengraden.
Die erste Lesung berichtet vom ersten Heilungswunder, das die Apostel durch den Hl. Geist bewirkt haben.
Petrus und Johannes gehen zu drei Uhr nachmittags in den Tempel zum Gebet. Sie sind zwar Christen, aber ihre jüdischen Praktiken behalten sie bei. Sie sehen sich gar nicht so, als ob sie nun einer neuen Religion angehören. Es ist vielmehr so, dass Jesus ihrer Ansicht nach das Judentum erfüllt hat. Erst später wird es so viel Uneinigkeit und Spaltung mit den Juden geben, dass sich zwei unterschiedliche Stränge entwickeln – das Judentum, das Jesus als Messias nicht anerkennt und deshalb auch seine Anhänger als Sektierer ablehnt. Die Gemeinschaft der Christgläubigen wird dagegen immer unabhängiger betrachtet und erhält in Antiochien dann das erste Mal die Bezeichnung „Christen“.
Die beiden Apostel gehen also wie üblich in den Tempel und treffen dort auf einen gelähmten Mann am Tor des Tempels, das „die schöne Pforte“ genannt wird. Er verharrt dort, weil viele Menschen an ihm vorübergehen und ihm beim Betreten oder Verlassen des Tempelareals das ein oder andere Almosen spendet. Wir sehen über diese wörtliche Leserichtung hinaus noch viel mehr. Der Mann sitzt an der Schwelle vom Judentum, das auf den Messias wartet, zur Jüngerschaft Jesu Christi. Er ist an der Schwelle und die Heilung wird den Ausschlag geben, dass dieser Mensch Jesus als den Christus erkennen wird. Jesus hat zu seinen Jüngern gesagt: „Ich bin die Tür. Wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden.“ Für Petrus und Johannes wird das folgende Ereignis zur Bestätigung der Worte Jesu. Ja, die Menschen, die zum Glauben an Jesus Christus kommen, übertreten wahrhaft diese Schwelle vom ewigen Tod zum ewigen Leben. Ihnen ist es schon beim Pfingstereignis aufgegangen, als nach der kraftvollen Pfingstpredigt des Petrus ganze 3000 Menschen die Taufe empfingen und so die existenzielle Schwelle übertraten, gleichsam durch die Tür Christi hindurchgeschritten sind.
Der Mann bittet die vorbeigehenden Apostel um ein Almosen. Petrus, der immer zuerst das Wort ergreift, bittet den Mann, ihn anzusehen. Dieser rechnet damit, dass er nun etwas bekommt.
Doch WAS er bekommt, übersteigt alle seine Erwartungen!
„Silber und Gold besitze ich nicht. Doch was ich habe, gebe ich dir.“ So sollen auch wir geben. Wir sollen aus Liebe zu Gott alles geben, was wir haben. Und damit ist nicht einfach nur materieller Besitz gemeint, sondern alles an Ressourcen, die es gibt: Zeit, Energie, Finanzen, ein zuhörendes Ohr, Bereitschaft, den eigenen Willen.
Und Petrus gibt dem Mann nun umsonst die Heilung im Namen Jesu des Nazoräers! Jesus hat seinen Jüngern schon damals gesagt: Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben (Mt 10).
Und so spricht Petrus die Heilungsworte im Namen Jesu, der ja der eigentlich Heilende ist. Petrus tut nichts aus eigener Kraft, sondern in der Vollmacht Jesu Christi. Er ist es, der durch seine Hände heilt, er ist es, der durch seinen Mund spricht.
So tut Petrus genau dasselbe, was Jesus immer getan hat: Er fasst den Mann bei der rechten Hand und richtet ihn auf. Die Kraft des Heiligen Geistes durchströmt seine kranken Glieder und festigt sie. Der Mann kann aufrecht stehen und umhergehen!
Petrus hat ihn geheilt und die Reaktion des Mannes ist ideal. Die erste Tat nach seiner Heilung besteht im Lobpreis an den allmächtigen Gott, dem er dies zu verdanken hat.
Sein Umhergehen, Herumspringen und Lobpreis bleibt nicht unbemerkt. Die Menschen, die ihn noch von früher kennen, wie er an der Schönen Pforte gebettelt hat, staunen darüber, was mit ihm geschehen ist.
Gott wirkt Wunder, damit die jeweiligen Zeugen dadurch zum Glauben an ihn kommen und seine großen Taten loben.
