Donnerstag der 34. Woche im Jahreskreis

Dan 6,12-28; Dan 3,68.69.70.71.72.73.74; Lk 21,20-28

Dan 6
12 Da stürmten jene Männer hinein und fanden Daniel, wie er zu seinem Gott betete und flehte.

13 Darauf gingen sie zum König und erinnerten ihn an sein Verbot; sie sagten: O König, hast du nicht ein Verbot unterzeichnet, nach dem jeder, der innerhalb von dreißig Tagen an irgendeinen Gott oder Menschen außer an dich, König, eine Bitte richtet, in die Löwengrube geworfen werden soll? Der König gab zur Antwort: Die Anordnung steht fest nach dem unwandelbaren Gesetz der Meder und Perser.
14 Da berichteten sie dem König: Daniel, einer von den verschleppten Juden, achtet weder dich, König, noch das Verbot, das du unterschrieben hast, sondern verrichtet dreimal am Tag sein Gebet.
15 Als der König das hörte, missfiel es ihm sehr und er dachte nach, wie er Daniel retten könne. Bis Sonnenuntergang bemühte er sich, ihn freizubekommen.
16 Da stürmten jene Männer zum König hinein und sagten zu ihm: Bedenke, König, es ist bei den Medern und Persern Gesetz, dass jedes Verbot und Dekret, das der König erlässt, unabänderlich ist.
17 Darauf befahl der König, Daniel herzubringen, und man warf ihn zu den Löwen in die Grube. Der König sagte noch zu Daniel: Möge dein Gott, dem du so unablässig dienst, dich erretten.
18 Und man nahm einen großen Stein und wälzte ihn auf die Öffnung der Grube. Der König versiegelte ihn mit seinem Siegel und den Siegeln seiner Großen, um zu verhindern, dass an der Lage Daniels etwas verändert würde.
19 Dann ging der König in seinen Palast; fastend verbrachte er die Nacht; er ließ sich keine Speisen bringen und konnte keinen Schlaf finden.
20 Früh am Morgen, als es gerade hell wurde, stand der König auf und ging in Eile zur Löwengrube.
21 Als er sich der Grube näherte, rief er mit schmerzlicher Stimme nach Daniel und fragte: Daniel, du Diener des lebendigen Gottes! Hat dein Gott, dem du so unablässig dienst, dich vor den Löwen erretten können?
22 Daniel antwortete ihm: O König, mögest du ewig leben.
23 Mein Gott hat seinen Engel gesandt und den Rachen der Löwen verschlossen. Sie taten mir nichts zuleide, weil ich vor ihm als unschuldig befunden wurde, und auch vor dir, König, habe ich keine Verbrechen begangen.
24 Darüber war der König hoch erfreut und befahl, Daniel aus der Grube herauszuholen. So wurde Daniel aus der Grube herausgeholt; man fand an ihm nicht die geringste Verletzung, denn er hatte seinem Gott vertraut.
25 Nun aber ließ der König die Männer herbeiholen, die Daniel verklagt hatten, und ließ sie mit ihren Kindern und Frauen in die Löwengrube werfen. Sie waren noch nicht am Boden der Grube angelangt, da stürzten sich die Löwen auf sie und zermalmten ihnen alle Knochen.
26 Daraufhin schrieb König Darius an alle Völker, Nationen und Sprachen auf der ganzen Erde: Friede sei mit euch in Fülle!
27 Hiermit ordne ich an: Im ganzen Gebiet meines Reiches soll man vor dem Gott Daniels zittern und sich vor ihm fürchten. Denn er ist der lebendige Gott; er bleibt in Ewigkeit. Sein Reich geht niemals unter; seine Herrschaft hat kein Ende.
28 Er rettet und befreit; er wirkt Zeichen und Wunder im Himmel und auf der Erde; er hat Daniel aus der Gewalt der Löwen gerettet.

