Verklärung des Herrn

Dan 7,9-10.13-14; Ps 97,1-2.5-6.8-9; Mt 17,1-9

Dan 7
9 Ich sah immer noch hin; da wurden Throne aufgestellt und ein Hochbetagter nahm Platz. Sein Gewand war weiß wie Schnee, sein Haar wie reine Wolle. Feuerflammen waren sein Thron und dessen Räder waren loderndes Feuer.

10 Ein Strom von Feuer ging von ihm aus. Tausendmal Tausende dienten ihm, zehntausendmal Zehntausende standen vor ihm. Das Gericht nahm Platz und es wurden Bücher aufgeschlagen.
13 Immer noch hatte ich die nächtlichen Visionen: Da kam mit den Wolken des Himmels einer wie ein Menschensohn. Er gelangte bis zu dem Hochbetagten und wurde vor ihn geführt.
14 Ihm wurden Herrschaft, Würde und Königtum gegeben. Alle Völker, Nationen und Sprachen dienten ihm. Seine Herrschaft ist eine ewige, unvergängliche Herrschaft. Sein Reich geht niemals unter.

Heute feiern wir das Fest der Verklärung des Herrn. Passend zu diesem Anlass hören wir in der Lesung die Thronsaalvision des Propheten Daniel. In seiner Vision schaut er Gott auf seinem himmlischen Thron. Er sieht ihn als Hochbetagten mit weißen Haaren und weißem Gewand. Das heißt natürlich nicht, dass Gott wirklich ein alter Mann ist, denn Gott ist Geist. Er hat weder Geschlecht noch einen Körper. Dass der Prophet ihn so sieht, muss er selbst „decodieren“ und so auch wir: Gott ist von Ewigkeit her Gott. Deshalb ist er so „alt“. Er ist der Anfang des ganzen Universums, gleichsam der Älteste. Das sein Gewand weiß ist, sehen die Propheten immer wieder bei Personen der himmlischen Sphäre. Es ist die Gnade, die so hell leuchtet. Daniel sieht Gottes Thron auf Rädern. Alles ist aus Feuer. Auch dieses Bild hat Daniel sofort richtig gedeutet, denn der Geist Gottes gibt den Propheten des Alten und des Neuen Testaments solche Bilder ein, die sie kennen. Das Feuer der himmlischen Sphäre ist seine brennende Liebe, die schon Mose im Dornbusch und die Apostel im Pfingstsaal erfahren haben. Es hat reinigende Kraft und brennt für jene, die noch nicht rein sind. Ein Feuerstrom geht von Gott aus. Er gibt seine Liebe weiter, anstatt sie für sich zu behalten. Tausende und Zehntausende dienen und stehen vor ihm. Es sind die Engelscharen, die in seiner Herrlichkeit leben dürfen.
Dann sieht Daniel das Gottesgericht mit den aufgeschlagenen Büchern. Von anderen Bibelstellen wissen wir, dass es die Bücher der zu richtenden Menschen sind, die Gott nun zum Zeugnis gegen sie anwendet. Es meint nicht das Buch des Lebens. In diesem ist man mit dem Namen verzeichnet. Es ist also erstrebenswert, drin zu stehen. Bei jenen individuellen Büchern steht drin, was der Mensch Böses getan und noch nicht gebeichtet sowie gesühnt hat.
In Vers 13 erfahren wir, dass Daniel diese Dinge in der Nacht sieht. Johannes, der viele ähnliche Visionen hat, sieht sie mitten am Tag.
Und in Vers 13 sieht Daniel die Vorbereitung des Kommens Christi: Einer wie ein Menschensohn kommt auf den Wolken bis zum Hochbetagten und wurde vor ihn geführt. Ihm wird eine große Vollmacht übertragen, nämlich die Weltherrschaft, die als ewig und unzerstörbar beschrieben wird. Es ist wie die Bevollmächtigung Christi, bevor er Mensch wird. Vielleicht ist es aber auch der Moment des zweiten Kommens, denn hier wird ihm die Weltherrschaft übertragen, also das Reich Gottes offenbar. Eines ist klar: Der Sohn ist ewiger König und als Messias auch königlich erwartet worden.

Ps 97
1 Der HERR ist König. Es juble die Erde! Freuen sollen sich die vielen Inseln.