Jesus hat angekündigt, dass in seinem Namen diese Zeichen geschehen werden. Petrus erfüllt vom Heiligen Geist erkennt die Zeit des Handelns und lässt sich von Gott als Werkzeug des Heils verwenden. So sollen auch wir sein. Uns soll es in jeder Lebenslage immer darum gehen, den Menschen die Liebe Gottes zu vermitteln. Und wohin auch immer Gott uns entsendet – wir sollen die Situation erkennen und uns gebrauchen lassen, damit er auch heute seine großen Taten offenbaren kann. Seien wir dabei ein Spiegel oder Fenster dieser Heilstaten Gottes wie Petrus! In Jesu Namen geschehen auch heute noch Zeichen und Wunder!

Ps 19
2 Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes und das Firmament kündet das Werk seiner Hände.
3 Ein Tag sagt es dem andern, eine Nacht tut es der andern kund,
4 ohne Rede und ohne Worte, ungehört bleibt ihre Stimme.
5 Doch ihre Botschaft geht in die ganze Welt hinaus, ihre Kunde bis zu den Enden der Erde.

Als Antwort auf das erste Heilungswunder des Apostels Petrus beten wir Ps 19, in dem König David zunächst die Erkennbarkeit Gottes in der Schöpfung betrachtet. Die Psalmen reflektieren die Torah und hier wird der Schöpfungsbericht aufgegriffen.
Die verschiedenen Elemente der Schöpfung verkünden gleichsam Gott als ihren Schöpfer. Er ist der kreative Ursprung, der die wunderbaren Dinge gemacht hat. So sind es die Himmel mit den Himmelskörpern, die die Herrlichkeit Gottes verkünden. Gott hat die Himmelskörper am vierten Tag an das Himmelsgewölbe gesetzt, den Himmel schuf er aber bereits am zweiten Tag.
Gottes Herrlichkeit wird von Tag zu Tag gepriesen. Die Tage und Nächte selbst sind seine Verkünder. Sie werden durch die verschiedenen Himmelskörper gesteuert, sodass Sonne und Mond bzw. Sterne sich mit der Verkündigung Gottes abwechseln.
Sie tun dies jedoch nicht verbal, sondern durch ihre wunderbare Ordnung und Schönheit. Die Sonne spendet Licht und Wärme. Ohne sie kann die Erde nicht bestehen. Sie ist ein wunderbares Bild für unsere Abhängigkeit von Gott. Seine Gnade erhält uns Tag für Tag am Leben. Ohne ihn gehen wir ganz schnell ein wie eine Pflanze ohne Sonnenlicht. Der Mond und die Sterne erleuchten die dunkle Nacht. Er ist uns Orientierung, denn an seinen Mondphasen erkennen wir die Zeit im Monat. An den Sternbildern können wir uns auch an den Himmelsrichtungen orientieren. Die Schönheit des Sternenhimmels lässt uns Gottes überwältigende Herrlichkeit erahnen. Nichts an Himmelskörpern ist chaotisch. Der Mond verläuft in geordneten Bahnen. Die Erde dreht sich unaufhörlich und so sehen wir die Sonne täglich auf- und untergehen. Diese mächtigen Himmelskörper tun nichts, was Gott ihnen nicht „angeordnet“ hat. Sie offenbaren uns Gottes Ordnung, seinen Logos, der die ganze Schöpfung ordnet, der die gesamten Naturgesetze verliehen hat.
Der Himmel spricht kein einziges Wort, doch verbreitet sich diese Art von Verkündigung weltweit, was mit den „Enden der Erde“ ausgedrückt wird.
Verkündigung geschieht nicht einfach nur verbal. Es geht nicht darum, dass wir das Evangelium Christi mit Worten in die Welt hinaussagen, auch wenn das elementar ist. So ist auch Gottes gesprochenes Wort es, das die Schöpfung erwirkt und systematisiert hat. Wir haben es am Beispiel der Himmelskörper gesehen. Aber das Wort Gottes hat es auch konkret getan. So sollen auch wir den Menschen vor allem ein gutes Beispiel sein, die Gebote Gottes aus brennender Liebe halten und uns ganz den Menschen hingeben. Das wird unsere verbale Verkündigung authentisch machen und so werden wir viele Herzen anrühren. Das überzeugt Menschen, nicht nur leeres Gerede. Die beiden Apostel, die wir heute feiern, haben das wirklich beispielhaft vorgelebt. Sie haben nicht nur mit Worten versucht, zu überzeugen, sondern haben im Namen Gottes unzählige Heilstaten vollbracht.