Heute hören wir wieder einen Ausschnitt aus dem Buch Daniel. Heute geht es um die bekannte Erzählung, in der Daniel in eine Löwengrube geworfen wird. Mittlerweile ist Darius König von Babylon, nicht mehr Nebukadnezzar. Doch auch der neue König erweist Daniel ein großes Vertrauen, indem er ihn zum Vorgesetzten eines Satrapen-Kollegiums macht. Unter Satrapen versteht man im Perserreich eine Art Statthalter über eine größere Provinz, die dementsprechend Satrapie genannt wird.
Daniel ist ein zuverlässiger Mitarbeiter der Königs, der sogar überlegt, ihn zum obersten Beamten des Reiches zu machen. Das gefällt den Satrapen und anderen Beamten nicht, denn sie sind eifersüchtig. So überlegen sie, wie sie Daniel beim König anschwärzen und dadurch loswerden können. Wie so oft werden die guten Menschen Opfer von Intrigen.
Der heutige Abschnitt beginnt also damit, dass diese Mitarbeiter zum König laufen und es auf religiöse Weise versuchen. Schließlich hat sich Daniel nichts zuschulden kommen lassen, wofür man ihn beim König anklagen könnte. Also „petzen“ sie beim König, dass Daniel trotz des königlichen Dekrets, allein dem König zu huldigen und keinem anderen Gott, dreimal am Tag zum Gott Israels betet. König Darius findet das überhaupt nicht gut, will aber Daniel zugleich nicht verlieren. Also überlegt er, wie er den mittlerweile festgenommenen Daniel wieder frei kriegt. Seine Satrapen und Beamten reden aber auf ihn ein und sagen, dass königliche Anordnungen in ihrem Reich immer unabänderlich seien. Er lässt sich unter Druck setzen, obwohl er Daniel sehr schätzt. So wirft er den Mann in eine Grube voller Löwen, verschließt sie mit einem Stein und versiegelt sie sogar noch, damit jeder Rettungsversuch sofort erkennbar ist.
Der König tut dies schweren Herzens, was man nicht nur daran sieht, dass er Daniel wünscht, dass sein Gott ihn rette, sondern auch dass er nichts isst und nicht schlafen kann. Er weiß, dass er etwas Unrechtes getan hat. Sobald es hell wird, rennt er geradewegs zur Löwengrube und ruft nach ihm. Dieser antwortet ihm! Er lebt! Das ist ein Wunder, wenn man bedenkt, mit wem sich der jüdische Mann die Nacht über die Grube geteilt hat.
Gott hat Daniel wirklich geholfen, weil dieser einen starken Glauben hat, sich Gott ganz anvertraut und in allem ihm den ersten Platz im Leben gibt. Wir müssen bedenken, dass trotz Verbot des Königs Darius Daniel Gott gepriesen hat. Er handelt ganz nach dem Prinzip: Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen. Deshalb hat Gott ihm in dieser schrecklichen Situation einen Engel gesandt, der die Löwen daran hinderte, Daniel etwas anzutun.
Gott hat Daniels Unschuld gesehen – vor ihm und vor dem König. Deshalb ist ihm diese große Gnade zuteilgeworden. Er wird aus der Grube befreit und der König kann sich selbst darüber vergewissern, dass der Jude nicht einen einzigen Kratzer davongetragen hat.
Dann ordnet der König etwas sehr Grausames an, was wir nicht nachvollziehen können, für jene Zeit aber anscheinend eine angemessene Maßnahme ist: Er wirft die Ankläger Daniels mitsamt ihren Familien in die Löwengrube, wo sie sofort von den Löwen zerrissen werden. Das ist wirklich sehr grausam und wir fragen uns von unserem heutigen Empfinden her, ob das nicht hätte anders gelöst werden. Entscheidend ist hier aber, dass diese Ereignisse dem König beweisen, dass der Gott Daniels der wahre Gott ist. Er verfasst ein Schreiben, das in die ganze Welt hinausgeht. In diesem erkennt er den Gott Israels als lebendigen Gott an, vor dem alle erzittern sollen. Alle sollen ihn anerkennen, was sehr erstaunlich ist. Er bekennt, dass Gottes Reich niemals untergehen wird. Man überlegt bei sich, ob er von dem damaligen Traum Nebukadnezzars erfahren hat und die jüngsten Ereignisse darauf zurückbezogen hat. Da war ja die Rede von einem Stein, der das Standbild zerstört hat. Damals erklärte Daniel ja, dass dieses vom Stein ausgehende Reich ewig sein wird. Ob Darius das nun auf den Gott Daniels bezieht? Klar ist, dass durch diese Ereignisse die Babylonier sehr vom jüdischen Glauben beeinflusst wurden und die hl. Schriften studiert haben. Auch sie erwarteten von da an den Messias, der bei ihnen Saoschyant heißt. Das ist auch der Grund, warum sie drei Weisen losschicken, um den Saoschyant ausfindig zu machen und die wir in der Weihnachtsgeschichte als die „heiligen drei Könige“ bezeichnen. All dies hat eine Vorgeschichte in der Zeit des Babylonischen Exils und dem Wirken Daniels und seiner Freunde am königlichen Hof.