2 Rings um ihn her sind Wolken und Dunkel, Gerechtigkeit und Recht sind die Stützen seines Thrones.
5 Berge schmelzen wie Wachs vor dem HERRN, vor dem Angesicht des HERRN der ganzen Erde.

6 Seine Gerechtigkeit verkünden die Himmel, seine Herrlichkeit schauen alle Völker.
8 Zion hört es und freut sich, Judas Töchter jubeln, HERR, über deine Urteile.

9 Denn du, HERR, bist der Höchste über der ganzen Erde, hoch erhaben bist du über alle Götter.

Als Antwort betet die Kirche einen Lobpsalm. Gott ist König und ist als Mensch gewordener Messias zu uns gekommen. Das Thema passt perfekt zur Lesung. Gottes Königsherrschaft, so wird Jesus als Erwachsener erklären, ist nicht von dieser Welt und doch fühlen sich mit Jesu Geburt die irdischen Herrscher bedroht. Herodes lässt sogar alle erstgeborenen Söhne bis zum zweiten Lebensjahr umbringen, damit der Messias ihm den Königsthron nicht streitig macht. Wir glauben, dass Gott über allen Königen steht und der Weltenherrscher ist. Dies bejubeln wir heute als gesamte Menschheit („es juble die Erde“). Auch „die vielen Inseln“ sollen sich freuen. Weltweit soll das Lob Gottes erschallen.
Gottes Thron wird von „Gerechtigkeit und Recht“ gestützt. Das ist sehr bildhaft geschrieben und ist auf Gottes Herrschaft zu beziehen: Diese gründet auf Gerechtigkeit und Recht. Wenn Gott richtet, ist es immer gerecht und berücksichtigt jene, die auf Erden Ungerechtigkeit erfahren haben. Deshalb ist Gottes Gericht auch eine Erlösung für die Menschen. „Wolken“ sind uns als Theophaniezeichen bekannt. Immer dort, wo Gottes Herrlichkeit im AT sowie NT sich auf etwas hinabsenkt, kommt eine Wolke oder Wolkensäule. Manchmal wird es als Rauch beschrieben. Die Nennung von Dunkelheit ist nicht ganz wörtlich. Eigentlich heißt das hebräische Wort עֲרָפֶל arafel nicht Dunkelheit, sondern Nebel. Beides – „Wolke“ und „Nebel“ stellen Theophaniezeichen Gottes dar, also Phänomene, die seine Gegenwart anzeigen.
Gott ist so mächtig und überragend, dass selbst die mächtigsten Naturerscheinungen wie die Berge in Gottes Angesicht dahinschmelzen wie Wachs. Das gesamtbiblische Zeugnis beschreibt Gottes Gegenwart als verzehrendes Feuer. Es ist das Feuer der Liebe.
Gottes Herrlichkeit schauen die Völker. Dabei sind vorallem die Stämme Israels gemeint, doch der Plural הָעַמִּ֣ים ha’ammim „die Völker“ ist etwas allgemein gehalten.
Es ist bemerkenswert, dass in diesem Psalm die Lichtmetaphorik verwendet wird wie in der Danielvision. Für den Gerechten wird Licht ausgesät und Freude für die geraden Herzens. Das lesen wir an vielen anderen Bibelstellen. Wenn wir Gottes Gebote befolgen, dann haben wir Segen. Dann sind wir im Stand der Gnade und können alles erbitten – es wird uns gegeben. „Freude“ und „Licht“ sind Faktoren dieses Segens von Gott. Der Ausdruck „geraden Herzens“ drückt die Aufrichtigkeit des Handelns aus. Das Adjektiv יָשָׁר jaschar heißt nicht nur „gerade“ als Gegenteil von „schief, krumm“, sondern kann auch mit „ehrlich, aufrichtig“ übersetzt werden. Das ist sehr fortschrittlich für die Entstehungszeit der Psalmen. Es geht nicht nur um die Taten, sondern auch um die Absicht dahinter! Wir können also nicht automatisch damit rechnen, dass wir vor Gott gerecht sind, nur weil wir Gutes tun. Wir müssen es auch in der rechten Absicht tun, damit es Gott gefällt. Und die einzig richtige Absicht ist die Liebe.

Mt 17
1 Sechs Tage danach nahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg.