Gal 1
11 Ich erkläre euch, Brüder und Schwestern: Das Evangelium, das ich verkündet habe, stammt nicht von Menschen;
12 ich habe es ja nicht von einem Menschen übernommen oder gelernt, sondern durch eine Offenbarung Jesu Christi empfangen.
13 Ihr habt doch von meinem früheren Lebenswandel im Judentum gehört und wisst, wie maßlos ich die Kirche Gottes verfolgte und zu vernichten suchte.
14 Im Judentum machte ich größere Fortschritte als die meisten Altersgenossen in meinem Volk und mit dem größten Eifer setzte ich mich für die Überlieferungen meiner Väter ein.
15 Als es aber Gott gefiel, der mich schon im Mutterleib auserwählt und durch seine Gnade berufen hat,
16 in mir seinen Sohn zu offenbaren, damit ich ihn unter den Völkern verkünde, da zog ich nicht Fleisch und Blut zu Rate;
17 ich ging auch nicht sogleich nach Jerusalem hinauf zu denen, die vor mir Apostel waren, sondern zog nach Arabien und kehrte dann wieder nach Damaskus zurück.
18 Drei Jahre später ging ich nach Jerusalem hinauf, um Kephas kennenzulernen, und blieb fünfzehn Tage bei ihm.
19 Von den anderen Aposteln sah ich keinen, nur Jakobus, den Bruder des Herrn.
20 Was ich euch hier schreibe – siehe, bei Gott, ich lüge nicht.

In der zweiten Lesung richten wir den Blick nun auf Paulus. Im heutigen Ausschnitt aus dem Galaterbrief erklärt er, dass seine Verkündigung nicht von Menschen ist. Was er sagt, hat höchste Autorität nicht von sich aus, sondern durch Jesus Christus selbst. Dieser hat sich ihm offenbart und ihn zum Apostel beauftragt. Dies geschah vor den Toren von Damaskus, als er sein einschneidendes Bekehrungserlebnis hatte. Dort wurde er zugleich entsandt.
Er verdeutlicht den übernatürlichen Ursprung seiner Botschaft anhand seiner eigenen Biographie. Dabei erinnert er die Adressaten daran, wie radikal seine Kehrtwende vom aggressiven Christenverfolger zum Christusverkündiger war. Er nimmt dabei kein Blatt vor den Mund, was uns sehr viel lehrt: Trotz seiner gegenwärtigen Heiligkeit und seines Fortschritts im Glauben, trotz der reichen Früchte seiner Evangelisierung vergisst er nie, wo er herkommt. Dadurch wird er nie überheblich, sondern bleibt demütig. Sein ganzes restliches Leben betrachtet er vielmehr als Wiedergutmachung seiner schlimmen Verfolgungsaktionen. So müssen auch wir eingestellt sein. Je heiliger wir schon geworden sind und je mehr Erkenntnis wir schon erlangt haben, desto mehr müssen wir uns unserer schlimmsten Momente bewusst sein. Dann bleiben wir auf dem Boden und erkennen Gottes Gnadenwirken an uns Sündern an. Er ist es, der uns dazu verholfen hat, diesen Fortschritt zu machen. Das hätten wir aus eigener Kraft nicht so hinbekommen. Und an Paulus sieht man das besonders eindrücklich, weil der alte und der neue Paulus so heftig im Kontrast zueinander stehen. Da hat die Gnade Gottes besonders Großes bewirkt!
Er berichtet in vielen Details, wie eifrig er als Pharisäer die Christen verfolgt hat, wie gut er dabei war, dass die anderen Juden sich von ihm eine Scheibe abgeschnitten haben.