Dan 3
68 Preist den HERRN, Tau und Schnee; / lobt und rühmt ihn in Ewigkeit!

69 Preist den HERRN, Eis und Kälte; / lobt und rühmt ihn in Ewigkeit!
70 Preist den HERRN, Raureif und Schnee; / lobt und rühmt ihn in Ewigkeit!
71 Preist den HERRN, ihr Nächte und Tage; / lobt und rühmt ihn in Ewigkeit!
72 Preist den HERRN, Licht und Dunkel; / lobt und rühmt ihn in Ewigkeit!
73 Preist den HERRN, ihr Blitze und Wolken; / lobt und rühmt ihn in Ewigkeit!
74 Die Erde preise den HERRN; / sie lobe und rühme ihn in Ewigkeit.

Auch heute beten wir einige Verse aus dem Lobpreis der jüdischen Männer im Feuerofen. Es gibt so viele Gründe, Gott zu loben und zu preisen. Auch heute stellt es wieder eine angemessene Antwort dar, denn Gott hat sich einmal mehr als Gott des Lebens erwiesen. Er hat Daniel vor den Löwen gerettet, weil dieser seine ganze Hoffnung nur auf ihn gesetzt hat. In diesem Lobpreis werden die verschiedenen Bereiche der Schöpfung zum Lobpreis Gottes aufgefordert.
Schon gestern erfolgt ein Aufruf an den Niederschlag, heute nun mit weiteren Formen: Tau und Schnee sollen Gott loben und preisen. Der Messias bzw. Saoschyant, wie die Babylonier ihn nennen, wird selbst kommen wie der Tau, der am Morgen die Erde bedeckt. Nicht umsonst besteht in der Messiaserwartung die Vorstellung, dass er aus dem Osten kommt – mit dem Sonnenaufgang.
Eis, Kälte, Raureif und Schnee – sie alle sollen den Herrn in ihrer Klarheit rühmen. Je kälter es ist, desto mehr ersehnen auch wir die wärmende Sonne der Gerechtigkeit, das Feuer der Liebe Gottes.
Nächte und Tage, Licht und Dunkel, die Zeit soll Gott loben und preisen, die er in der Schöpfungserzählung als erstes erschafft, ihn, der keine Zeit hat, sondern ewig ist, bei dem es ein ewiges Jetzt gibt.
Blitze und Wolken sollen ihn preisen, die Elemente der Schöpfung, die immer wieder mit seiner Gegenwart in Verbindung gebracht werden. Wolken sind stets ein Theophaniezeichen. Sie legen sich auf den Tempel, als die Herrlichkeit Gottes den Ort erfüllt. Sie kommen nieder auf die Berge, auf denen Gottesbegegnung stattfindet – egal ob Sinai oder Tabor. Sie legen sich auf den Jordan, als Christus getauft wird, sie sind zu sehen, als das Volk Israel aus Ägypten hinauszieht. Sie sind es, auf denen Christus den Blicken seiner Jünger entzogen wird und auf denen er zurückkehren wird am Ende der Zeiten. Blitze gehen aus vom Gottesthron in der Vision der Johannesoffenbarung.
Gott ist der Schöpfer all dieser Dinge. Seine Geschöpfe sollen ihn loben und preisen durch ihre Helligkeit, durch ihre Kälte, durch ihre einschüchternde Naturgewalt, durch Helligkeit und Dunkelheit. Der meiste Lobpreis der sichtbaren Welt ist ein nonverbaler.
Die ganze Erde lobe und preise den Herrn.

Lk 21
20 Wenn ihr aber seht, dass Jerusalem von Heeren eingeschlossen wird, dann erkennt ihr, dass seine Verwüstung bevorsteht.

21 Dann sollen die Bewohner von Judäa in die Berge fliehen; wer in der Stadt ist, soll sie verlassen, und wer auf dem Land ist, soll nicht in die Stadt gehen.
22 Denn das sind die Tage der Vergeltung, damit alles in Erfüllung geht, was geschrieben steht.
23 Wehe den Frauen, die in jenen Tagen schwanger sind oder ein Kind stillen! Denn große Bedrängnis wird über das Land hereinbrechen und Zorn über dieses Volk.
24 Mit scharfem Schwert wird man sie erschlagen, als Gefangene wird man sie zu allen Völkern schleppen und Jerusalem wird von den Völkern zertreten werden, bis die Zeiten der Völker sich erfüllen.
25 Es werden Zeichen sichtbar werden an Sonne, Mond und Sternen und auf der Erde werden die Völker bestürzt und ratlos sein über das Toben und Donnern des Meeres.