2 Und er wurde vor ihnen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne und seine Kleider wurden weiß wie das Licht.
3 Und siehe, es erschienen ihnen Mose und Elija und redeten mit Jesus.
4 Und Petrus antwortete und sagte zu Jesus: Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija.
5 Noch während er redete, siehe, eine leuchtende Wolke überschattete sie und siehe, eine Stimme erscholl aus der Wolke: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören.
6 Als die Jünger das hörten, warfen sie sich mit dem Gesicht zu Boden und fürchteten sich sehr.
7 Da trat Jesus zu ihnen, fasste sie an und sagte: Steht auf und fürchtet euch nicht!
8 Und als sie aufblickten, sahen sie niemanden außer Jesus allein.
9 Während sie den Berg hinabstiegen, gebot ihnen Jesus: Erzählt niemandem von dem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferweckt ist!

Im Evangelium hören wir nun von der Verklärung Jesu, die wir heute feiern. Sie trägt sich sechs Tage nach dem Aufenthalt in Cäsarea-Philippi und dem Messiasbekenntnis des Petrus zu. Dabei nimmt Jesus die drei Apostel Jakobus, Johannes und Petrus mit. Dieses Trio begleitet Jesus immer zu Ereignissen, bei denen nur wenige Menschen Zutritt haben (z.B. ins Haus des Jairus, als seine Tochter gestorben war).
Den Dreien wird heute ein unvergleichliches Privileg geschenkt: Sie erhaschen einen Blick nicht „nur“ auf den Auferstandenen, sondern sogar mehr – auf den Jesus, wie er nach der Himmelfahrt ist und den der Rest der Menschheit erst am Ende der Zeiten sehen wird – wie Daniel bereits in der Vision. Dann wird er in seiner Herrlichkeit auf einer Wolke zu uns herabfahren. Sie werden das Geschehen von Daniel her erkennen und deuten.
Was dort auf dem Tabor geschehen ist, schließt einen Kreis, den Gott im Laufe der Heilsgeschichte zu zeichnen begonnen hat: Bereits im AT hat er sich in seiner Herrlichkeit gezeigt. Damals stieg Mose zusammen mit Aaron, Nadab, Abihu und den siebzig von den Ältesten Israels auf den Berg Sinai (Ex 24), um die Herrlichkeit zu schauen. Bis ganz nach oben durften sie aber nicht, sondern hielten einen Abstand ein. Nur Mose durfte ganz zu Gott vordringen, um die Gesetze des HERRN zu erhalten. Und doch konnte er Gottes Herrlichkeit nicht ganz schauen. Etwas später erfahren wir von der Gunst, die Gott dem Mose zuteil werden ließ: Er zeigte Mose beim Vorbeiziehen seinen Rücken (Ex 33).
Auch im ersten Buch der Könige war der Sinai Ort der Gottesbegegnung. Elija flüchtete dort hin, als man ihm nach dem Leben trachten wollte – zum Dank für sein Bemühen um das Gesetz Gottes. Und auch hier forderte Gott auf: „Komm heraus und stell dich auf den Berg vor den Herrn!“ Als Elija sich nach dem Vorüberziehen von Sturm, Erdbeben und Feuer beim leisen Säuseln bereit machte, verhüllte er sein Gesicht. Auch er sah Gottes Herrlichkeit nicht ganz.
Was diesen beiden Großen verwehrt blieb, dürfen nun die Apostel schauen: die Herrlichkeit Gottes. Lassen wir es uns auf der Zunge zergehen. Welche Gnade ist diesen drei einfachen Männern geschenkt worden, dass sie nicht auf der Stelle gestorben sind, als sie diese geballte Liebe schauen durften! Und das ist nicht alles. Plötzlich sehen sie zwei Gestalten bei Jesus. Und es sind ausgerechnet Mose und Elija! Die zwei, die das Gesetz und die Propheten repräsentieren, die den Messias so sehnlichst angekündigt haben, deren Lebensende so besonders war. Ausgerechnet sie beide stehen bei Jesus und unterhalten sich mit ihm. Die drei Apostel kannten die Hl. Schrift. Sie haben den Code verstanden. Der Kreis hat sich geschlossen. Oder er wird weiter gezeichnet:
Jesus zeigt jenen drei Aposteln seine Herrlichkeit, die wenig später mit ihm im Garten Getsemani ausharren würden. Er zeigt sich jenen drei Aposteln, die feste Säulen der Jerusalemer Urgemeinde und darüber hinaus werden würden. Es ist eine Stärkung vor der großen Versuchung – und ein Vorgeschmack auf das Ostergeheimnis.
Das Licht des Gesichts und der Kleider Jesu sind die Beschreibung der Gnade Gottes. Diese haftet so an ihm, dass man davon ganz geblendet wird.
Warum möchte Petrus drei Hütten bauen? Ist er so durcheinander, dass er nicht weiß, was er da von sich gibt? Im Griechischen heißt es eigentlich nicht „Hütten“, sondern „Zelte“ (σκηνάς skenas). Petrus möchte drei Zelte aufschlagen, was uns sehr an den Tempel in der Zeit der Wüstenwanderung erinnert. Petrus hat mit dieser Frage also eigentlich den Nagel auf den Kopf getroffen! Er hat den Bogen zum Sinai, zur Offenbarung Gottes und zum Offenbarungszelt geschlossen. Er hat die Typologie erkannt, die vom Wort Gottes aus Steintafeln bis zum fleischgewordenen und verklärten Wort Gottes führt. Er möchte Zelte aufschlagen, um diese Herrlichkeit festzuhalten, wie das Allerheiligste in der Bundeslade einen Zeltort bekommen hat.
Auch wir haben unsere Tabormomente in unserem Leben. Auch wir möchten diese Hoch-Zeiten festhalten und am liebsten nicht zurück in den grauen Alltag. Und auch die Kirche hält diese Herrlichkeit fest, indem sie den eucharistischen Herrn im Tabernakel aufbewahrt.
Im Grunde ist jede Heilige Messe ein einziger Tabormoment, denn auch dort wird Christus in Gestalt von Brot und Wein verherrlicht.
Dann passiert etwas, das die Jünger in Angst versetzt. Eine Wolke legt sich auf sie nieder. Das ist ein weiteres typologisches Signal! Auch auf dem Sinai stieg die Wolke Gottes nieder, als seine Gegenwart den Ort aufsuchte. So ist es auch auf dem Tabor, wo eine Stimme Jesus Christus als seinen geliebten Sohn proklamiert. Auch die Israeliten hatten mächtigen Respekt, als Gottes Gegenwart den Sinai erfüllte. Im Gegensatz zu ihnen dürfen die drei Aposteln mit Jesus oben sein und seine Herrlichkeit schauen!
Sie fallen mit dem Gesicht zu Boden. So überwältigend ist dieses ganze Ereignis. Und als sie wieder aufblicken, nachdem Jesus sie angefasst hat, ist alles wieder normal.
Jesus gebietet ihnen, das Ereignis bis zu seiner Auferstehung für sich zu behalten. Die ganze Rede von seiner messianischen Identität soll erst nach seinem Tod thematisiert werden. Immer wieder verbietet Jesus den Geheilten, sogar den Dämonen, von seiner messianischen Identität zu sprechen.
Warum aber hat Jesus die Aposteln mitgenommen und warum passierte dies zu so einem scheinbar willkürlichen Moment?
Nichts bei Gott ist zufällig und es hat sein perfektes Timing. Gott stärkt die drei zentralen Aposteln vor dem Leiden, vor der großen Herausforderung. Ausgerüstet mit dieser Glaubensstärkung sollen sie in die große Katastrophe gehen, die uns im Nachhinein aber zur größten Erlösung geworden ist. So möchte Gott auch uns immer wieder mit ganz besonderen Gnaden und Hoch-Zeiten beschenken, damit wir beschwingt von diesen Dingen dann in der großen Bedrängnis, in der Versuchung, in dem schweren Leiden durchhalten.
Und wenn wir diese große Bedrängnis dann durchgehalten haben, werden wir das ewige und vollkommene Taborerlebnis haben, wenn wir auf ewig in der Anschauung Gottes sein werden. Dann wird es keine Zelte mehr brauchen und vom Berg werden wir auch nicht mehr hinuntersteigen. Denn dann werden wir für immer bei Gott sein.

Dann wird er unser Buch aufschlagen, wie Daniel, aber auch im Neuen Testament Johannes gesehen haben. Er wird uns richten, doch nach dem Gericht wird das ewige Heil kommen. Und wenn unser Name im Buch des Lebens verzeichnet ist, werden wir auf ewig Bürger im Reiche Gottes sein.

Ihre Magstrauss

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