Aber Gott wollte ihn zu seinem besonderen Werkzeug machen und hat deshalb so sehr an ihm seine Gnade erwiesen. Er hat ihn schon im Mutterleib zu dieser besonderen Aufgabe berufen. Das ist keine Angeberei, wenn Paulus das hier so unverblümt schreibt. Im Gegenteil. Das ist wahre Demut, weil er dies ja nicht als eigene Tat, sondern als Gottes Werk ansieht. Wir müssen Gottes große Taten anerkennen und sie preisen, auch gerade an uns selbst! Deshalb dürfen wir das Licht auch nicht unter den Scheffel stellen und bei offensichtlichen Talenten falsche Bescheidenheit an den Tag legen. Wenn wir ein Talent haben, müssen wir mit aller Deutlichkeit zeigen und sagen. Denn es ist ein Geschenk Gottes. Wir sollen es nicht tun, um uns mit fremden Federn zu schmücken, sondern um Gottes Gnade zu preisen. Alles Andere ist versteckter Hochmut. Wir machen uns klein und geben unser Talent nicht zu, weil wir insgeheim doch davon ausgehen, dass es von uns kommt und deshalb nicht damit angeben wollen. Stattdessen sollen wir das Licht auf den Leuchter stellen, damit es allen im Haus leuchte. Wir sollen schließlich Reflektoren Gottes sein, dafür hat er uns die Talente geschenkt!
Als Gottes Berufung Paulus mit aller Wucht trifft, dass er zu Boden stürzt, zieht Paulus nun nicht „Fleisch und Blut zu Rate“. Damit ist gemeint, dass er sich von diesem Zeitpunkt an vom Geist Gottes führen lässt. Bis dahin hat er als Jude sehr menschlich gedacht. Es ging ihm darum, die Torah vollkommen und konsequent zu halten. Diese Sache an sich ist nicht schlecht, aber die Juden seiner Zeit gingen davon aus, dass diese Buchstabentreue den Menschen vor Gott gerecht machten. Wäre dem aber so, hätte Gott nicht Mensch werden und die Sünde der Welt auf sich nehmen müssen. Er ist es, der durch das Kreuzesopfer den Menschen vor Gott gerecht macht. In der Taufe nehmen wir die Erlösung an. Und das ist der Kern der Argumentation im Römer- und Galaterbrief.
Paulus berichtet davon, dass er sich nicht sofort in die neue Aufgabe gestürzt hat, sondern jahrelang erst einmal in Arabien verbracht hat. Er hat sich zwar bekehrt, musste aber erst einmal das Evangelium Jesu Christi kennenlernen, er musste in dem Glauben erst einmal reifen. Das lehrt uns heute auch sehr viel: Wir können nicht Hals über Kopf starten und meinen, die ganze Welt von heute auf morgen bekehren zu können. Vielmehr muss die entbrannte Feuerflamme der Bekehrung in ein beständiges Feuer gewandelt werden, damit man wirklich mit Augustinus sagen kann: „In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst.“ Paulus lernt erst einige Jahre später den Kephas kennen, was das hebräische Wort für Petrus ist. Er verbringt einige Tage Zeit mit ihm, als er in Jerusalem ist. Ansonsten lernt er noch den Herrenbruder Jakobus kennen, der nach der Abreise des Petrus dann die Urgemeinde in Jerusalem übernehmen wird. So hat er die zwei wichtigsten Personen in Jerusalem kennengelernt. Leider wird uns hier nicht berichtet, was er so mit Petrus besprochen hat und wie es sonst so war. Wir können uns aber vorstellen, dass sie eines Geistes waren und deshalb gegenseitige Anerkennung bekundet haben.
Paulus schreibt das den Galatern, weil es einen großen Konflikt gibt. Seine apostolische Autorität wird massiv angezweifelt und angegriffen. Deshalb betont er hier auch, dass er Petrus kennt, dass sie gemeinsam für das Evangelium Jesu Christi einstehen, dass er selbst genauso wie die anderen Apostel vom auferstandenen Christus in die Welt hinausgesandt worden ist, um das Evangelium zu verkünden.
Deshalb verspricht er sogar hoch und heilig zum Ende hin, dass er nicht lügt, sondern die Wahrheit spricht.
Paulus ist so wie Petrus nach seinem „Fall“ sehr demütig und verkündet mit der richtigen Einstellung. Wie Petrus seine besondere Berufung erhalten hat, das erfahren wir nun im Evangelium.

Joh 21
1 Danach offenbarte sich Jesus den Jüngern noch einmal, am See von Tiberias, und er offenbarte sich in folgender Weise.
15 Als sie gegessen hatten, sagte Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Lämmer!
16 Zum zweiten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe!
17 Zum dritten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Da wurde Petrus traurig, weil Jesus ihn zum dritten Mal gefragt hatte: Liebst du mich? Er gab ihm zur Antwort: Herr, du weißt alles; du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe!
18 Amen, amen, ich sage dir: Als du jünger warst, hast du dich selbst gegürtet und gingst, wohin du wolltest. Wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst.