26 Die Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über den Erdkreis kommen; denn die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.
27 Dann wird man den Menschensohn in einer Wolke kommen sehen, mit großer Kraft und Herrlichkeit.
28 Wenn dies beginnt, dann richtet euch auf und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe.

Jesus deutet heute im Evangelium an, was mit Jerusalem passieren wird. Was er hier ankündigt, ist ein konkretes geschichtliches Ereignis: Jerusalem wird von den Römern zerstört werden, mitsamt Tempel. Das wird sich bewahrheiten im Jahr 70 n.Chr.
Wenn es so kommt, sollen die Bewohner von Judäa in die Berge fliehen wie damals bei den Makkabäeraufständen.
Wenn es passiert, sollen die Jünger verstehen, dass es „die Tage der Vergeltung“ sind. Gott wartet nicht bis zum Schluss mit Gerichtsurteilen. Er möchte ja die Umkehr seiner Kinder und so führt er jetzt schon im Laufe der Menschheitsgeschichte Gerichtsurteile aus, die dem großen und ultimativen Weltgericht vorausgehen. Er lässt ja schon im Laufe des Alten Israel immer wieder zu, dass Feinde es besiegen, dass alle möglichen Leiden kommen. Er hat auch die zehn Plagen auf Ägypten zugelassen, damit es sich bekehrt, vor allem der Pharao.
So wird die Zerstörung Jerusalems durch die Römer auch zu einer Gerichtshandlung, weil es so verstockt ist. Gott ist Mensch geworden und ist in seine Stadt eingegangen. Doch die Menschen haben ihn weder erkannt, noch seine Botschaft angenommen. Deshalb wird diese Ablehnung Gottes auf sie zurückfallen. Sie sollen ihre Sünde dadurch erkennen und umkehren.
Jesus bezieht sich auch auf die Hl. Schriften, die die Zerstörung Jerusalems angekündigt haben. Es ist nicht nur einmal geschehen und wir denken an die alttestamentliche Prophetie z.B. bei Jesaja, Ezechiel und Daniel. Geschichte wiederholt sich, weil der Mensch wiederholt in Verstockung gerät. Und doch müssen wir diese Zerstörung Jerusalems über den wörtlichen Sinn hinaus auch geistlich verstehen. In diesem Kontext müssen wir vor allem auch den anagogischen Sinn im Blick haben. So wird es am Ende der Zeiten auch mit der Kirche sein, die vom Bösen infiltriert und von innen aufs Aggressivste angegriffen wird. Es wird schließlich auch die ganze Welt zerstört und vom Bösen beherrscht werden.
Wer in jener Zeit ein Kind gebären oder stillen wird, wird es schlimm haben. Einen Menschen in so eine Unheilszeit zur Welt zu bringen, wird sehr schlimm sein. Die Rede vom scharfen Schwert und der Zertretung der Stadt durch die Heiden ist ein Prophetenwort aus Sacharja. Jesus beruft sich wie gesagt auf die Ankündigungen des Alten Testaments. Die Zertretung durch Heiden muss auch auf die Kirche angewandt werden. Sie wird sehr von den gottlosen Mächten angegriffen und zertrampelt werden. Wir haben die schlimmen Christenverfolgungen vor Augen.
So sind auch die vielen apokalyptischen Motive einzuordnen, die er dann nennt: Die Schöpfung wird ganz durchdrehen, was man an den Himmelskörpern sehen wird sowie an den anderen Naturgewalten. Während sie im Antwortgesang Gott noch loben und preisen, wird es am Ende zu einem Zusammenbruch kommen. Alles stürzt in ein apokalyptisches Chaos. Dieses wird die Menschheit in Angst versetzen. Und dann wird Christus als verherrlichter Menschensohn wiederkommen auf einer Wolke, der Wolke, durch die hindurch er in den Himmel aufgefahren ist. Es ist ein mächtiges Theophaniezeichen, also ein Zeichen der Gegenwart Gottes.
Wenn dann also die Parusie eintritt, dann sollen die Jünger sich bereit machen und ihre Häupter erheben – das Leiden kommt zum Ende und die Erlösung ist nahe. Dann werden die Gläubigen durch das Chaos hindurch den Triumphgesang anstimmen, denn für sie wird die Abrechnung mit den Gottlosen eine einzige Erlösung darstellen.

Ihre Magstrauss

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