19 Das sagte Jesus, um anzudeuten, durch welchen Tod er Gott verherrlichen werde. Nach diesen Worten sagte er zu ihm: Folge mir nach!

Im Evangelium hören wir von der Fortsetzung jener Episode, bei der der auferstandene Jesus den Aposteln am See von Tiberias erscheint. Dort hatte er dafür gesorgt, dass sie einen Haufen Fische gefangen haben. Petrus schämte sich vor Jesus und sprang in den See. Er wurde gedemütigt, weil ihm nicht einmal das gelang, was er am besten konnte. Er brauchte diese Demütigung und nun braucht er die Versöhnung mit seinem Herrn.
Als die Apostel ihre Arbeit abgeschlossen haben, kommen sie an Land, wo Jesus ihnen schon eine Mahlzeit zubereitet hat. Während sie so am Kohlenfeuer sitzen und essen, konfrontiert Jesus Petrus mit folgenden Worten: „Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich?“ An dieser Anrede ist sehr bemerkenswert, dass Jesus ihn nicht Petrus nennt. Dieser beschämte Mann, der hier bei ihm sitzt, ist alles andere als ein Fels in der Brandung. Er hat Jesus dreimal verleugnet. Er ist ein Angsthase. Er ist voller Komplexe und Hochmut, der ihn zum Fall gebracht hat. Und doch weiß Jesus, dass er ihn auf seine ganz unvollkommene Weise liebt. Er stellt ihm diese Frage dabei nicht, weil er die Antwort nicht weiß. Vielmehr möchte er diese Frage dreimal stellen – für jede Verleugnung. So antwortet Petrus: „Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe.“ Er weiß, dass Jesus das nicht aus Unkenntnis fragt, denn Jesus kennt sein Herz. Daraufhin fordert Jesus ihn auf: „Weide meine Lämmer.“ Dies wiederholt sich insgesamt dreimal und so wird Petrus traurig. Er versteht wohl, warum Jesus ihn dreimal gefragt hat, nämlich wegen der dreimaligen Verleugnung in der Nacht vor seinem Tod. Und deshalb antwortet er auch beim dritten Mal: „Herr, du weißt alles. Du weißt, dass ich dich liebe.“ Jesus weiß um die dunkelste Seite seines Freundes. Er weiß um sein ängstliches Kreisen um sich selbst. Er weiß, dass Petrus ihn wirklich sehr liebt, aber sich selbst ein wenig mehr geliebt hat. Seine Liebe zu Christus würde aber in Zukunft wachsen und so würde Petrus wirklich sein Leben für ihn hingeben, wie er im Abendmahlssaal noch ganz vorlaut behauptet hat.
Doch zunächst zurück zu der Frage: Liebst du mich? Warum fragt Jesus ihn so etwas? Was Petrus gemacht hat, ist eine Beleidigung Gottes. Wenn der Mensch sündigt, dann tut er etwas, was der Liebesgemeinschaft mit Gott entgegensteht. Es ist wie ein Streit zwischen Liebenden. Und so fragt Gott den Menschen dann: Liebst du mich? Er gibt ihm so die Chance, sich zu entschuldigen und ihn die Liebe zu versichern, die er durch die Beleidigung der Sünde geleugnet hat. Gott reicht als erster die Hand zur Versöhnung. Es liegt am Menschen, diese anzunehmen. Das tut Jesus hier mit Petrus und das tut auch die Kirche mit den Mitgliedern, die gesündigt haben. Sie bietet die Versöhnung an im Sakrament der Beichte, doch kommen und um Vergebung bitten muss der Mensch selbst. Und dann fragt Gott auch den Sünder: Liebst du mich? Dann gibt auch der reumütige Sünder, der zur Umkehr bereit ist, die Antwort des Petrus: Du weißt alles, Herr – um meine Sünden, um meine Unterlassungen und meine Bemühungen, meine Verletzungen und Komplexe. Du weiß, dass ich dich liebe. Und wenn wir nach dem Tod vor Gott stehen, wird er uns diese Frage angesichts unseres gesamten Lebens diese Frage stellen. Dann wird es uns noch mehr schmerzen als Petrus im heutigen Evangelium. Dann wird uns Gott nämlich in seiner brennenden Liebe das ganze Leben zeigen und wir werden sehr traurig auf die Momente unseres Lebens zurückblicken, in denen wir die Liebe zu Gott und zu unserem Nächsten nicht gelebt haben. Dann werden wir es bereuen, können es aber nicht mehr rückgängig machen. Aber nur so können wir eine Läuterung erlangen und dann die Herrlichkeit Gottes ewig schauen.
Jesus sagt zu Petrus nicht nur „liebst du mich?“. Er sagt auch zu ihm: „Weide meine Schafe/Lämmer.“ Das ist sehr wichtig für ihn. Nachdem der übermütige Fels in der Brandung wie eine Seifenblase zerplatzt und zu einem realistischen Selbstblick gelangt ist, hat er die nötige Demut erreicht, die er als Hirte der Schafe braucht. Nun kann Jesus ansetzen und mit ihm arbeiten. Nun ist er disponiert zur vollen Ausstattung mit dem Heiligen Geist, der am Pfingsttag auf sie kommen wird! So kann Petrus ein würdiger erster Papst werden. Wir sehen an seinem Beispiel, dass Gott nicht Menschen beruft, die schon perfekt und kompetent sind. Vielmehr beruft er sie und beginnt, sie Stück für Stück zu verwandeln, sodass sie immer mehr über sich selbst hinauswachsen. Ein wunderbares Zitat besagt: Gott beruft nicht die Qualifizierten, sondern qualifiziert die Berufenen. Jeremia sträubte sich gegen die Berufung zum Propheten, weil er noch so jung sei und nicht sprechen könne. Gott hat ihm alle Gaben und Gnaden geschenkt, die er auf diesem Weg benötigte. Mose konnte sich nicht gut ausdrücken, doch Gott stellte ihm seinen Bruder an die Seite, der seine Schwächen auffing. Oder hat vielleicht Paulus es verdient, andere Menschen zu evangelisieren, nachdem er Christen verfolgt hat? Menschlich gesehen macht das keinen Sinn, aber Gottes Weisheit ist eine andere. Der Herr entschied in seiner großen Güte, dass dieser Mensch zu einem großen Segen für die ganze Welt werden sollte. Und was ist mit den Aposteln? Sie waren einfache und ungebildete Fischer oder kamen aus anderen einfachen Berufen. Und wenn wir z.B. die Petrusbriefe lesen, merken wir, wie sehr dieser einfache Fischer über sich hinausgewachsen ist! Nicht er spricht hier, sondern der Geist Gottes durch ihn. An solchen Beispielen erkennen wir, dass die Menschen, die scheinbar unqualifiziert sind, die größten Werkzeuge Gottes sind. Warum? Weil sie sich ganz als Werkzeuge benutzen lassen!
Jesus deutet am Ende noch den Tod des Petrus an. Dieser wird in Fesseln gelegt werden und als alter Mann keine Freiheit mehr haben. Er wird geführt werden von anderen und generell seine Eigenständigkeit abgeben müssen. Dies sagt Jesus auch deshalb, weil es Petrus bis dahin sehr schwergefallen ist, sich von Jesus bedienen oder helfen zu lassen. Sein Übermut und Stolz hängen genau damit zusammen. So weigerte er sich zunächst, sich von Jesus die Füße waschen zu lassen. Mit so einer Haltung kann er aber kein Papst werden. Jesus ermutigt ihn hier also, sich von der Gnade Gottes helfen zu lassen. Wie es der natürliche Lauf des Lebens mit sich bringt, muss der Mensch sich zunehmend auf andere verlassen. Besser, er lernt es früher als später.
„Folge mir nach“ – das meint Jesus in Bezug auf die Evangelisierung, den Lebenswandel, aber auch auf seinen Tod. Petrus wird wie Christus gekreuzigt, aber kopfüber. Er wird tatsächlich Gott verherrlichen.

Petrus und Paulus, zwei Männer mit ganz eigenen Problemen, Stärken und Schwächen. Was sie in ihrer jeweiligen Situation brauchen, ist die Gnade Gottes. Und so werden sie für uns zu großen Vorbildern. Sie sind für den Geist Gottes zu laut klingenden Resonanzkörpern geworden. Sie haben sich wirklich gebrauchen lassen, obwohl sie ihre ganz eigenen Unvollkommenheiten hatten. Sie haben diese aber überwunden und sind davon ausgehend immer mehr in Heiligkeit gewachsen. Bitten wir heute um ihre Fürsprache bei Gott, dass die Kirche den heutigen Herausforderungen standhält und die Mächte der Finsternis sie nicht überwältigen.

Heilige Apostel Petrus und Paulus, bittet für uns!

Ihre Magstrauss

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